Firmenzentrale ThyssenKrupp in Essen

Diagonal öffenbare Sonnenschutzelemente aus Edelstahl

Über 380.000 Sonnenschutzlamellen bedecken die Fassade
Die Fensterläden sind trapezförmig, recht- und dreieckig ausgebildet
Die Lamellen folgen dem Sonnenstand

Auf einem ehemaligen Industriegelände der nordrheinwestfälischen Stadt Essen hat sich der Stahl- und Energiekonzern ThyssenKrupp seinen neuen Unternehmenssitz errichten lassen. Er setzt sich aus zwölf Einzelgebäuden zusammen, die allesamt über kurze Wege und kleine Plätze miteinander verbunden sind. Geplant wurde die Anlage von einer Arbeitsgemeinschaft aus dem Kölner Architekturbüro JSWD und den Pariser Architekten Chaix & Morel et Associés. Ihr Ziel war es, ein homogenes Gesamtensemble zu schaffen, in dem filigrane Fassadenkonstruktionen aus Glas und Metall dominieren. Unterschiedlich groß ausgebildet, sind alle Gebäude um einen Platz mit Wasserbecken angelegt.

Den räumlichen Mittelpunkt bildet das 13-geschossige Bürogebäude Q1, welches am Ende der 220 m langen Wasserachse steht. Mit einer Höhe von 50 Metern überragt es alle übrigen Gebäude der Anlage. Es setzt sich aus zwei L-förmigen Einzelbaukörpern zusammen, die eine offene Mitte rahmen. Dadurch entstehen zwei über 700 m² große Panoramafenster an der Nord- und Südfassade, die aus je 96 Einzelscheiben zusammengesetzt und lediglich mit Silikonfugen verbunden sind. Von außen vermitteln sie den Eindruck einer einzigen, überdimensionalen Glasscheibe. Im Inneren erstreckt sich das 40 m hohe Atrium, um welches sich die Erschließungskerne und die großzügigen, offenen Büroetagen gruppieren. Ebenso wie die Panoramafenster wird das gläserne Atriumdach von einem Seiltragwerk gehalten, was eine filigrane Unterkonstruktion ermöglichte. Die Abmessungen des Daches betragen rund 21 x 21 m.

Sonnenschutz
Im Gegensatz zu der transparenten Mitte des Baukörpers bedecken über 380.000 bewegliche Sonnenschutzelemente eine Fassadenfläche von 7.800 m². Die geschosshohen Elemente setzen sich aus 3.150 gefrästen vertikalen Stielen, Edelstahl-Doppelachsen und den daran verschraubten Edelstahllamellen zusammen. Sie erinnern an herkömmliche Fensterläden, nur mit dem Unterschied, dass sie sich in Diagonalrichtung öffnen lassen. Durch die Differenzierung in trapezoide, drei- und rechteckige Einzelelemente entsteht eine lebendige Fassadenstruktur, in der das reflektierende Sonnenlicht im Tagesverlauf ein wechselnden Lichtmuster bewirkt, wobei die einzelnen Elemente wie metallene Federn aussehen.

Das vertikal verschränkbare, über 1.280 Linearmotoren betriebene Edelstahl-Sonnenschutz-System richtet sich automatisch nach dem Sonnenstand. Dabei folgen sie dem Lichteinfall im Tagesverlauf bis hin zur völligen Schließung bzw. Öffnung (0° bis 90°). Folgende Grundstellungen sind möglich:

  • geschlossen (parallel zur thermischen Glashülle)
  • sonnenstandsgeführt (variabel, rechteckig zum Sonneneinfall)
  • geöffnet (die horizontalen Lamellen verschränken sich über die Doppelachsen, rechtwinklig zur thermischen Glashülle)
So halten sie unerwünschte direkte Sonneneinstrahlung ab, lenken aber zugleich einfallendes Licht nach Innen, sodass die Arbeitsplätze in den Büros ausreichend natürlich belichtet und vor Überhitzung geschützt werden. Durch die Drehfunktion des Systems wird ein freier Ausblick aus den Büros ins Freie gewährleistet.

Die aus Edelstahl gefertigten Lamellen wurden auf den Oberseiten poliert und fein geschliffen, auf den Unterseiten matt gestrahlt, um die Anforderungen in Bezug auf Reflexion, Beschattung, Tageslichtumlenkung und Blendung erfüllen zu können. An senkrechten Edelstahlwellen befestigt, lassen sich die Lamellen in einer umgebenden Hohlwelle so drehen, dass sie nach außen zusammengefaltet werden können. Über 1.280 Linearmotoren werden die Lamellenbäume, bestehend aus vier Einzel-Lamellen, durch ein modular aufgebautes System in KNX-Bustechnologie gesteuert.

Neben dem außen liegenden Sonnenschutzsystem wurde fast die Hälfte der insgesamt mehr als 16.000 m² großen Glasfläche aus Sonnenschutzglas ausgeführt. Dieses reduziert das Aufheizen der Büroräume und verringert gleichzeitig den Blendeffekt.

Bautafel

Architekten: JSWD Architekten, Köln und Chaix & Morel et Associés, Paris/F
Projektbeteiligte: ECE Projektmanagement, Hamburg (Generalplanung und Projektmanagement); Frener & Reifer, Brixen/I (Edelstahlsonnenschutz und Primärglasfassade); IDN Ingenieure, Duisburg (Tragwerksplanung); Müller BBM, Gelsenkirchen (Bauphysik); Werner Sobek, Stuttgart (Fachberatung Panoramafenster Q1); Dörflinger und Partner, Erfurt und ITS Ingenieurtechnik Scholz, Essen (Elektroplanung); IGK-IGR, Duisburg (TGA und HLS-Planung)
Bauherr: ThyssenKrupp
Fertigstellung: 2010
Standort: ThyssenKrupp Allee 1, 45143 Essen
Bildnachweis: Günter Wett für Frener & Reifer, Brixen/I; Christian Richters, Münster; Karl Huber Fotodesign, Nagold; JSWD Architekten, Köln und Chaix & Morel et Associés, Paris/F; Michael Wolff, Bochum

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Um sowohl Direkt- als auch Reflexblendung am Arbeitsplatz zu verhindern, sollten die Fenster mit variabel verstellbaren Verschattungselementen ausgestattet sein.

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Glaslamellen und Aluminiumraffstore verschatten die großen Glasflächen des Marie-Elisabeth-Lüders-Haus in Berlin. Architektur: Stephan Braunfels

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Sonnenschutzglas an einem Schulgebäude in Finnland

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Sonnenstandsberechnungen sind grundlegend, um Gebäudeausrichtung, Verschattung und Sonnenschutzelemnte planen zu können. Im Bild zu sehen ist das Hochhaus im Bremer Stadtteil Neue Vahr, dessen 189 Apartments alle der „Feierabendsonne“ zugewandt sind.

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Außenliegende tageslichtlenkende Raffstore mit reflektierender Decke

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