Firmengebäude Verseidag in Krefeld

Umbau eines denkmalgeschützten Betriebsgebäudes von Mies van der Rohe

In den Jahren vor seiner Emigration in die USA entstand dieses Gebäude von Mies van der Rohe. Durch das von den Nationalsozialisten verhängte Bauverdikt gegen den vormaligen Bauhausdirektor entstanden Mies erhebliche wirtschaftliche Nöte. Da er bereits 1929 für die Textilfabrikanten und Gründungsmitglieder der Verseidag Hermann Lang und Josef Esters deren Privathäuser entworfen hatte, konnte er mit deren Unterstützung 1931 den Auftrag erhalten, für die Vereinigten Seidenwebereien (Verseidag) einen zweigeschossigen Produktions- und Verwaltungsbau zu entwerfen. Kurze Zeit später erhielt er den Auftrag für den Entwurf eines Uhrenturms und einer shedgedeckten Halle sowie für die Aufstockung des sogenannten HE-Gebäudes (HE steht für Herrenfutterstoffe) um weitere zwei Geschosse. Kurz nach der Fertigstellung wurde das Gebäude im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt. Nach der Behebung der Schäden wurde es erst wieder in den 1970er-Jahren als Bürogebäude genutzt, allerdings war das ursprünglich von van der Rohe geplante, offene Raumkonzept durch zahlreiche Einbauten nicht mehr erkennbar.

Die Sanierung des Uhrenturms gegenüber folgte.
Blick in den sanierten Flur des zweiten Geschosses. Das originale Eichenparkett konnte im Wesentlichen erhalten bleiben.
Drehbare Türelemente in der Lounge im dritten Obergeschoss verdeutlichen das offene Raumkonzept von Mies van der Rohe.

Sanierung/Restauration
Erst 1999 wurde das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt. Damit waren Mittel frei, einen weitgehenden Rückbau in den Originalzustand anzugehen. In einem ersten Bautakt versuchte der Architekt Karl-Heinrich Eick unter Mithilfe der Innenarchitekten von raumkontor die nach den Regeln des Bauhauses konzipierte "freie Raumordnung" wieder herzustellen. In einem zweiten Takt wurde die Fassade des gegenüberliegenden Uhrenturms saniert. Da eine
außen liegende Dämmung die Erscheinung des Gebäudes - insbesondere die Wirkung der bündigen Fenster - verfälscht hätte, wurden die Fehlstellen des Außenputzes abgetragen und zu einer homogenen Fläche ergänzt und anschliessend durch einen organisch gebundenen Spezial-Sanierputz überfangen. Die Dämmung wurde - obwohl bauphysikalisch nicht optimal - in die Vorsatzschale der Innenverkleidung integriert. Da die Originalfenster zum Teil in den 1970er-Jahren ausgetauscht worden waren, stellte sich heraus, dass deren Profilbreite unwesentlich von den Originalen abwich. Da die optische Qualität dem Original auch nach konservatorischen Gesichtspunkten relativ nahe kam, wurde aus wirtschaftlichen Gründen ein Austausch verworfen.
Komplett in ihrer Ursprungsfassung erhalten blieben dagegen die Treppenhäuser und die Aufzüge. Nach Entkernung des 2. und 3. OGs wurden dort von den Planern die ursprüngliche offene Grundrissordnung wieder hergestellt. Insbesondere im 3. OG, der Vorstandsetage konnte durch eine einspännige Grundrissstruktur eine großzügige Lounge mit Teeküche gewonnen werden, die nur durch drehbare Raumteiler abgetrennt wird und damit mit wenigen Handgriffen in einen Großraum für Firmenempfänge verwandelt werden kann.

Bautafel

Architekt: Ludwig Mies van der Rohe
Architekt Umbau: Karl-Heinrich Eick, Krefeld
Projektbeteiligte: raumkontor, Düsseldorf (Innenarchitektur)
Bauherr: Grundstücksgesellschaft Girmesgath
Fertigstellung: 2003
Standort: Girmesgath 5, Krefeld
Bildnachweis: Baubild-Falk, Berlin; Marcus Schwier, Düsseldorf