Firmengebäude in Nenzing

Solarthermie-Fassade, Bauteilaktivierung, Scheitholzkessel und Pelletofen

Das österreichische Bundesland Vorarlberg will energieautonom werden. Ziel ist es, den Energiebedarf bis zum Jahr 2050 vollständig durch regional verfügbare Energiequellen zu decken. Bei der Realisierung eines neuen Firmengebäudes in der Marktgemeinde Nenzing ging Solarkollektorhersteller SST Solar mit gutem Beispiel voran. Das vom Industriebauspezialisten Goldbeck Rhomberg geplante und gebaute Gebäude wird ausschließlich durch Solarthermie und heimische Biomasse beheizt.

Das Gebäude gliedert sich in ein Dämmstofflager mit darüber liegenden Büros sowie eine 450 Quadratmeter große Produktions- und Lagerhalle
Die Solarkollektoren an der Südwest- und Südostfassade der Produktionshalle decken bis zu neunzig Prozent des Bedarfs an Raumwärme und Warmwasser
Die senkrecht montierten Solarkollektoren bringen auch in der kalten Jahreszeit, wenn die Sonne flacher auftritt, die volle Leistung

Der Neubau mit einer Gesamtnutzfläche von 1.500 Quadratmetern wurde in Stahl- und Stahlbetonbauweise mit industriell vorgefertigten Bauelementen errichtet. Er gliedert sich in ein Dämmstofflager mit darüber liegenden Büros sowie eine 450 Quadratmeter große Produktions- und Lagerhalle mit auskragendem, überdachtem Außenlager. In der Produktionshalle werden Solarkollektoren unterschiedlicher Größen und Formen gefertigt und bis zur Auslieferung gelagert. Dabei kommt ein Einträgerlaufkran mit einer Hubkraft von 1.500 kg zum Einsatz, der den gesamten Fertigungsbereich bedient. Ein weiter Kran ist im Dämmstofflager installiert. Die Be- und Entladung der Werkstoffe und fertigen Produkte erfolgt mit LKWs und Sprintern auf der Südwestseite der Halle, die sich mit einem Industrietor öffnen lässt.

An der Südwest- und Südostfassade der Produktionshalle sind mit Ausnahme des Zufahrtsbereichs und des Außenlagers großflächig Solarkollektoren installiert. Die restlichen Fassadenflächen bestehen aus weißen Sandwichelementen. Auf der Nordwest- und Südostseite ist die Gebäudehülle jeweils durch Fensterbänder unterbrochen, die in den Büros und in der Fertigungshalle für einen hohen Tageslichteinfall sorgen. Die Be- und Entlüftung erfolgt auf natürliche Weise über öffenbare Fensterflügel beziehungsweise mechanisch bei den innenliegenden Räumen.

Der Eingang zum Verwaltungsbereich befindet sich auf der Südwestseite des Gebäudes und mündet direkt in einen großzügig verglasten Ausstellungsraum. Eine mit Bodenfliesen verkleidete Betonfertigteiltreppe führt ins Obergeschoss, wo Büro- und Besprechungsräume sowie Sanitär- und Umkleideräume angeordnet sind. Über eine weitere Treppe gelangt man von dort direkt in die Produktionshalle. Die Wände im Bürobereich sind in Leichtbauweise als Trockenbau- oder als Glastrennwände ausgeführt. Die abgehängten Decken verfügen über eine integrierte Beleuchtung. Bei der Einrichtung dominieren Weiß- und Brauntöne.

Heizung

SST Solar stellt Großflächen-Solarkollektoren sowie Photovoltaik-Solarthermie-Kombinationen her, die oft in Sonnenhäusern mit hohem energetischen Autarkiegrad zum Einsatz kommen. Für das Unternehmen war es daher selbstverständlich, dass auch das neue Firmengebäude so viel Solarenergie wie möglich erzeugen soll. 192 Quadratmeter Solarthermie-Kollektoren an der Südwestfassade und 93 Quadratmeter an der Südostfassade decken bis zu neunzig Prozent des Bedarfs an Raumwärme und Warmwasser. Die senkrechte Montage an der Fassade hat den Vorteil, dass die Kollektoren im Sommer nicht überhitzen und im Winter schneefrei bleiben. Überdies bringt die Anlage dadurch gerade in der kalten Jahreszeit, wenn die Sonne flacher auftritt und gleichzeitig sehr viel Heizwärme benötigt wird, die volle Leistung.

Erzeugt die Solaranlage dennoch nicht genügend Wärme, kann zusätzlich ein Holzkessel mit 60 kW Leistung in Betrieb genommen werden, der mit Scheitholz aus der Region beheizt wird. Er ist in einem separaten Heizraum im Erdgeschoss neben den Ausstellungsräumen installiert. Ein Edelstahlkamin leitet die Rauchgase über das Dach ins Freie ab. Im Winter 2017/2018 war der Ertrag der Solarthermieanlage jedoch so hoch, dass trotz Außentemperaturen von bis zu minus 18 Grad im Januar und Februar insgesamt nur zehn Raummeter Holz zur weiteren Beheizung des Gebäudes benötigt wurden. Wird wenig Wärme nachgefragt, beispielsweise in den Weihnachtsferien, sodass sich das Anfeuern des Holzkessels nicht lohnt, können die Büroräume im Obergeschoss alternativ auch mit einem Pelletofen erwärmt werden.

Die Heizwärme wird im Gebäude über zwei separate Heizkreise verteilt. Der erste Heizkreis besteht aus einer Fußbodenheizung im Bürobereich. Eine Betonkernaktivierung im Boden der Produktionshalle bildet den zweiten Heizkreis. Dazu wurden die Heizrohre auf Gittern in der Bodenplatte der Halle verlegt und mit Beton bedeckt. Dieser rund 1.200 Quadratmeter große und 25 Zentimeter dicke Betonkern dient sowohl als Fußbodenheizung als auch als Langzeitspeicher für die erzeugte Wärme. Der zusätzliche Solarwärmespeicher konnte deshalb mit 5.000 Litern Fassungsvermögen entsprechend klein dimensioniert werden. Ist die Vorlauftemperatur der Solarkollektoren mit beispielsweise 25 Grad eher niedrig, wird die Wärme direkt in den Betonkern eingespeist. So lassen sich auch geringe Temperaturen bei diffuser Sonnenstrahlung zum Heizen nutzen. Die Temperatur in der Halle beträgt konstant über 18 Grad und liegt oft bei bis zu 23 Grad, auch wenn das Hallentor immer wieder für An- oder Auslieferungen geöffnet werden muss und so Wärme entweicht.

Auf dem Flachdach des Gebäudes produziert eine Photovoltaikanlage mit 120 kW Leistung fünfmal so viel Strom, wie im Betrieb verbraucht wird. Die Überschüsse werden ins öffentliche Netz eingespeist.

Bautafel

Architekten: Goldbeck Rhomberg, Wolfurt (Totalunternehmer)
Projektbeteiligte: SST Solar, Nenzing (Solarfassade)
Bauherr: SST Holding, Nenzing
Fertigstellung: 2016
Standort: Galinastraße 14, Nenzing, Österreich
Bildnachweis: SST Solar, Nenzing

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