Fernwärme
Fernwärme ist ein System zur Wärmeversorgung, bei dem Wärmeenergie aus einer zentralen Quelle über ein Netzwerk von isolierten Rohren zu verschiedenen Verbrauchern (Gebäude, Wohnsiedlungen oder ganze Stadtteile) transportiert wird. Zur Wärmeerzeugung kann im Grunde jede Form von Energiequelle genutzt werden, etwa fossile Brennstoffe, Biomasse, Abwärme aus Anlagen, Geothermie, Solarenergie oder Abfallverbrennung. Durch die zentrale Wärmeproduktion, die oft mit einer Stromproduktion einhergeht (KWK-Anlage), wird die Effizienz gesteigert, was zu Kosteneinsparungen und niedrigeren Schadstoffemissionen führt.
Infolge der Energiewende hin zu einer nachhaltigen
Energieversorgung wurden in jüngerer Zeit immer mehr
Fernwärme-Systeme auf Basis von umweltfreundlichen Energiequellen
wie Biomasse, Geothermie oder Solarthermie errichtet. Großteils jedoch kommen
noch fossile Brennstoffe wie Kohle oder Gas für die
Energiegewinnung zum Einsatz.
Geschichtliche Entwicklung
Der Grundstein für moderne Fernwärme-Systeme wurde im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert gelegt, als mit dem Aufkommen der Dampfkraft zentrale Wärmeerzeugungsanlagen für große Fabriken und ganze Wohnsiedlungen entstanden. In Deutschland wurden die ersten Fernwärmenetzte zu Beginn des 20. Jahrhunderts installiert. Zugleich fand ein Übergang von den ineffizienteren Dampf- zu Heißwassersystemen statt. Der große Vorteil der Fernwärme bestand neben dem deutlich höheren Komfort vor allem darin, dass die stete Brandgefahr, die von den Kohleöfen ausging, eliminiert wurde und damit zugleich die Luftverschmutzung in den Wohngebieten abnahm.
Funktionsweise
Die Wärmeerzeugung findet überwiegend in Heizkraftwerken oder Blockheizkraftwerken statt, die nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung arbeiten, und in denen fossile Brennstoffe, Biomasse oder Müll verfeuert wird. Gelegentlich werden auch Abwärme aus Industrieprozessen, geothermische Energie, solarthermische Energie (Solare Fernwärme) sowie Umweltwärme, die durch Großwärmepumpen nutzbar gemacht wurde, in Fernwärmesysteme eingespeist. Über ein Netzwerk von werkseitig vorisolierten Rohrleitungen, auch Fernwärmeleitungen genannt, wird die Wärmeenergie mittels eines Überträgermediums (meist Wasser) zu den Verbrauchern transportiert. In der Regel sind sie unterirdisch, in manchen Fällen auch oberirdisch (Überlandleitungen) verlegt.
Bei den Verbrauchern angekommen, erfolgt die Wärmeübergabe in
den Gebäuden über Wärmetauscher, die die Wärmeenergie aus dem
Fernwärmenetz auf das Heizsystem oder das interne Warmwassernetz
übertragen. Nach der Wärmeübergabe fließt das abgekühlte Wasser
zurück zur Wärmeerzeugungsanlage, um dort erneut erwärmt zu werden.
Dieser Kreislauf ermöglicht eine kontinuierliche Wärmeversorgung
der Verbraucher.
Moderne Fernwärmeversorgungen werden mit Wassertemperaturen teils deutlich unter 100 °C betrieben, Ultra-Niedrigtemperatur-Fernwärme sogar unter 50 °C. Solche Systeme können dann als Grundlage für den Betrieb von Wärmepumpen dienen.
Vor- und Nachteile
Der Einsatz von Fernwärme ist in vielen Fällen eine effiziente und bequeme Lösung für eine nachhaltige, wirtschaftliche und für die Verbraucher*innen wartungsarme Wärmeversorgung. Ob im konkreten Fall der Anschluss an ein Fernwärmenetz sinnvoll ist, hängt von einigen Faktoren ab.
Vorteile von Fernwärme:
- Effizienz: Durch die zentrale Wärmeerzeugung und den Transport der Wärmeenergie können große Mengen an Energie eingespart werden.
- Nachhaltigkeit: Fernwärme ermöglicht die Nutzung von erneuerbaren Energien wie Biomasse, Geothermie oder Solarthermie, was im Vergleich zu dezentralen Heizsystemen zur Reduzierung von CO₂-Emissionen führt.
- Ressourcenschonung: Fernwärme ermöglicht die effiziente Nutzung von Abwärme aus industriellen Prozessen oder Müllverbrennungsanlagen, die sonst ungenutzt bliebe.
- Zuverlässigkeit: Fernwärmenetze sind in der Regel robust und bieten eine zuverlässige Wärmeversorgung, unabhängig von einzelnen Heizungsanlagen.
- Kostenersparnis: Durch die Nutzung von Fernwärme müssen in den Verbrauchergebäuden keine individuellen Heizungsanlagen installiert werden, was sowohl zu geringeren Investitions- als auch Betriebskosten führt.
- Flexibilität: Durch den Einsatz von Wärmeübergabestationen kann die Wärme individuell angepasst und geregelt werden, was zu einer optimalen Energieausnutzung führt.
- Primärenergie: Die effiziente Wärmeerzeugung in zentralen Anlagen kann zu niedrigeren Primärenergiebedarfswerten führen.
- Hohe städtische Anfangsinvestition: Der Aufbau eines Fernwärmenetzes erfordert eine umfangreiche Infrastruktur und Investitionen.
- Abhängigkeit: Ein Fernwärmenetz ist umso effizienter, je mehr Verbraucher angeschlossen sind. Diese sind dann auf die Fernwärme angewiesen, wodurch sie vom Versorger anhängig sind.
- Einschränkungen bei Renovierungen: Bei bestehenden Gebäuden kann die Nachrüstung für den Anschluss an das Fernwärmenetz wegen baulicher Einschränkungen schwierig oder kostspielig sein.
- Transportverluste: Trotz guter Isolierung können bei der Übertragung der Wärmeenergie über längere Strecken Verluste auftreten, was die Effizienz des Systems beeinträchtigt.
- Potenzielle Versorgungsunterbrechungen: Stromausfälle oder technische Probleme im übergeordneten Fernwärme-System können zu vorübergehenden Unterbrechungen der Wärmeversorgung führen.
- Mangelnde Kontrolle über die Energiequelle: Verbraucher haben oft wenig Einfluss auf die Wahl der Energiequelle für die Fernwärme und sind abhängig von den Entscheidungen des Versorgungsunternehmens.
Von den rund 41 Millionen Haushalten in Deutschland heizt nahezu jeder zweite mit Erdgas, gefolgt von Heizöl mit knapp 25 Prozent und Fernwärme mit gut 14 Prozent (Stand: 2023). Stromdirektheizungen und Wärmepumpen machen jeweils nicht einmal drei Prozent aus. Die übrigen sechs Prozent entfallen auf Feuerungsanlagen für feste Brennstoffe, wie Holz, Holzpellets, sonstige Biomasse und Kohle.
Fernwärme und das GEG
Mit dem novellierten Gebäudeenergiegesetz GEG, das darauf
abzielt, den Energieverbrauch von Gebäuden zu reduzieren und die
Nutzung erneuerbarer Energien zu fördern, gewinnt die Fernwärme im
Rahmen der kommunalen Wärmeplanung an entscheidender Bedeutung.
Denn für Bestandsbauten und Neubauten in Bestandsgebieten werden
die Vorgaben an eine verpflichtende kommunale Wärmeplanung
gekoppelt. Diese muss in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern
bis Ende Juni 2026 vorliegen und in kleineren Kommunen bis Ende
Juni 2028. Dann können sich Eigentümer*innen auf deren Basis für
eine passende klimafreundliche Heizung oder einen Anschluss an ein
Wärmenetz entscheiden.
Bei der energetischen Modernisierung von Gebäuden im Rahmen des GEG kann der Anschluss an ein Fernwärmenetz eine attraktive Investitionsmöglichkeit sein. In vielen Fällen unterstützen staatliche Förderprogramme den Anschluss an Fernwärmenetze, um den Umstieg auf eine umweltfreundliche und energieeffiziente Wärmeversorgung zu erleichtern. So wird der Anschluss an ein Fernwärmenetz etwa durch die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) subventioniert. Wie hoch die Förderung ausfällt, kann in den jeweils aktuellen Bestimmungen nachgelesen werden.
Bedeutung von Fernwärme für die Klimaziele
In der klimaneutralen Wärmeversorgung der Zukunft nimmt Fernwärme eine besondere Rolle ein, vor allem in dichten, urbanen Gebieten. Im Jahr 2023 war Fernwärme allerdings noch überwiegend fossil gespeist. Deshalb enthält das Wärmeplanungsgesetz Mindestziele für den Anteil von Wärme aus erneuerbaren Energien und unvermeidbarer Abwärme in Wärmenetzen. Es legt zugleich den Rahmen für die schrittweise und zeitlich gestaffelte Dekarbonisierung und den Ausbau der Fernwärme fest. Im bundesweiten Mittel soll der Anteil an Wärme aus erneuerbaren Energien und Abwärme im Jahr 2030 fünfzig Prozent betragen, 2045 soll eine vollständige Klimaneutralität erreicht sein.
Fachwissen zum Thema
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