Fakultäten für Architektur und Technische Wissenschaften der Universität Innsbruck

Schräg gestellte Sonnenschutzverglasung hier, Senkklapp-Fenster dort

Nichts weniger als eine zeichenhafte Umgestaltung war bei dem Wettbewerb zur Generalsanierung der beiden Fakultätsgebäude für Architektur und Technische Wissenschaften an der Universität Innsbruck gefordert. Die zwei aus den späten 1960er-Jahren stammenden und nach Plänen des Architekten Hubert Prachensky realisierten Bauten waren ähnlich strukturiert und dringend renovierungsbedürftig. Das aus dem Wettbewerb als Gewinner hervorgegangene Büro ATP Architekten Ingenieure aus Innsbruck unterzog die Gebäudekomplexe einer umfassenden Sanierung und versah jeden mit einer neuen Hülle, die den gestalterischen und technischen Ansprüchen beider Fakultäten gerecht wird.

Links im Bild das Fakultätsgebäude der Bauingenieure, rechts das der Architekten
Die äußere Fassade der Architekturfakultät besteht aus schräg gestellten Glaslamellen, die sich wie transparente Schuppen aneinanderreihen
Von den früheren Balkonbrüstungen aus Sichtbeton mit zurückversetzten Fensterbändern ist heute nichts mehr zu sehen

Statt der umlaufenden Balkonbrüstungen aus Sichtbeton mit zurückversetzten Fensterbändern erhielt das viergeschossige Architekturgebäude eine zweite Fassadenschicht aus schräg gestellten, vertikalen Glaslamellen, die sich wie transparente Schuppen vor der jetzt raumhohen Fixverglasung aneinanderreihen. Das achtgeschossige Haus der Bauingenieure wurde mit einer bündig-geschlossenen Fassade ausgestattet, in der sich festverglaste und öffenbare Fensterelemente zwischen hellgrauen Stützen- und Brüstungsverkleidungen aus Metall abwechseln. Der Abriss der Balkone hat bei beiden Häusern zu einem ruhigeren Erscheinungsbild geführt und gleichzeitig die Nutzfläche vergrößert.

Neben den verschiedenen Fassaden unterscheiden sich die beiden Fakultäten auch im Raumprogramm voneinander. Bei den Architekten gibt es im Erdgeschoss ein Lernzentrum und eine große Aula, die drei Obergeschosse sind offen gestaltet und durch wenige Glastrennwände gegliedert. Entlang der Ostfassade sind die großzügigen Büro- und Verwaltungseinheiten angeordnet, entlang der Westfassade die Seminarräume. Ein zweiläufiges Treppenhaus sowie die Aufzüge im Gebäudekern verbinden die Ebenen miteinander. Eine Besonderheit ist die variable Gestaltungsmöglichkeit der Räume. Jedes Fenstermodul enthält einen Heizkörper, Kabelkanäle für die notwendigen Anschlüsse sowie die Medientechnik. So lassen sich bei Bedarf problemlos einzelne Räume (alle 2,50 Meter) abteilen.

Die Gliederung in der Fakultät für Technische Wissenschaften ist kleinteiliger. Auf acht Geschossen verteilen sich Einzel- und Gruppenbüros, Glastrennwände zu den Fluren ermöglichen aber auch hier interne Blickbeziehungen; große Fenster nach außen lassen ein Maximum an Tageslicht herein und bieten einen weiten Blick auf die nahe Alpenlandschaft. Angeschlossen an das Haupthaus sind zwei Nebengebäude, die früher als Zeichensäle dienten und nun Labore, Arbeits- und Vorlesungsräume beherbergen.

Glas
Wirkt der höhere Bau nach der Sanierung eher nüchtern und präzise, erscheint die Fassade der Architekturfakultät nun spielerisch offen. Sie ist als zweischaliges System ausgebildet, wobei sich die äußere Ebene aus einer Vielzahl einzelner, unterschiedlich schräg gestellten, getönten und vertikal angeordneten Glaslamellen zusammensetzt. Das verwendete Verbundsicherheitsglas (VSG) ist mit einer Sonnenschutzbeschichtung versehen, die den Wärmeeintrag reduziert, dank des hohen Lichttransmissionswertes aber gleichzeitig das Tageslicht in die große Raumtiefe des Gebäudes lenkt. Optisch gefasst werden die fächerartigen Glasflügel durch horizontal verlaufende, schmale Stahlprofile zwischen den Geschossen sowie dem bündigen Flachdach. Hinter dem gläsernen Schuppenkleid verläuft ein Wartungsgang in der Breite der ehemaligen Balkone, dann folgt die innere, witterungsgeschützte Fassadenschicht, bei der sich automatisch öffenbare Lüftungsflügel mit sehr großen Fixverglasungen abwechseln.

Bestimmend für das Erscheinungsbild des Bauingenieure-Gebäudes ist der horizontale Wechsel zwischen hellgrauen Metallflächen und gläsernen Fenstermodulen. Jedes Modul besteht aus zwei festverglasten und zwei öffenbaren Fenstertypen, wobei ihre Aufteilung unregelmäßig ist. Eine Besonderheit sind die öffenbaren Senkklappfenster. Sie wurden eigens für dieses Projekt entwickelt und gewährleisten trotz intensiver äußerer Einwirkungen durch Fluglärm, Sonneneinstrahlung und starken Winden eine natürliche Belüftung und Beschattung der Innenräume. Sie besitzen eine Dreischeiben-Isolierverglasung sowie eine zusätzliche Prallscheibe nach außen hin. Dazwischen ist eine tageslichtlenkende Jalousie integriert. Für Reinigungszwecke sind die äußeren Scheiben aus Verbundglas aufklappbar. Insgesamt erreicht das Fenster einen Wärmedurchgangskoeffzienten von UW = 0,79 W/m²K.

In geöffnetem Zustand stellt die Konstruktion nach außen aus und senkt sich gleichzeitig einige Zentimeter ab. Diese Stellung unterstützt eine natürliche Belüftung bzw. Kühlung, da die Luft unten einströmen, den Raum belüften und über den oberen Spalt entweichen kann. Bei Regen ist die Belüftung zwar eingeschränkt, aber immer noch ausreichend möglich. Die erstaunlich schlanken Rahmenprofile der bis zu 190 x 156 Zentimeter großen Fenster resultieren aus dem Verbund von Alurahmenkonstruktion, verklebter Glasscheibe und Alu-Verbundfensterrahmen. Die Steuerung und Verriegelung der Fenster erfolgt motorisch.

Bautafel

Architekten: ATP architekten ingenieure, Innsbruck
Projektbeteiligte: ATP architekten ingenieure, Innsbruck (Tragwerks- und Fassadenplanung); Gbd Projects, Dornbirn (Fassadenplanung); Starmann Metallbau, Klagenfurt (Fassade); ARGE Baumeisterarbeiten: Fröschl, Hall in Tirol und Swietelsky Baugesellschaft, Innsbruck (Rohbau)
Bauherr: BIG Bundesimmobiliengesellschaft, Wien
Fertigstellung: 2014
Standort: Technikerstraße 15, 6020 Innsbruck, Österreich
Bildnachweis: Thomas Jantscher und ATP architekten ingenieure, Innsbruck

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