Fahrradtiefgarage in Utrecht

Parkplätze mit Leitsystem für 12.500 Räder

Viele Aspekte sprechen fürs Radfahren: Es verschafft Bewegung, ist abgasfrei, schont die Umwelt und die Nerven, da eine langwierige Parkplatzsuche entfällt. Jedenfalls in Utrecht – die Infrastruktur der niederländischen Stadt ist dem hohen Aufkommen der „Fietser“ bestens angepasst. Das Radwegesystem ist dank umsichtiger Verkehrspolitik gut ausgebaut und am Verkehrsknotenpunkt Hauptbahnhof bietet eine neue Tiefgarage Stellplätze für 12.500 Fahrräder. Diese verteilen sich auf drei Geschosse unter dem Vorplatz, der das Bahnhofsgebäude mit dem Einkaufszentrum Hoog Catherijne verbindet. Den „Stationsplein" samt der darunterliegenden Betonkonstruktion planten Ector Hoogstad Architecten, die einen geladenen Wettbewerb gemeinsam mit Ingenieuren von Royal Haskoning und Landschaftsplanern des Büros Sant en Co für sich entschieden hatten.

Auf Fahrbahnen in kräftigem Orangerot können Radler ohne abzusteigen von Norden und Süden einfahren und bis zur Parklücke rollen.
Die drei Parkebenen sind über Rampen verbunden.
Trotz der Lage unter dem Bahnhofsvorplatz ist die Anlage keinesfalls düster.

Die Fahrradgarage ist Teil einer umfangreichen Erneuerung und Umstrukturierung des gesamten Utrechter Bahnhofsareals. So wurden nicht nur Bahnsteighalle, Bahnsteige, Busbahnhof sowie das östlich gegenüberliegende Einkaufszentrum aus den 1960er-Jahren durch Neubauten ersetzt, sondern auch angrenzende Straßenzüge verkleinert und historische Kanäle wieder hergestellt. Den Platz markiert weithin sichtbar ein hoch aufragendes, helles Dach, das Assoziationen mit einer flachen Wolke weckt. Kreisförmig gefasste Verglasungen fügen sich modular zu einer organisch gewundenen, wolkenähnlichen Großform, die von sehr hohen Rundstützen gehalten wird. So sind die Passanten vor zuviel Sonne und Regen geschützt, ohne dass der Bahnhofsvorplatz wesentlich verdunkelt wird. Gegenüber dem Straßenniveau ist dieser um sechs Meter erhöht, östlich und westlich befinden sich die Eingänge des Bahnhofs und der Shoppingmall. Treppen, Rolltreppen und Rampen führen an der Nord- und Südseite hinauf. Fahrbahnen in kräftigem Orangerot münden in einer zentralen Öffnung – auf diesen Spuren können Radfahrer ohne abzusteigen in die Tiefgarage fahren und bis zur Parklücke rollen. Die beidseitigen Zufahrten führen auf die mittlere Ebene, von dort leiten Rampen weiter nach oben oder unten.

In der Garage zweigen von einem äußeren, rötlichen Fahrbahnoval hellgrau markierte Gassen zu den numerierten Stellplätzen ab. Die Wege sind breit genug, damit fahrende und absteigende Radler sicher Abstand halten können. In doppelten Metallständern lassen sich die Drahtesel übereinander stellen: Durch manuell herausziehbare Schienen ist eine zweite Ebene möglich. Die Betonkonstruktion der Parkgarage bleibt an vielen Stellen ablesbar, so auch bei drei trompetenförmigen Stützen. Sie erheben sich aus dem untersten Geschoss und tragen die gewaltige Überdachung des Vorplatzes mit. Ihr Durchmesser beträgt anfangs fünf Meter und verjüngt sich bis auf 1,20 Meter. Neben Sichtbeton sind Holz an den Wänden und Glas am Treppenhaus und den Brüstungen prägende Materialien.

Licht
Obwohl sich die Anlage unterhalb des städtischen Platzes befindet, ist sie keineswegs düster. Tageslicht kann durch vertikale Schächte einfallen. Für Helligkeit und eine gute Allgemeinbeleuchtung sorgen auch in die Betondecken integrierte LED-Spots und Langfeldleuchten. Dunkle, nicht einsehbare Ecken wurden gänzlich vermieden. Dem Sicherheitsgefühl und der Transparenz zuträglich ist außerdem ein Verglasungsanteil, der Durchblicke zulässt sowie die insgesamt freundliche Gestaltung. Für gute Orientierung sorgen unterschiedlich farbige Abschnitte und durchnumerierte Stellplätze. Darüber hinaus werden die Radfahrer über ein digitales Leitsystem zu den freien Plätzen geführt und parken mit einer Chipkarte des öffentlichen Verkehrs. Für die ersten 24 Stunden ist das Parken kostenlos; erst danach wird eine Tagesgebühr von 1,25 Euro pro Fahrrad erhoben. Eine Servicestelle für Reparaturen, Wartung, Verleih, Ersatzteile und Zubehör bietet zusätzlichen Anreiz für die Nutzung. Es verwundert also nicht, dass Utrecht nach Kopenhagen den zweiten Platz belegt beim Copenhagenize Index, der die Fahrradfreundlichkeit von Städten weltweit bewertet. Da kann man sagen: Fietsen fetzt. -jb

Bautafel

Architekten: Ector Hoogstad Architecten, Rotterdam
Projektbeteiligte: Royal Haskoning DHV, Amsterdam (Betonstruktur und Gebäudetechnik); Buro Sant en Co, Den Haag (Landschaftsarchitektur); Bolidt, Hendrik-Ido-Ambacht (Bodenbelag); Mohringer Liften, Haarlem (Aufzüge); Jung, Schalksmühle (Licht)
Bauherr: Stadt Utrecht
Fertigstellung: 2018
Standort:
Utrecht Centraal, 3511 Utrecht, Niederlande
Bildnachweis: Petra Appelhof, Nijmegen; Robert Oosterbroek, Utrecht

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