European School of Management and Technology in Berlin

Sanierung des ehemaligen Staatsratsgebäudes der DDR

Die vom Kollektiv Korn im VEB Berlin-Projekt geplanten Gebäude wurden 1964 vom Staatsrat der DDR bezogen und dienten bis 1989 als sein repräsentativer Amtssitz. Nach dem Mauerfall folgte erst die provisorische Unterbringung des Kanzleramtes und später (bis 2003) die Nutzung einiger Geschosse durch den Bundesnachrichtendienst. Nach diesen Interims-Lösungen wurden die Gebäude zu der Hochschule "European School of Management and Technology" (kurz: ESMT) umgewandelt. Insgesamt besteht der Komplex aus mehreren Gebäuden, die sich um einen Gartenhof gruppieren. An dieser Stelle soll jedoch nur auf die Sanierung des unter Denkmalschutz stehenden Hauptflügels am Schlossplatz, das "Learning-Center" als Kernstück der Hochschule, eingegangen werden. Die übrigen und hier nicht näher beschriebenen Bauteile wurden nur geringfügig saniert.

Frontansicht mit dem integrierten, historischen Portal des ehemaligen Schlosses
Blick in einen sanierten Flur
Isometrische Darstellung des Denkmal-Konzepts: Rot = Neu

Das fünfgeschossige Hauptgebäude lässt sich in drei Bauteile untergliedern, die auch in der Fassade deutlich zu erkennen sind. Der Haupteingang mit dem integrierten Portal des ehemaligen Schlosses beinhaltet das großzügige Foyer und die zentrale Erschließung mit den repräsentativen Haupttreppen. Westlich davon, im kürzeren Seitentrakt, befinden sich im Erdgeschoss die Gastronomie und darüber Hörsäle bzw. der Besuchertrakt. Im dritten Bauteil, dem östlich des Portals liegenden Flügel liegen Cafeteria, Bibliothek, Studienräume, Hörsäle und das Audimax.

Sanierung/Modernisierung
Die bestehende Stahlskelett-Konstruktion mit Mauerwerksausfachungen in den Obergeschossen wurde in seiner Gesamtheit erhalten. Ebenso wurden die bestehenden Treppenhäuser nur farblich neu überarbeitet. Ein zusätzliches Treppenhaus musste wegen heutiger Brandschutzbestimmungen hinzugefügt werden, wurde jedoch in Bauart und Farbkonzept dem historischen Erbe angepasst. Zudem ergab sich daraus der Vorteil, dass das Grundrissschema mit den 80 Meter langen Fluren weitgehend erhalten bleiben konnte. Beinahe komplett - bis auf die denkmalgeschützten Holzfenster des Foyers und vor allem das repräsentative, deshalb nur unter erheblichem Aufwand sanierungsfähige Buntglasfenster des Künstlers Womacka - wurden die Fassadenverglasungen ausgetauscht.

Um auch das ursprüngliche Erscheinungsbild weitgehend zu erhalten, wurden die Ansichtsbreite der Fensterprofile der neuen (den Erfordernissen der EnEV gemäßen) Verglasung so schmal wie die ursprünglichen Profile konzipiert. Auch farblich zollten die Planer dem Geist der Bauzeit Tribut: als Oberfläche wählten sie den Aluminiumton des Palastes der Republik. Außerdem sind die bereits zu DDR-Zeiten abgebauten integrierten Sonnenschutzbehänge als Reminiszenz wiedereingebaut worden.

Ebenfalls großes Augenmerk lag auf den Umbauten in den unter Denkmalschutz stehenden Innenräumen. Sofern nicht heutige Vorschriften dagegen standen, wurde das Erscheinungsbild des Gebäudes auch innen belassen und nur durch Implantate wie kubische Einbauten, neue Hörsaalbestuhlung oder Lichtdecken bestückt. So konnte zum Beispiel der Sitzungssaal - obwohl er in zwei Hörsäle geteilt werden musste - saniert und in weiten Teilen im Originalzustand belassenen werden. Um den ehemaligen Gesamteindruck nicht zu zerstören, wurde die Trennwand aus Glas konzipiert.

Lediglich im Bereich der Küche und des Restaurants musste aus organisatorischen beziehungsweise hygienischen Gründen weitreichender eingegriffen werden. Die Sanierung des Objekts verweist auf eine grundlegende Attitüde des Bauens im Bestand, die beinahe als beispielhaft gelten kann: Respekt vor der historischen Situation, ohne in Geschichtsklitterung oder gar in demonstratives Überstülpen eines Designcredos zu verfallen. Neu und Alt treten nicht in Konkurrenz zueinander, sondern ergänzen sich zu einem neuen Ganzen, das aber dem Geist der Entstehungszeit verpflichtet bleibt.

Bautafel

Architekten: HG Merz GmbH, Berlin/Stuttgart
Projektbeteiligte: Jens Achtermann, Guido Graul, Volker Gugath, Andrea Henrion, Robert Hoh, Uli Neumann, Frank Otto, Johannes Schrey. Annette Schwanitz, Uwe Wurster (Mitarbeiter); CRP Cziesieliski, Ruhnau + Partner GmbH, Berlin (Tragwerksplanung); Zibell Willner & Partner, Berlin(Haustechnik); ag Licht, Bonn (Lichtplanung)
Bauherr: Grundstücksgesellschaft Schloßplatz 1 mbH & Co. KG, Berlin
Fertigstellung: 2005
Standort: Schlossplatz 1 in Berlin
Bildnachweis: Archiv der Architekten

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