Einfamilienhaus in Leutenbach

Weniger ist mehr

Eine private Bauherrenschaft in Leutenbach bei Stuttgart suchte für ihren Einfamilienhausneubau bewusst nach architektonischen und gebäudetechnischen Lösungen, die sich durch geringen und nachhaltigen Materialeinsatz bzw. eine energiesparende Nutzung auszeichnen, damit das Gebäude während seines gesamten Lebenszykluses möglichst ressourcenschonend ist. Zugleich sollten die Bau- und Betriebskosten niedrig gehalten werden und der Neubau seinem Standort gerecht werden – einem Bauernhof im Umbruch mit altem Baumbestand. Das Architekturbüro Stocker aus dem unweit entfernten Remshalden hat ausgehend von diesen vielfältigen Vorgaben das Minimalhaus I entworfen, bei dem von Beginn der Planung an auf Einsparpotenziale geachtet wurde, ohne an der Architekturqualität zu sparen. Damit waren sie so erfolgreich, dass am Ende sogar noch Geld übrigblieb, das in weitere Heizungstechnik investiert werden konnte.

Für passive, solare Energiegewinne sorgen das große, nach Süden orientierte Fenster im Wohnbereich sowie das vertikale Gaubenfenster im zweiten und dritten Obergeschoss.
Die Hülle aus Blendsandwich-Elementen ist außen und innen ohne weitere Bekleidung ausgeführt.
Im leicht zurück versetzten, fensterlosen Erdgeschoss, das als Garage und Technikraum genutzt wird, besteht die Hülle zweiseitig aus Schwartenbrettern, die üblicherweise als Brennholz verwendet werden, da sie teilweise eine Stammrundung haben.

„Roh wie Sushi“

Um Platz für den Neubau zu schaffen, wurde zunächst ein Teil eines bestehenden Wohngebäudes abgebrochen. Der Neubau sollte „roh wie Sushi“ sein, so die Architekten. So war es von Beginn an das Konzept, industrielle Materialien und eine Betonhalbfertigteilbauweise zu verwenden, außerdem Abbruchmaterial, Abfallmaterialien und Industrieschrott einzusetzen, um ein leichtes, offenes und reduziertes Haus zu gestalten. Aus den Rohmaterialien sollte somit eine „schmackhafte“ Komposition entstehen – um beim Bild des Sushis zu bleiben. Die Maßstäblichkeit des alten Bauernhofs wurde beibehalten, der Neubau hat dieselbe Größe wie sein Vorgänger und schließt ebenfalls mit einem steilen Satteldach ab. Er umfasst zwei Vollgeschosse und zwei ausgebaute Dachgeschossebenen.

Markantestes Merkmal des Wohnhauses ist eine dachhohe Gaube auf der Südseite. Über diese und über die vollflächig verglaste östliche Giebelseite gelangt viel natürliches Licht in die dahinterliegenden Innenräume. Das Hauptwohngeschoss im ersten Stock öffnet sich nach Süden ebenfalls über eine vollflächige Verglasung. Die anderen Seiten wurden hingegen eher verschlossen ausgeführt.

Rohbau gleich Ausbau

Der Rohbau ist als kostengünstiger Betonhalbfertigteilbau errichtet worden, bei dem die Oberflächen in Sichtbetonqualität ausgeführt sind. Bei der Dachgaube handelt es sich um eine Stahlkonstruktion, die von innen sichtbar belassen wurde. Die Hülle aus Blendsandwich-Elementen ist außen und innen ohne weitere Bekleidung ausgeführt. Im leicht zurück versetzten, fensterlosen Erdgeschoss, das als Garage und Technikraum genutzt wird, besteht die Hülle zweiseitig aus Schwartenbrettern, die üblicherweise als Brennholz verwendet werden, da sie teilweise eine Stammrundung haben. Sie verleihen dem Sockel dadurch eine natürliche Rauheit. Die Unterkonstruktion der großzügigen, nach Süden ausgerichteten Terrasse im ersten Stock besteht aus einer Maschinenbühne, die der Bauherr in seinem Betrieb vor der Verschrottung gerettet hatte. Die Brüstung wird durch ein filigranes Stabwerk gebildet.

Auch der Innenausbau ist auf ein Minimum begrenzt. Zwischenwände gibt es nur auf der zweiten Wohnebene. Die Treppengeländer bestehen aus rohen Edelstahlrohren mit einer Netzfüllung. Wände und Decken wurden betonsichtig belassen. Im knapp hundert Quadratmeter großen Garten schließlich sind Natursteine eingesetzt, die aus dem ehemaligen Stallgeschoss des abgebrochenen Bauernhauses stammen.

Komfortables Energiekonzept

Beheizt wird die Wohnfläche nur in den Obergeschossen, das Parterre ist lediglich temperiert. Für die Grundlast der Heizung sorgt ein wasserführender Kaminofen im Hauptwohngeschoss mit dem gleichzeitig der Anteil regenerativer Energiequellen erfüllt werden konnte. Er liefert eine Raumwärmeleistung von ca. 5 kW und eine Wasserwärmeleistung von ca. 3 kW. Über einen Pufferspeicher ist der Kamin mit der Heizungsanlag verbunden, wodurch die Wärmeenergie nicht nur im Aufstellraum selbst, sondern im ganzen Haus genutzt werden kann. Für Spitzenlasten gibt es einen Gasbrennwertkessel. Weil das Budget damit jedoch noch nicht ausgeschöpft war, konnten zusätzlich eine Fußbodenheizung sowie eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung eingebaut werden, die bis zu 300 Kubikmeter Luft pro Stunde austauschen kann. Für passive, solare Energiegewinne sorgen das große, nach Süden orientierte Fenster im Wohnbereich sowie das vertikale Gaubenfenster im zweiten und dritten Obergeschoss.

Günstiger Wohnraum als Perspektive

Durch dieses Konzept gelang es, die Gesamtkosten für das Projekt auf 337.000 Euro zu reduzieren – ohne Ausstattung und Außenanlagen, dafür inklusive Grundstück, Erschließung (102.000 Euro) sowie den Kosten für Architekten, Tragwerksplaner und Vermessungsingenieure (42.500 Euro). Der größte Posten mit 192.500 Euro sind das Bauwerk und dessen technische Ausrüstung.

Mit dem Minimalhaus I, das für den DAM-Preis 2019 nominiert und mit dem Preis für Beispielhaftes Bauen der Architektenkammer Baden-Württemberg ausgezeichnet wurde, liefern die Verantwortlichen eine mögliche Antwort darauf, wie bezahlbarer Wohnraum aussehen könnte – nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der IBA 2027 in der Region Stuttgart, die sich mit diesem Thema dringlichst auseinandersetzen werden muss. -tg

Bautafel

Architektur: Architekturbüro Stocker BDA, Remshalden
Projektbeteiligte: Ingenieurbüro für Bauwesen, Stuttgart (Tragwerksplanung); Buderus, Wetzlar (Gasbrennwertkessel Logamax plus GB172 T50)
Bauherrschaft: privat
Fertigstellung: 2018
Bildnachweis: Florian Stocker, Remshalden; Thomas Drexler, München; Architekturbüro Stocker BDA, Remshalden

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