Die Kunst der Putzfassade
Über das Gestalten mit Putz
Konradin Medien, Leinfelden-Echterdingen 2018
164 Seiten mit zahlreichen farbigen Abbildungen, Zeichnungen und 20 Arbeitskarten, gebunden
Preis: 69 EUR
ISBN 978-3-00-061241-1
Putz ist in unseren Breiten die bei Weitem gängigste Fassadenoberfläche. Wohl aus diesem Grund kommt ihm nur wenig Aufmerksamkeit zu. Dabei vereint kaum ein anderes Fassadenmaterial so viele Vorzüge wie die jahrtausendealte Gebäudeversiegelung mit Mörtel. Sie erlaubt Oberflächenstrukturen fast wie Beton, entzieht der Außenwand Feuchtigkeit, ist langlebig und kostengünstig. Die Herausgeber des Bands Die Kunst der Putzfassade erkennen die Qualitäten und erinnern mit einer Rundumschau auf historische und zeitgenössische Techniken daran, dass es nicht immer nur der Scheibenputz sein muss.
Mit der letztgenannten Standardtechnik werden rund 80 Prozent aller Putzfassaden hierzulande ausgeführt. Christian Poprawa vom mit herausgebenden Unternehmen Saint-Gobain Weber sieht darin „eine unnötige Verarmung der Baukultur", denn die Oberflächengestaltung von Putzfassaden biete erheblich mehr Möglichkeiten. Das Vielgestaltige des Putzmörtels liegt in der Modulierbarkeit des Materials begründet sowie seiner genialen und dabei so simplen Zusammensetzung: ein Teil Kalk, drei Teile Sand und dazu Wasser. Bei Form und Aussehen spielen Geschmack und kultureller Kontext eine große Rolle. So lässt sich feststellen, dass in Süddeutschland, in Österreich und der Schweiz viel gröbere und lebhafter strukturierte Putzoberflächen gängig sind als in Norddeutschland.
Einen Überblick über verschiedene Putzstrukturen – viele davon
etabliert und häufig verwendet, andere sehr selten oder fast
vergessen – liefert der erste Teil des Buches. Hier begegnen einem
gängige Putzoberflächen wie der Reibeputz beziehungsweise Münchner
Rauputz, der – es klingt im Namen bereits an – seinen
Ursprung in Süddeutschland hat und punktuell in Westdeutschland und
Westberlin zur Anwendung kam. Aber auch exotische Techniken werden
vorgestellt. Der Stipputz beispielsweise ist durch winzige Löcher
gekennzeichnet, die mit einem spitzen Gegenstand in die Oberfläche
„gestippt" werden. Heute ist die Putztechnik fast nur noch an
historischen Barockbauten zu finden.
Neben Nahaufnahmen der Putzoberflächen selbst flankieren
Fotografien der benötigten Werkzeuge die erläuternden Texte.
Schnittzeichnungen geben die Oberflächenstruktur vereinfacht
wieder. Dank ihnen gelingt der Vergleich zwischen den verschiedenen
Putzoberflächen spielend. Als besonderes „Schmankerl” sind dem Buch
20 Arbeitskarten mit den Nahaufnahmen der Putzarten in
Postkartenformat beigefügt.
Ihre Anwendung veranschaulichen neun Referenzobjekte im Mittelteil des Buches. Die informativen Objektberichte geben Aufschluss über die jeweilige Putztechnik, über Entwurfskonzept, Baugeschichte und städtischen Kontext. Zahlreiche Farbfotos, teilweise auch detaillierte Fassadenschnitte ergänzen die Erläuterungen. Neben aktuellen Bauprojekten – das jüngste ist das 2017 fertiggestellte Gemeindehaus in Kaiserslautern, Putztechnik: Kammzug und leichter Besenstrich – sind auch historische Bauten vertreten. Ihre Putzfassaden wurden in den letzten Jahren zumeist unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten saniert, darunter Bruno Tauts Hufeisensiedlung von 1925 (Reibeputz) oder das Berliner Max-Planck-Gymnasium von 1953 (Kombination aus Edelkratzputz, Spritzputz, Steinputz und Sgraffito)
Im letzten Teil werden in sieben Essays die technischen Hintergründe des Verputzens geklärt; ein Rück- und ein Ausblick widmen sich der Vergangenheit und Zukunft der Putzfassade. Der Band stellt durch die Verwendung verschiedener Papierarten auch haptisch einen Bezug zum inhaltlichen Gegenstand – der Putzfassade – her. Während der Technikteil am Anfang sowie die Essays am Ende des Buches auf seidenmattem Karton gedruckt sind, wurde für den bilderreichen Mittelteil, in dem die Referenzobjekte vorgestellt werden, Hochglanzpapier verwendet. Strukturiert wird der Band durch gröbere Kartoneinlagen in schlammigen Grau- und Grüntönen.
Aus dem Inhalt
- Putztechniken und Putzoberflächen: Scheibenputz, Filzputz, Edelkratzputz, Schabeputz, Besenstrich, Münchner Rauputz, gezupfter Putz, Sgraffito und viele mehr
- Referenzprojekte: Unter anderen Invaliden-Haus, Haus Am Horn,
Haus der Wannseekonferenz, Polizeiposten in Mössingen, Seebad
Prora
- Technischer Hintergrund
- Essays: Zusammenspiel von Struktur, Licht und Farbe / Für jeden Untergrund das richtige Putzsystem / Was den Putz im Innersten zusammenhält
- Rückblick und Ausblick
- Essays: Historische Fassadenputze / Von der Handmischung zur
Sackware / Begreifen im wörtlichen Sinn / Was soll und kann Putz
zukünftig leisten?
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