Das Garagenmanifest

Das Garagenmanifest

Hrsg. Jens Casper und Luise Rellensmann

Park Books, Zürich 2021
broschiert, 176 Seiten, 98 Abbildungen, Fotografien, Zeichnungen und Lagepläne, 13 x 20 cm

Preis: SFR 29,00 / EUR 25,00

ISBN 978-3-03860-240-8

Garagen und Garagenhöfe sind pragmatisch-banale Alltagsbauten und normalerweise nicht Gegenstand eines architektonischen Porträts. Diese zellenartigen kleinen Quader insbesondere in der ehemaligen DDR waren aber viel mehr als nur Aufbewahrungsbehälter für Autos, sondern gleichsam alternative Wohnzimmer, wie die Fotografien, Zeichnungen und Texte in dem Buch Das Garagenmanifest von Jens Casper und Luise Rellensmann zeigen. Sie dienten mit Garagenvereinen als Orte der Gemeinschaft, für Freizeitaktivitäten mit der ganzen Familie und als Lager für verschiedenste Schätze in einer Mangelwirtschaft.

Ausgehend von einem DFG-Forschungsprojekt und neun Case Studies, die von Studierenden der BTU Cottbus erarbeitet wurden, konzentriert sich diese Dokumentation und Analyse auf Garagen in Cottbus – die jedoch stellvertretend auch an vielen anderen Orten anzutreffen sind. 2006 gab es Schätzungen zufolge noch bis zu 900.000 Garagen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR.

Es handelt sich sowohl um serielle Typenbauten als auch um individuelle und kreative Eigenkonstruktionen. Gemeinsam ist der Zugang über ein zweiflügeliges Tor an der Stirnseite. Dieses Tor aus Holzlatten oder Metallblechen wird mit Scharnieren, Ladenbändern, Verschaubungen, Haken, Verkleidungen, Aufdoppelungen, Vorhängeschlössern sowie Schildern wie beispielsweise einer Nummerierung ausgerüstet. Eher selten gibt es Fenster, die dann meist in Eigenarbeit in die rückwärtige Wand eingefügt sind und mit Gittern gegen Einbruch und Vandalismus schützen. Die Garagen erfahren bzw. erfuhren einen permanenten Wandel durch die fortwährende Instandhaltung, durch Improvisation und durch den Einsatz von Resten, Ausschuss und wiederverwerteten Materialien, aber ebenso durch liebevolle Verschönerungen, Elektro- und Wasseranschlüsse, Möblierung, und all dies in Eigenbaupraxis.

Nach der Wende verfielen viele dieser Garagenhöfe und wurden sukzessive abgerissen, auch wegen problematischer Eigentumsverhältnisse der Grundstücke oder um Bauflächen für Wohnungen zu schaffen. Ausgehend vom Thema der Garage als Alltagsarchitektur betreffen architekturtheoretische und denkmalpflegerische Überlegungen den Wert des Bewahrens, des Wertschätzens und der Wertzuschreibung. Hierzu werden als kritische Verweise Leon Battista Alberti, Georg Dehio, Jane Jacobs sowie Rem Koolhaas zitiert. Diese Argumentation führt zum Aufruf, die DDR-Garagen als gesellschaftlich relevantes und partizipatives Kulturerbe zu betrachten, das nicht unwiderbringlich verloren gehen sollte. -sj

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