Dämmen mit Seegras
Schwer entflammbar, schimmelresistent und ohne chemische Zusätze
Neptunbälle heißen die zu Kugeln verfilzten Faser- und Wurzelreste des Seegrases, die sich an vielen Mittelmeerstränden finden. Sie gelten als Plage und werden als Abfallprodukt entsorgt. Dabei eignen sich die Pflanzenreste gut als natürliches Dämmmaterial für Wände, Dächer, Decken und Fußböden. Herausgefunden hat das der Karlsruher Architekt Richard Meier. Er ließ eine Probe durch das Fraunhofer Institut für Bauphysik prüfen. Dabei stellte sich heraus, dass das Material dank seiner silikathaltigen Struktur von Natur aus schlecht brennt, schimmelresistent ist und gute Wärmespeicherfähigkeiten besitzt.
Für die Verarbeitung der 2 bis 10 cm großen, leicht platt gedrückten Kugeln zur Neptutherm genannten Dämmwolle wird das Seegras an Stränden in Tunesien und Albanien von Hand gesammelt und per Bahn, Schiff und LKW nach Deutschland gebracht. Der Aufwand an Primärenergie soll trotz des weiten Transports um bis zu 50% niedriger sein als bei herkömmlichen Dämmstoffen, einschließlich Holzfaserplatten. In einem mechanischen Prozess werden die Kugeln gereinigt und zu Wolle zerkleinert. Das Einbringen erfolgt durch Schütten, Stopfen oder Einblasen. Als Wärmedämmung der obersten Geschossdecke wird das Material auf einen sauberen Untergrund geschüttet oder geblasen, gleichmäßig verteilt und leicht verdichtet. Es kann ohne Abdeckung verarbeitet oder mit einer rund 40 mm starken, schwimmend verlegten Estrichplatte mit Nut- und Federverbindung abgedeckt werden.
Die Dämmwolle ist bauaufsichtlich zugelassen und entspricht der
Baustoffklasse B2 normal entflammbar. Sie hat eine Wärmeleitfähigkeit von λ = 0,039 W/(mK), ist
diffusionsoffen und bietet wegen ihrer verhältnismäßig hohen Dichte
einen guten Schall- und sommerlichen Wärmeschutz. Die
Wärmespeicherkapazität (c = 2,50 J/kgK) ist etwa um 20% höher als
bei Holz und Holzwerkstoffen, die Resistenz gegen Schimmel
ausgesprochen hoch. Werden die Fasern nicht mehr gebraucht, können
sie als Pflanzensubstrat unter die Gartenerde gemischt
werden.
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