Coolspots in Wien
Nebeldüsen und Klimabäume gegen Hitzestau
Wer sich mit der verdichteten nachhaltigen Stadt der Zukunft
beschäftigen möchte, der stößt unweigerlich auch auf das Thema
Stadtklima. Um dieses bei fortschreitendem Temperaturanstieg durch
den Klimawandel zu verbessern, beschäftigen sich die
Stadtentwicklungsstellen größerer Städte vermehrt damit, Lösungen
für die Überhitzung zu finden. Die Ansätze reichen von der
Etablierung eines Kaltluftsystems bis zur Entsiegelung und
Begrünung von Flächen. Einen kleinmaßstäblicheren Ansatz schlägt
das Breathe Earth Collective zusammen mit Green4Cities vor. Im
Rahmen des Forschungsprojekts Tröpferlbad 2.0 entwickelten
sie zwei sogenannte Coolspots in Wien. Dort soll die gefühlte
Temperatur um bis zu sechs Grad gesenkt werden können.
Die Versiegelung der Böden, sparsame Vegetation, die
Wärmespeicherung von Gebäuden, Luftschadstoffe, aber auch die
veränderte Zirkulation der Luft durch die Bauten sind nur einige
Faktoren, die dazu führen, dass in den Städten ein eigenes
Lokalklima herrscht. Meist geht es einher mit einer Erhöhung der
Temperatur innerhalb der Stadt – sogenannten Hitzeinseln. Oft führt
die mangelnde Durchlüftung dazu, dass die warme Luft stehen bliebt,
wobei sich Luftschadstoffe ansammeln, die die Gesundheit der
Bewohner belasten. Der Hitzeinseleffekt wird durch die
Klimaerwärmung und die gehäuft vorkommenden Hitzeperioden
verstärkt.
Seit Mai 2020 wird die im Zuge des Forschungsprojekts entwickelte Installation als Demo-Coolspot baulich umgesetzt. Der Floridsdorfer Markt im 21. Bezirk ist ein typischer Wiener Markt mit dichter Bebauung und einem hohen Grad an Versiegelung. Der Coolspot soll den Besuchern des Markts, darunter viele ältere Menschen, die Möglichkeit geben, an einem schattigen, kühlen Ort zu verweilen. Dazu sollen neben echten Bäumen auch sogenannte Klimabäume „gepflanzt“ werden: Es handelt sich dabei um drei Holzschirme mit Hochdrucknebeldüsen, die feine Wassertröpfchen auf den Blättern verteilen. Durch die Verdunstung des Wassers wird die umliegende Luft spürbar abgekühlt. Zusätzlich möchten die Erbauer mit Gräsern und Blumen Insekten anlocken. Die modulare Struktur kann nach Bedarf erweitert werden und soll sich mit den Marktständen zu einem stimmigen Gesamtbild vereinigen.
Der zweite Coolspot in Wien wird im Zuge der Neugestaltung des Esterházyparks verwirklicht. Der Park soll zum ersten „Cooling-Park“ Wiens werden, wobei die Stadt hier Flächen entsiegelt, Wasserspiele installiert und neue klima-resiliente Gehölze pflanzt, also Baumarten, welche mit dem Klimawandel, Hitze und längeren Trockenperioden gut umgehen können. Zusätzlich dazu realisiert das Kollektiv den Coolspot hier als einen kreisförmigen Aufenthaltsraum von 50 Quadratmetern, der von Kletterpflanzen und Nebeldüsen in ringförmiger Anordnung umgeben ist. Durch Sensoren und intelligente Steuerungstechnik versprühen die Düsen nur dann Wassernebel, wenn bei hohen Außentemperaturen Besucher anwesend sind. Damit möchten die Planenden gewährleisten, dass die Ressource Wasser geschont wird. Unter den neu gepflanzten klima-resilienten Gehölzen und den kühlenden Ringen des Coolspots schlängeln sich Parkbänke, die lang genug sind, um ganzen Schulklassen Platz zu bieten.
Die beiden Projekte werden über zwei Jahre hinweg begleitet und ausgewertet. Die Messungen sollen Aufschluss darüber geben, wie effektiv die Coolspots funktionieren. Interessant dabei wäre auch den Verbrauch an Wasser durch die Nebeldüsen zu erfahren. Wenn auch lokale Erfrischungsstände eine Erleichterung von der Stadthitze bieten können, so darf nicht vergessen werden, das Problem auch im großen Kontext zu behandeln, also nicht nur die Symptome zu bekämpfen, sondern die Stadtplanung grundlegend neu zu denken. –sh
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