Cinema Sil Plaz in Ilanz

Innenräume aus Lehm, Holz und Stahl

Eine Heimatstadt ohne Kino ist für die Bewohner von Ilanz, einer kleinen Alpenstadt im schweizerischen Kanton Graubünden, nicht vorstellbar. Als das letzte Lichtspielhaus vor mehr als zwanzig Jahren geschlossen wurde, gründeten Film- und Kulturinteressierte den Filmclub Ilanz, der seitdem Vorführungen in verschiedenen Provisorien organisiert. In den Räumen einer ehemaligen Schmiede und späteren Weinhandlung, dem Haus Vieli aus dem 19. Jahrhundert, fand der Club schließlich eine dauerhafte Bleibe. Mit der Umgestaltung zum Cinema Sil Plaz wurde das Architekturbüro Capaul & Blumenthal beauftragt.

Eingang mit Kartenverkauf, Bar und Bühne: Stahl, Holz, originaler Kalkputz und mit Kalkkasein gestrichene Decke
Der Zugang zum Projektionsraum kann mit einer großen Stahltür geschlossen werden
Die in massiver Stampflehmbauweise errichteten Mauern im Vorführraum verbessern die Schalldämmung

Ziel der Architekten war es, die Qualitäten des Ortes zu bewahren. Dabei ging es ihnen darum, die Raumabfolgen und -proportionen, die Materialität und Geschichte der Oberflächen zu erhalten und den insgesamt „rohen“ Charakter der Räumlichkeiten zu verstärken. Lehm, Eichenholz, Stahl und Leder prägen den Innenraum, der im Wesentlichen aus zwei Bereichen besteht: Dem Eingang mit Kartenverkauf, Bar und Bühne sowie dem anschließenden Foyer mit Kinosaal, Garderobe und Technik-/ Sanitärräumen.

Für die Konstruktion von Wänden, Böden und Decken wurde Lehm verwendet. Das aus Surrein, einem Seitental der Region stammende Material übernimmt nicht nur die Feuchteregulierung der Räume, sondern auch den Schallschutz: Weil über dem Kinosaal Wohnungen angeordnet sind, entschieden sich die Architekten für eine Raum-im-Raum-Konstruktion. Die in massiver Stampflehmbauweise errichteten Mauern verbessern die Schalldämmung auch im tieffrequenten Bereich, außerdem dämpfen ihre porigen Oberflächen die Akustik im Raum. Wie die Wände besteht auch der Boden aus Lehm, der hier auf Glasschaumschotter eingestampft und gewachst wurde. Die abgehängte Decke ist mit schilfarmierten Lehmbauplatten ausgeführt und mit gesiebtem Mauer- und Bodenmaterial verputzt.

Der dem Kino vorgelagerte Bar- und Bühnenbereich dient als Treffpunkt für das Publikum, ein- bis zweimal im Monat finden dort Konzerte, Theateraufführungen und Lesungen statt. Hier wurden jüngere Farb- und Verputzschichten des Mauerwerks entfernt, der originale Kalkverputz freigelegt und ergänzt. Die Holzdecke wurde mit Kalkkasein gestrichen, während der vorhandene Zementboden mit all seinen Spuren der Zeit erhalten blieb. Notwendige Einbauten wie die Bartheke, der Projektionsraum und die WC-Anlage wurden aus schwarzen Rohstahltafeln und massiver unbehandelter Eiche gefertigt. Auch die Kinosessel bestehen aus Eichenholz und verfügen dazu über eine Besonderheit: Ihre in Marrakesch hergestellten Schafslederüberzüge wurden von den Filmclubmitgliedern persönlich zu Polstern verarbeitet. -cr

Bautafel

Architekten: Capaul & Blumenthal Architects, Ilanz
Projektbeteiligte: Ingenieurbüro Giachen Blumenthal, Ilanz (Tragwerksplanung); Lehm Ton Erde Martin Rauch, Schlins (Lehmbau); Martin Kant Bauphysik, Chur (Schallschutz/Akustik); Peter Schneider Filmprojektion + Tontechnik, Boll (Kinotechnik); Brasser Light & Sound, Zizers (Filmtechnik); Aubry Sculptur Baukunst, Graubünden Ilanz (Lehm-, Kalk- und Natursteinarbeiten); MTU Montagen, Murg (Metallbauarbeiten)
Bauherr:
Filmclub Ilanz
Fertigstellung: 2010
Standort: Via Centrala 2, 7130 Glion/Ilanz
Bildnachweis: Laura Egger, Zürich; Bruno Augsburger, Zürich

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