Center for Digital Photonic Production in Aachen

Virtuelles Gebäudemodell für hochkomplexen Forschungsbau

Im Umfeld der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule RWTH Aachen gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Um diese zu fördern und auf verschiedene, gegenwärtig und künftig relevante Forschungsfelder auszubauen, entsteht seit 2009 der Campus Melaten als erste Ausbaustufe des RWTH Campus. Zu den als Cluster bezeichneten Fachgebieten gehören unter anderem die Themen Biomedizintechnik, Nachhaltige Energie und Photonik. Als ein Baustein des Letztgenannten wurde Ende 2017 im Nordwesten von Aachen das Center for Digital Photonic Production (CDPP) fertiggestellt. Die Generalplanung erfolgte durch das Beratungs- und Planungsbüro Carpus + Partner.

Das Gebäude ist Teil des entstehenden Campus Melaten im Nordwesten von Aachen
Im Erdgeschoss befinden sich die Räume mit den höchsten baudynamischen Anforderungen
Das Staffelgeschoss verfügt über eine Dachterrasse

Mit dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb Nordrhein-Westfalen als Auftraggeber, wurde das Vorhaben jeweils zur Hälfte durch Bund und Land finanziert. Das viergeschossige Forschungsgebäude mit u-förmigem Grundriss und niedrigerem Staffelgeschoss bietet eine Nutzfläche von rund 4.700 Quadratmetern. Wissenschaftler aus den Fachbereichen Physik, Maschinenbau, Werkstofftechnik, Elektrotechnik, Medizintechnik und Wirtschaftswissenschaften werden hier gemeinsam an der Erforschung von digitalen photonischen Fertigungsketten arbeiten – mit dem Ziel, die physikalischen Eigenschaften des Lichtes als Werkzeug für die industrielle Produktion der Zukunft nutzbar zu machen, etwa für Laserverfahren oder beim 3D-Druck.

Das Gebäude beherbergt neben physikalischen Laboren, die zum Teil über eine erstmals realisierte technologische Ausstattung verfügen, Büros und Werkhallen sowie die zugehörigen Neben- und Technikräume. Mit einem nach Norden offenen Innenhof wendet sich der Eingang künftig einem Platz und weiteren Forschungsgebäuden des Clusters Photonik zu. Die Erschließung erfolgt vom Campus Boulevard über Stichstraßen in westliche Richtung. Die Anordnung der Räume richtet sich in erster Linie nach den Anforderungen der Labore, für die das Gebäude statisch optimiert wurde. Solche mit höchsten baudynamischen Anforderungen (weit unterhalb der menschlichen Wahrnehmungsschwelle) sind auf einer nicht unterkellerten Bodenplatte im Erdgeschoss untergebracht. Dort ließen sich auch die aufgrund der schweren optischen Instrumente hohen Flächenlasten wirtschaftlich realisieren. Weitere Labore befinden sich im ersten und zweiten Obergeschoss, in den obersten Etagen überwiegend Büros.

BIM
Um Architektur und Technologie in Einklang zu bringen, ist Building Information Modeling ein hilfreiches Werkzeug. Auch äußerst komplexe, hochtechnologische Forschungs- und Industriebauten lassen sich mit der Methodik überschaubar und durchdringbar machen. Das CDPP ist das erste Projekt der Aachener Niederlassung des Bau- und Liegenschaftsbetriebs Nordrhein-Westfalen, das vollständig in BIM mit Vollintegration der Architektur, Gebäudetechnik, Laborausrüstung und Statik bearbeitet wurde. Als Generalplaner waren Carpus + Partner nicht nur für Entwurf, Planung und Bauausführung verantwortlich, sondern übernahmen auch das BIM-Management. Um die Planung des hochmodernen Gebäudekomplexes am aktuellen Stand der Technik auszurichten, erwies sich der Einsatz von BIM als ideal. Für den Bauherr entscheidend waren die drei Kriterien Kosten, Termine und Qualität. Die Arbeit mit nur einem digitalen Gebäudemodell, das sämtliche Daten über alle Leistungsphasen vereint, hat die Projektsteuerung erheblich erleichtert. Die benötigten Pläne oder Schnitte wurden automatisiert aus dem 3D-Modell generiert, zudem ließen sich verschiedene Tools zur Bauabwicklung, d.h. Ausschreibungen, Bauzeitenpläne oder Fertigstellungspläne, in das digitale Modell integrieren.

Die künftigen Nutzer des Gebäudes konnten die Umsetzung des Raumprogramms in eine hochmoderne Arbeitsumgebung vorab virtuell erkunden. Dies erfolgte innerhalb der Virtual-Realitiy-Installation CAVE (Cave Automatic Virtual Environment des Rechen- und Kommunikationszentrums der RWTH Aachen) mit einer Grundfläche von mehr als 25 Quadratmetern und drei Metern Raumhöhe. Insgesamt 24 HD-Beamer projizieren hoch aufgelöste Bilder auf die Seitenwände und den Boden. Die Besucher tragen Spezialbrillen und erhalten einen realistischen Eindruck, wie es ist, sich durch das künftige Gebäude zu bewegen. So lassen sich auch Details wie die Lage von Versorgungsanschlüssen, die Anordnung von Arbeitsflächen oder von Laufwegen lange vor Baubeginn prüfen und ggf. ändern.

Die Planung durch ein interdisziplinäres Team von Architekten, Ingenieuren, Prozess- und Laborplanern mithilfe von BIM fördere das kooperative Denken und Handeln aller Beteiligten, so der BIM-Koordinator. Die gemeinsame Arbeit am digitalen Gebäudemodell entwickele sich zum kooperativen Designprozess. Die Fachplaner bearbeiten ihre Teilbereiche modulartig, als Schnittstelle fungiert der BIM-Manager. Er definiert die Vorgaben für das ganzheitliche Datenmodell, prüft die Teilmodelle auf Konsistenz und mögliche Kollisionen und sorgt für die Aktualität des Datenbestands während der gesamten Projektdauer. Um die Vorteile aus der Planungsphase in die Ausführungsphase mitnehmen zu können, müssen auch die Montageplanungen der ausführenden Gewerke in 3D erstellt und durch den BIM-Manager in das Gebäudemodell integriert werden – die Grundvoraussetzung für eine vollständige Kollisionsprüfung. Gänzlich vermeiden lassen sich Kollisionspunkte in der Planungsphase nicht; dank der Zusammenführung aller Teilplanungen jedoch können falsch positionierte Rohrleitungen oder Abhängungen von Elektrotrassen einfach, schnell und frühzeitig korrigiert werden. Dafür wurden während der Werk- und Montageplanung alle Verantwortlichen mehrfach an einem Tisch zusammengebracht, die Kollisionspunkte gemeinsam besprochen und Lösungen gefunden. Diese Vorabkollisionsprüfung ersparte Termindruck und mögliche Diskussionen darüber, wer bei Fehlern die Verantwortung trägt und für notwendige Korrekturen zahlen muss.

Bautafel

Architekten: Carpus + Partner, Aachen
Projektbeteiligte: Carpus + Partner, Aachen (Generalplanung und BIM-Management); Uwe Wutzke, Aachen (Projektleitung BLB NRW)
Bauherr:
Bau- und Liegenschaftsbetrieb Nordrhein-Westfalen (BLB NRW), Aachen
Fertigstellung:
2017
Standort: Campus Boulevard 57, 52074 Aachen
Bildnachweis: Carpus + Partner, Aachen

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