Casa 1014 in Granollers

Zweischaliges Sichtmauerwerk mit verschiedenen Ziegelhöhen

Im Zentrum der katalanischen Kleinstadt Granollers sind Baugrundstücke rar. Wer hier seinen Traum vom eigenen Haus verwirklichen möchte, sollte sich mit dem Thema Bauen im Bestand auseinandersetzen. So wie die Familie, die im dicht besiedelten Stadtkern einen abbruchreifen Altbau auf einer schmalen, tiefen Parzelle erwarb. Nach eingehender Prüfung der Standfestigkeit schien von dem Bestandsbau allein die Ostfassade mit ihrem historischen Mauerwerk erhaltenswert. Die Bauherren beauftragten H Arquitectes aus Sabadell, ihnen das gewünschte Wohnhaus hinter dieser Mauer und zwischen den teils alten (Brand-)Wänden der Nachbargebäude zu entwerfen.

Der Neubau ist als eine sich über die gesamte Tiefe des Häuserblocks reichende Abfolge von Innen- und Außenräumen konzipiert
Den westlichen Gebäudeabschluss bildet eine neue Backsteinmauer, dahinter verbirgt sich ein überdachter Innenhof mit zwei Pkw-Stellplätzen
Zwischen der historischen Ostfassade (rechts unmittelbar hinter der neuen Backsteinmauer) und dem eigentlichen Wohnhaus (links) dient ein überdachter Innenhof als Eingangsbereich

Die Architekten konzipierten das Gebäude als eine Abfolge von Innen- und Außenräumen, die sich von Ost nach West über den gesamten, mehr als 53 Meter tiefen Häuserblock erstrecken und dabei die Grundstücksbreite von etwa 6,50 Metern gänzlich ausfüllen. Das Volumen gliedert sich im Wesentlichen in zwei große Baukörper: das „Familienhaus“ im Osten und das „Gästehaus“ im Westen. Im ersten wohnt die Familie, das zweite wird für gesellige Zusammentreffen und die Unterbringung von Gästen genutzt. Charakteristisch für das Erscheinungsbild beider Häuser sind die Materialien Backstein, Holz und ein wenig Metall.

Den Haupteingang bildet das mit einer neuen Tür versehene alte Eingangstor in der restaurierten Ostfassade. Von hier aus tritt man zunächst in einen glasüberdachten Innenhof. Das eigentliche, dreigeschossige und unterkellerte Wohnhaus beginnt erst etwa vier Meter hinter der alten Mauer. Auf diese Weise ist der die direkte Nachbarbebauung überragende Baukörper von der Straße aus nicht einsehbar. Außerdem ließen sich großflächige Fenster in den zurückversetzten Fassade anordnen, über die viel Tageslicht ins Gebäudeinnere gelangt, die aber ebenfalls unerwünschte Einblicke verhindern. An den Innenhof schließt im Erdgeschoss unmittelbar die große Küche an. Dahinter führt eine quer liegende, zweiläufige Holztreppe nach oben zu den privaten Schlaf- und Badezimmern und nach unten zu Hauswirtschafts- und Abstellräumen sowie einem Studio.

Im rückwärtigen Teil des Erdgeschosses befindet sich das Wohnzimmer mit Zugang zu Terrasse und Garten. Erstere ist als Holzdeck ausgebildet, ein darunterliegender Lichthof versorgt das Studio im Untergeschoss mit Tageslicht. Der Garten selbst besitzt einen Kiesboden und ist mit einzelnen Bäumen und Grünpflanzen zurückhaltend bepflanzt. An ihn grenzt ein mit einem Gründach überdeckter, zweiseitig offener Raum an, der mit einem Grill ausgestattet ist und als Freiluftwohnzimmer dient. Das eingeschossige Volumen ist mit dem Gästehaus gemeinsam unterkellert, durch einen weiteren kleinen Vorhof jedoch zugleich davon abgerückt. Die Holzbeplankung dieser Zwischenzone ist auch hier so ausgeführt, dass sie eine Belichtung des Gästeapartments im Untergeschoss ermöglicht. In den beiden oberen Etagen des Gästehauses befindet sich je ein großer Raum für gesellige Zusammenkünfte. Verbunden werden die Geschosse über eine einläufige Treppe. Zwischen dem Gästehaus und der westlichen Grundstücksgrenze, die durch eine neue Backsteinmauer mit Holzschiebetor markiert wird, gibt es schließlich noch einen, teils gläsern, teils massiv überdachten Innenhof mit zwei Pkw-Stellplätzen.

Mauerwerk
Das historische Mauerwerk der Ostfassade, das als ein Flickwerk aus verschiedenen Bruchsteinen und unterschiedlichen Ziegeln ausgeführt ist, wurde fachgerecht restauriert. Die Neubauten dahinter erstellte man – statisch unabhängig davon – in Massivbauweise. Die zweischaligen Außenwände besitzen eine Wärmedämm- und eine Luftschicht. Die 24 cm starke Tragschale besteht aus zwei Steinreihen, die im gotischen Verband im Wechsel von Läufer und Binder konstruktiv vermauert sind. Die 24 x 12 cm großen Steine variieren in der Höhe zwischen 3, 4, 5, 7, 9 und 9,5 cm, wobei die unterschiedlichen Schichtdicken der Gliederung der Fassade dienen und zugleich statischen Erfordernissen gerecht werden. Im Unter- und Erdgeschoss wurden 4 bzw. 5 cm hohe Vollziegel vermauert, in den Obergeschossen 7, 9 und 9,5 cm hohe Hochlochziegel. Einige Schichten besonders flacher Vollziegel mit nur 3 cm Steinhöhe markieren die Sockel- und Attikazonen sowie die Brüstungen und Stürze der frei in der Fassade angeordneten Fensteröffnungen. Innen ist das unverputzte Hintermauerwerk weiß gestrichen.

Zwischen äußerer und innerer Mauerschale ist eine 10 cm dicke Schicht aus hydrophobierten Holzfaser-Dämmplatten angeordnet. Die 11,5 cm starke Vorsatzschale ist hinterlüftet und wurde analog zu den Schichthöhen und dem Fugenbild des Hintermauerwerks ausgeführt. Die Bodenbeläge der Innenhöfe und des Grillplatzes sind mit in wechselnden Richtungen verlegten Klinkern verschiedener Formate gestaltet.

Bautafel

Architekten: H Arquitectes, Sabadell
Projektbeteiligte: DSM Arquitectes, Barcelona (Tragwerksplanung); Igetech / Àbac Enginyers, Sabadell (Haustechnik/Installationen); Fátima Vilaseca, Barcelona (Innenarchitektur); Anna Esteve, Barcelona (Landschaftsarchitektur); Gutex, Waldshut-Tiengen (Wärmedämmung); Ceràmicas Valera, Santa Cruz de Mudela (Ziegelhersteller)
Bauherr: privat
Fertigstellung: 2014
Standort:
Granollers bei Barcelona
Bildnachweis: Adrià Goula, Barcelona; H Arquitectes, Sabadell

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