Bürogebäude in Paris

Hybride Holzkonstruktion mit Plusenergiestandard

Am nordöstlichen Rand von Paris, an den Stadtautobahnring Boulevard Peripherique grenzend, entsteht seit 2002 das neue Stadtviertel Clichy Batignolles. Neben 3.400 Wohnungen bietet es großzügige Büro- und Gewerbeflächen, ein Gerichtsgebäude sowie vielfältige Freizeiteinrichtungen. Seit kurzem markiert der repräsentative Neubau des Green Office Enjoy, der als erstes Plusenergie Bürogebäude der Stadt gilt, den Eingang zum Quartier. Errichtet auf einem bereits vor zehn Jahren angelegten, brückenartigen Betondeckel, der eine Bahntrasse überspannt, wurde der Neubau durch das Architekturbüro Baumschlager Eberle Architekten und dessen Partnerbüro Scape Architecture entwickelt.

Mit dem Green Office Enjoy, das von Baumschlager Eberle Architekten in Zusammenarbeit mit Scape Architekten entworfen wurde, ist das Viertel um das erste Plusenegiegebäude der Stadt reicher.
Errichtet auf einem bereits vor zehn Jahren angelegten, brückenartigen Betondeckel, der eine Bahntrasse überspannt, bildet der Neubau einen Hochpunkt und markiert den Zugang zum Quartier.
Ausgehend von der polygonalen Grundform der Betonplatte bildet das Green Office drei Gebäudetrakte aus, die an einen zentralen Erschließungskern anschließen.

Der zehn Hektar große Martin-Luther-King-Park, der den Anwohnern eine großzügige Grünanlage mit Bäumen, Wiesen und Wasserflächen für Erholung und Freizeit bietet, markiert das Zentrum des neuen Quartiers. An einem der Hauptzugänge des Parks, der sich als Sichtachse in das Foyer des Bürogebäudes fortsetzt, liegt das Green Office Enjoy.

Landmarke in exponierter Randlage

In seiner Randlage bildet der Neubau einen Hochpunkt, der Bewohnern wie Besuchern als Landmarke dienen soll. Auch da der vorhandene Betondeckel bereits zehn Meter über den Schienenanlagen schwebt, erreicht der siebengeschossige Bau, der eine Nutzfläche von nicht weniger als 17.400 m2 bietet, eine beachtliche Höhe. Ausgehend von der polygonalen Grundform der Betonplatte bildet der Bau drei Gebäudetrakte aus, die an einen zentralen Erschließungskern anschließen. Da zwei der Trakte dem Verlauf der angrenzenden, leicht geknickten Straße folgen, bleibt die Sichtachse ungestört, während die Stirnseiten der Gebäudeflügel zugleich den Eingang des Quartiers markieren. Der dritte Trakt ist nahezu orthogonal positioniert und bildet dadurch gefasste Außenbereiche. Öffnet sich das Gebäude im Nordwesten somit zum angrenzenden Stadtraum, wurde im Südwesten ein internes, begrüntes Patio eingesetzt. Terrassenartig aufgebaut, endet es auf einer Dachfläche des dritten Obergeschosses, wo man sich bereits in 19 Metern über den Gleisen befindet. Neben den Höfen bietet jeder der Flügel zudem eine Loggia, die sich im fünften Obergeschoss, jeweils an der Giebelseite befindet und Ausblicke auf die Sacre-Coeur im Süden, den Eiffelturm im Westen und das nahegelegene Justizzentrum im Norden bieten.

Cappuccinofarbene Fassade mit vertikaler Gliederung

Die Gebäudehülle des Bürohauses, die aus cappuccinofarbenen Aluminiumelementen besteht, gliedert sich in drei horizontale Schichten, die unterschiedlich weit in den Straßenraum kragen. Dadurch bilden sie flache Überdachungen aus und entfalten zugleich eine differenzierte plastische Wirkung. Diese horizontale Teilung wird durch die aufrecht stehenden Fenster konterkariert, die ganz der Pariser Tradition folgen und nach Aussage der Architekten einen standhaften Eindruck vermitteln sollen. Dabei zeichnet sich das Erdgeschoss, das eine doppelte Raumhöhe aufweist, durch deckenhohe Öffnungen aus. Während die darüber liegenden vier Geschosse mit einfachen, regelmäßig gesetzten Fenstern ausgestattet sind, wurden für die obersten drei Geschosse Fenster schmaleren Formats eingesetzt, die durch die Fassadengestaltung als durchgehende, vertikale Elemente wirken.

Brückenartige Betondecke: Herausforderung und Potenziale

Die vorhandene Betondecke, die die Bahnstrecke wie ein Podium überplattet, bot zwar viele städtebauliche Qualitäten und Potenziale – so konnte der Neubau als Landmarke inszeniert werden. Zugleich aber stellte er die Planenden vor besondere Herausforderungen, da Höhe, Form sowie Auflagerpunkte und Gesamtlasten der Brücke unveränderbare Parameter bildeten. Galt es weiterhin, die enormen Höhenunterschiede der Plattenoberfläche auszugleichen, musste vor allem aber das Gewicht des Bürobaus möglichst gering gehalten werden. Aus diesem Grund entschieden sich die Architekten für eine hybride Konstruktion aus dem leichten und nachhaltigen Material Holz – eine klassische Betonkonstruktion hätte das zulässige Gewicht überschritten. Um die Höhenunterschiede der Betonplatte zu nivellieren, musste jedoch das Sockelgeschoss in Beton errichtet werden. Diese Betonkonstruktion liegt vollständig auf dämpfenden Federn, die die Schwingungen aus dem Bahnbetrieb abfangen und den Bau vor Schäden schützen. Darüber beginnt das Tragwerk aus Holz; lediglich die Erschließungskerne wurden in Stahlbeton errichtet, für die Aussteifungselemente und den Dachaufbau wurde Stahl eingesetzt.

Nachhaltig Bauen: Hybride Holzkonstruktion mit Plusenergiestandard

Auch weil die Mieter während der Planung noch nicht feststanden, sollten die Bürogeschosse möglichst flexibel und frei gestaltet werden können. Daher wurde eine Pfosten-Riegel-Konstruktion aus verleimtem Schichtholz (Fichte und Tanne) mit dem klassischen Büroraster von 1,35 m gewählt, mit dem übliche Raumgrößen möglich sind. Die Geschossdecken, die als Heiz-Kühldecke ausgeführt sind, bestehen aus Kiefern-Brettsperrholz und sind mit einer schallschützenden Trittschalldämmung ausgestattet. Die Fassaden bauen sich aus einem Massiv-Holzfachwerk, Grobspanplatten (OSB), Mineralwolle und den abschließenden Aluminiumkassetten auf. Mit der Holzkonstruktion gehen viele Vorteile einher: So werden 2.900 Tonnen CO2 gegenüber einem klassischen Betonbau eingespart, was der Pflanzung von 1.500 Bäumen entspricht. Die 2.700 m3 Holz, die aus Österreich und Skandinavien bezogen wurde, binden außerdem 520 Tonnen CO2, da Holz als natürlicher Kohlenstoffspeicher wirkt. Zudem weist das Gebäude einen geringen Energieverbrauch von 19 kWh/(m²a) auf. Die 1.700 m² große Photovoltaikanlage auf dem Dach generiert 22 kWh/(m²a) Sonnenenergie, wodurch das Gebäude 23 % mehr CO2-freie Energie erzeugt, als es verbraucht und somit Plusenergiestandard erreicht. -si

Bautafel

Architektur: Baumschlager Eberle Architekten (leitendes Büro); Scape Architecture (Partnerbüro)
Projektbeteiligte: Scyna 4, Ivry-sur-Seine (Tragwerksplanung), Arcora, Paris (Fassade); AIA Ingénierie, Mérignac (Tragwerksplanung Holz); Barbanel, Bagneux (Haustechnik); Energelio, Lille (Nachhaltigkeit); Latz + Partner, Kranzberg; Techni'cité, Verrières le Buisson (Landschaftsarchitektur); Lamoureux Acoustics, Paris (Akustikplanung)
Bauherrschaft: Bouygues Immobilier; Caisse des dépôts et consignations
Standort: Rue Mstislav Rostropovich 80, 75017 Paris, Frankreich
Fertigstellung: 2019
Bildnachweis: Luc Boegly, Paris; Vectuel-Studiosezz-PBA; Baumschlager Eberle Architekten, Lustenau

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In der nördlichen Hemisphäre erzielen Südfassaden im Winter die höchsten solaren Wärmegewinne, im Sommer lassen sie sich am leichtesten gegen Überhitzung schützen (im Bild: VM Häuser in Orestad/Kopenhagen, 2005; Architektur: BIG + JSD = PLOT, Kopenhagen).

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