Bürogebäude in Oberhasli

Hülle aus doppelwandigen Keramikwellen

Eine Menge Haselsträucher muss es im Zürcher Unterland gegeben haben, anders lassen sich die Ortsnamen Hasliberg und Mettmenhasli, Niederhasli und Oberhasli kaum erklären. Das letztgenannte ist ein Dorf, an dessen südöstlichem Rand ein kleines Industriegebiet liegt. Hier hat das Bauunternehmen L. Gasser seinen Werkhof – und hier hat es sich auch ein neues Bürogebäude errichten lassen. Der Entwurf dafür stammt von den Architekten Käferstein und Meister aus Zürich.

Der mit Keramikplatten verkleidete Baukörper vom Hof des Bauunternehmens aus
Die große Haupthalle: links der Betonkern mit den Nebenräumen, darüber die 1,40 m hohen Deckenträger
Ein außen liegendes Verschattungssystem schützt die Büroräume vor zu viel Sonnenlicht

Am Rand des Industrieareals gelegen, fasst der längliche Neubau die bis dahin ungeordnete räumliche Situation und schafft einen klaren Abschluss zur Landschaft und den landwirtschaftlich genutzten Flächen nach Westen hin. Der im Prinzip eingeschossige Baukörper ruht auf zwei massiven Pylonen, was ihm nicht nur eine schwebende Erscheinung verleiht, sondern auch das Rangieren der Baufahrzeuge auf dem Werkhof erlaubt. Gleichzeitig weist die Brückenkonstruktion auf die entscheidende Rolle des Tragwerks hin, die den Raumkörper formt. Seine klare Außenhülle ist mit vertikalen, hellgrün-grauen Keramikplatten verkleidet, die oben und unten von Betongurten eingefasst sind. Dazwischen spannen sich schmale, raumhohe Fensteröffnungen in regelmäßigen Abständen. Das Ganze wirkt leicht, klar, fast schwerelos. Im Unterschied dazu ist im Gebäudeinneren die große Kraft der Betonkonstruktion zu spüren.

Der auf den massiven Pylonen lagernde Ortbetonkern besteht aus zwei in einem Abstand von 1,60 m angeordneten Trägern in der Mitte des Gebäudes. Er trägt eine Serie vorgefertigter 1,40 m hoher Deckenträger, die von Fertigteildecken überspannt und mit einem Überbeton zu einer massiven Decke vergossen wurden. An die Träger sind längsseitig die U-förmigen Außenwandelemente befestigt, an denen wiederum die untere Betondecke aufgehängt ist. Die Stirnseiten sind mit beiden Deckenplatten verbunden und steifen die Konstruktion aus. Sämtliche umfassenden Wände und Decken sind statisch notwendige Bauteile.

Der Betonkern teilt den Baukörper in die äußerst großzügige offene Halle mit Empfang und Administration auf der einen und den Büros auf der gegenüberliegenden Seite. Im Kern sind die Treppenanlage sowie alle Nebenräume wie Archive, Küche und Toiletten untergebracht. Von hier werden auch sämtliche Installationsleitungen für Wasser, Luft und Energie in Querrichtung in die Büroräume und die Halle verteilt. Alle Trennwände wurden in Kalksandstein aufgemauert und können bei Bedarf entfernt oder versetzt werden. Prägendes Material im Gebäudeinneren ist jedoch der Beton, der in zwei Oberflächenqualitäten zum Einsatz kommt: roh an Ort gegossen und schalungsglatt industriell vorfabriziert. Zusammengefügt spiegeln sie die Herstellung des Gebäudes wieder. Eine fast transparente, weiße Lasur lässt den Abdruck der abgenutzten groben Schaltafeln der Ortbetonwände hervortreten. Für die Architekten sind sie „eine Metapher für die Schönheit des Gebrauchs und die Handschrift des Machens.“

Fliesen und Platten
Die äußere Hülle des Baukörpers besteht aus hinterlüfteten, leicht gewellten Keramikplatten über einer bis zu 32 cm starken Wärmedämmung. Erst aus der Nähe ist ihre feine Längsprofilierung zu erkennen, welche die ohnehin vertikale Gliederung der Fassade betont. Zusammen mit den unterschiedlichen Farbtönen verleiht sie dem Gebäude ein leicht variierendes Erscheinungsbild, das sich je nach Lichteinfall im Tagesverlauf verändert. Die verschiedenen Farbabstufungen beruhen auf dem Brennprozess der Keramikelemente mit unterschiedlich hohen Temperaturen.

Um die Wellenstruktur optisch nicht zu unterbrechen, wurden sämtliche Laibungselemente mit demselben Keramikprofil ausgeführt, wobei die Ausbildung der versteckten Rollladenschienen besonderes Augenmerk verlangte. In den Gebäudekanten entschieden sich die Planer gegen eine herkömmliche Eckausbildung auf Gehrung, um ein aufwendiges Schneiden der Platten zu vermeiden. Stattdessen stoßen die einzelnen Platten jetzt offen aufeinander. Ihre sichtbare poröse Stirn zeichnet sich an den Ecken, Kanten und Stürzen ab, hebt diese hervor und verleiht der Fassade insgesamt räumliche Tiefe.

Die stehenden, jeweils 1,80 hohen Keramikelemente wurden mittels einer Aluminium-Unterkonstruktion, bestehend aus Konsolen und horizontalen L-Profilen, nicht sichtbar an den nur 8 cm dicken Außenwandscheiben befestigt. Jede Fassadenplatte wurde mit vier punktuellen Klammern montiert: die beiden unteren dienen als Auflager, die beiden oberen wirken gegen Windsog. Da die Platten komplett eigensteif sind, konnte auf eine Mittelunterstützung verzichtet werden. Gleichzeitig sind sie sehr widerstandsfähig, wartungsfrei, haben einen äußerst langen Lebenszyklus und sehen außerdem toll aus, vor allem in der präzisen Umsetzung am Bürogebäude in Oberhasli.

Bautafel

Architekten: Käferstein & Meister, Zürich/CH, Projektleitung: Florian Berner, Urban Blaas
Projektbeteiligte: Schneider & Partner, Schindellegi/CH (Bauleitung); Dr. Lüchinger + Meyer, Zürich (Ingenieur); Gasser Fassadentechnik, St. Gallen/CH (Fassadenplaner und Systemlieferant); Grünberg & Partner, Zürich (HLKS-Planung); L. Gasser Hoch- und Tiefbau, Zürich (Ausführung); Nägelebau, Röthis/A (Betonfertigteile); NBK Keramik, Emmerich/D (Hersteller Fassadenplatten); Burkhardt Gebäudehülle, Maienfeld/CH (Montage Fassade)
Bauherr: Bauunternehmen L. Gasser, Zürich
Fertigstellung: 2011
Standort:
Rütisbergstraße 11, 8156 Oberhasli, Schweiz
Bildnachweis: Future Documentation / Erica Overmeer

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