Büro- und Gewerbekomplex Centro Tesoro in München

Revitalisierung der ehemaligen Sektkellerei Nymphenburg

Einst befand sich im Bezirk Riem der Münchner Flughafen, der 1992 geschlossen und verlegt wurde. Unweit des ehemaligen Flufhafengeländes hatte die Sektkellerei Nymphenburg seit 1995 ihren Unternehmens- und Produktionssitz, ehe sie umzog und der gesamte Gebäudekomplex 2016 von der Schwaiger Group erworben wurde. Die Gebäude aus den 1980er- und 1990er-Jahren waren da längst in die Jahre gekommen und konnten nicht mehr weitergenutzt werden. Der neue Eigentümer entschied sich dennoch gegen einen Abriss und für die Revitalisierung mit dem Ziel der zertifizierten Nachhaltigkeit.

Grundlage der Revitalisierung nach Plänen der Schwaiger Group waren die drei Säulen Gebäudehülle, Gebäudetechnik und Energieerzeugung.
Wichtiger Teil des Projekts war u.a. die Ertüchtigung der Gebäudehülle, um eine wesentlich bessere Wärmedämmung zu erreichen.
Unter den Parkplätzen sind Sensoren verbaut, die die Bewegungs- und Standzeitquote erfasst.

Hinter dem nicht ganz einfachen Vorhaben nach Plänen der Schwaiger Group stand der Anspruch „Green Building statt Green Washing“, also die Nachhaltigkeit nicht nur im fertiggestellten Bauprojekt zu erhalten, sondern auch den Weg dorthin nachhaltig zu gestalten und den Gebäudekomplex durch umfassende Maßnahmen und Eingriffe architektonisch wie energetisch zukunftsfähig zu machen. Deshalb war die Graue Energie von Beginn an ein wichtiges Thema für alle Projektbeteiligten. Die Immobilie sollte außerdem um zwei Vollgeschosse aufgestockt werden.

Ertüchtigung des Bestandsbaus

Eine der größten Herausforderungen im Zuge des Umbaus war die Statik, denn es gab keine Unterlagen zur Bestandsstatik mehr. Die Einteilung des Baus in die Gebäudeklasse 5 allerdings verlangte Nachweise über dieselbe samt Prüfstatik. Es mussten deshalb alle Stützen und Fundamente geröntgt werden, um deren Standfestigkeit belegen zu können. Da das Grundstück außerdem im Bereich des ehemaligen Flughafens liegt, der Ende des Zweiten Weltkriegs komplett zerstört wurde, musste vor der Ertüchtigung der Fundamente durch bis zu zwanzig Meter tiefe Bohrpfähle nach Bombenblindgängern gesucht werden. Die Recherchen dazu führten bis nach England, wo man alte Luftaufnahmen sichtete. Zudem wurde mittels Sonar der gesamte Boden abgesucht. Damit die Halle schlussendlich um zwei Büro-Volletagen aufgestockt werden konnte, ließ die Schwaiger Group diese erst bauen und dann gegenüber den Behörden durch einen Statiker ihre Tragfähigkeit bestätigen.

Vorausschauende Sanierung

Bei der Revitalisierungsmaßnahme haben die Planerinnen und Planer die drei Säulen der Energiewende berücksichtigt: Gebäudehülle, Anlagentechnik und Energieerzeugung. Der Dämmstandard der sanierten Hülle (Dächer, Wände, Fußböden) liegt jetzt vierzig Prozent über den gesetzlichen Vorgaben. Geheizt wird mit einer effizienten Gas-Brennwert-Technik. Geregelt wird die gesamte TGA-Einrichtung durch eine smarte Gebäudeleittechnik, was besonders bei den Stromkosten ein hohes Einsparpotenzial birgt. Auch auf den Verbrauch von Primärrohstoffen wurde geachtet und – wo möglich – recyceltes Material verwendet, etwa beim Bodenbelag oder bei der Mineralwolle-Dämmung. Für die Aufstockung und Verstärkung der bestehenden Bausubstanz wurde Recycling-Beton verwendet.


Größte PV-Anlage Münchens

Einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks des Bauwerks liefert die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach, die mit einer Fläche von 10.000 Quadratmetern sogar die größte innerstädtische Aufdach-PV-Anlage Münchens ist. Insgesamt 568 PV-Paneele produzieren dabei eine Leistung von 428 kWp, was (laut Energiesimulation) eine jährliche Stromproduktion von 331.200 kWh bedeutet. Die Anlage wird im Mieterstrommodell betrieben, was bedeutet, dass sie an die Stadtwerke München (SWM) verpachtet ist. Die SWM übernehmen damit die Rolle des Erzeugers sowie gleichzeitig des Lieferanten und bieten den Strom allen Unternehmen im Gebäude zu günstigeren Konditionen an. So ist der Strom für die mietenden Unternehmen rund zehn Prozent günstiger als zugekaufter Strom aus dem Netz. Überschüssiger Strom fließt ins Stromnetz, umgekehrt wird bei Bedarf Strom aus dem Netz bezogen.

Hohe Emissionseinsparung

Um zu berechnen, wie viel CO₂-Äquivalent durch die Revitalisierung gegenüber dem Abriss und Neubau eingespart wurden, hat Schwaiger das Global Warming Potential (GWP) berechnet und sich dabei an den Zielwerten der DGNB orientiert. Das Ergebnis der Berechnung: Durch die Revitalisierung und Erhaltung des Bestands wurden 10.380 Tonnen CO₂ eingespart. Durch die PV-Anlage, den Austausch der Oberlichter sowie Leuchtmittel (LED) und ähnliche Kleinmaßnahmen werden Stromeinsparungen von 713.778 kWh/a erzielt. Der Austausch des Heizkessels, die Dämmung der Dächer, Wände und Fußböden bewirkt Wärmeeinsparungen von 1.070.803 kWh/a. Insgesamt wird durch die Maßnahmen somit eine jährliche Einsparung 1.784.581 kWh/a erreicht. All das entspricht einem CO2-Äquivalenzwert von 550,7 Tonnen. (Der Rechnung liegen der Emissionsfaktor für Strom des Umweltbundesamtes (2019) von 401g/kWh und der Emissionsfaktor für Erdgas der GEMIS-Datenbank vom 0,247kg/kWh zugrunde.)

Die Bemühungen brachten dem Gebäudekomplex als erste Bestandsimmobilie bundesweit die höchstmöglichen Auszeichnung des internationalen Green Building Labels LEED Platin (Leadership in Energy and Environmental Design) ein, das vom U.S. Green Building Council vergeben wird. -tg

Bautafel

Architektur: Schwaiger Group, München (alle Leistungsphasen außer Genehmigungsplanung)
Bauherr/in: Schwaiger Group, München
Fertigstellung: 2020
Standort: Martin-Kollar-Straße 4, 81829 München
Bildnachweis: Schwaiger Group, München

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