Büro- und Geschäftshaus G8 in Bordeaux

Raster mit Brüchen

Die Bassins à Flot sind ein Hafenbecken im Norden von Bordeaux. Sie grenzen an das Arbeiterviertel Bacalan und dienten ursprünglich der Abfertigung und Instandhaltung von Handelsschiffen. Die Lage an dem Fluss Garonne, der unweit in die Gironde und von dort schließlich in den Atlantik mündet, sorgte ab 1880 bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts für einen regen Betrieb. Nun ist das Areal Teil eines Stadtentwicklungsprojekts, bei dem die bisher vor allem von Gewerbe geprägte Umgebung in ein lebendiges Quartier zum Wohnen und Arbeiten verwandelt wird.

Das Büro- und Geschäftshaus G8 auf der Westseite des Hafenbeckens wurde von Martin Duplantier Architectes geplant.
Die Hülle aus Sichtbeton prägen zahlreiche Öffnungen, die versetzt zueinander angeordnet sind.
Die Lochfassade integriert zwei seitlich angeordnete Dachterrassen, die dadurch räumlich gefasst werden.

Viele der neuen Bauten beziehen sich in ihrer Geometrie und Gestaltung auf den Ort und seine Geschichte. So auch das Büro- und Geschäftshaus G8 auf der Westseite des Hafens, das von Martin Duplantier Architectes geplant wurde. Die Hülle greift die Form einer Halle mit Satteldach auf, und erinnert so – zusammen mit dem benachbarten Gebäude G7, das zeitgleich entstand und dasselbe Volumen einnimmt – an die Werften und Lagerhäuser, die hier zuvor angesiedelt waren.

Mit Blick auf den Bunker
Der Bau befindet sich schräg gegenüber der mächtigen Base Sous-Marine, einer von fünf um 1940 am Atlantik errichteten U-Boot-Bunkern. Der kolossale Stahlbetonbau wird inzwischen kulturell genutzt und ist – neben zahlreichen weiteren unkonventionellen Nutzungen auf der Ostseite der Becken – ein Anziehungspunkt für Kultur- und Kunstbegeisterte.

Wie der Bunker ist das neue Geschäftshaus in Stahlbeton errichtet, allerdings ist es von zahlreichen Öffnungen geprägt, die versetzt zueinander angeordnet sind. Überall dort, wo die thermische Gebäudehülle Einschnitte und Rücksprünge zeigt, sind die entsprechenden Öffnungen vollflächig verglast.

Gefasste Leerräume
Die Lochfassade integriert zwei seitlich angeordnete Dachterrassen, die dadurch räumlich gefasst werden. Auf einer Seite ragt dieser Bereich wie ein Zwerchgiebel über die Traufseite hinaus. Die Leerräume werden von halboffenen Dächern gekrönt, wodurch die Räume belichtet und als Erholungsfläche oder für Veranstaltungen genutzt werden können.

Im Erdgeschoss sind Läden angeordnet, die sich in u-Form um einen Bereich mit Parkplätzen legen. Darüber sind zwei Büroetagen untergebracht, die jeweils Platz für bis zu vier Unternehmen bieten. Die Erschließungsachse teilt die Grundrisse in den Obergeschossen entlang des Giebels in zwei Abschnitte. In einen Teil des Gebäudes hat sich bereits eine private Hochschule für Management eingemietet.

Beton: Nur dem Anschein nach vorgefertigt

Betoniert wurde die tragende Hülle Geschoss für Geschoss, wobei die Decken jeweils im Anschluss entstanden. Die äußere Erscheinung ist durch den Versatz der Öffnungen geprägt: Geschlossene und offene Flächen haben dabei fast überall die gleiche Breite und sind geschossweise abwechselnd angeordnet.

Der Eindruck einer kammartigen Überlappung der Fassadenflächen entsteht dadurch, dass der Sichtbeton entsprechend dieses Rasters streifenartig gegliedert ist. Erreicht wurde diese Struktur durch Einlagen in die Schalung, die für vertikale Fugen sorgen. Dadurch wirkt die Hülle auf den ersten Blick als sei sie aus vorgefertigten Einzelelementen zusammengesetzt. Nur die feinen Abdrücke der Schaltafeln sowie die Ankerlöcher verraten, dass es sich um eine Textur handelt, die vor Ort geschaffen wurde.

Unterteilt in kleine Häppchen
Dem Eindruck einer Rasterfassade wirkt entgegen, dass die Fenster unterschiedlich hoch sind und nicht immer an der gleichen Stelle in den Öffnungen sitzen: Zum Teil sind sie bündig mit der Außenwand, zum Teil zurückversetzt. Dabei erfolgt ein geschossweiser Wechsel. Für eine weitere Belebung der Hülle kehrt sich dieses Prinzip in den Ansichten mehr oder weniger regelmäßig um. Für eine homogene Oberfläche sorgt eine abschließende, leicht deckende Beschichtung des Sichtbetons.

Im Bereich der Dachterrassen bleibt der Beton auch auf der Innenseite sichtbar. Das halboffene Dach besteht aus Fertigteil-Trägern, auf die ebenfalls vorgefertigte Streifen aus Beton montiert wurden. -chi

Bautafel

Architektur: Martin Duplantier Architectes, Bordeaux
Projektbeteiligte: Eiffage Construction Nord Aquitaine (ECNA), Bordeaux (Generalplanung), Math Ingénierie, Bègles (Bauphysik)
Bauherrschaft: Eiffage Immobilier
Standort: Bassins à Flot, Dock G8, 83 rue Lucien Faure, 33081 Bordeaux, Frankreich
Fertigstellung: 2019
Bildnachweis: Schnepp Renou, Paris/Berlin (via v2.com)

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