Brandschutzkonzepte - Kompensationsmaßnahmen

Bei Abweichungen vom Baurecht

Obwohl in den letzten Jahren fünf Länder (Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Hessen und Nordrhein-Westfalen) durch Novellierungen der Landesbauordnungen (LBO) den Holzbau deutlich vereinfacht haben, ist in allen anderen Ländern mehrgeschossiger Holzbau nur mit Abweichungen vom Baurecht möglich. Im Ergebnis bedeutet das, dass hier das Standard-Brandschutzkonzept der Bauordnung verlassen wird und neue, „abweichende” Wege begangen werden müssen.

Während für den Holzbau beim Feuerwiderstand tragender, aussteifender oder raumabschließender Bauteile keine Kompromisse eingegangen werden müssen – auch mit brennbaren Baustoffen lassen sich Feuerwiderstandszeiten bis 90 Minuten und mehr herstellen – betreffen die Abweichungen insbesondere die Anforderungen an

  • die Klassifizierung der verwendeten Bau- und Dämmstoffe oder einer erforderlichen brandschutztechnisch wirksamen Bekleidung
  • die Abschottung von Öffnungen für die Durchführung von Installationen durch raumabschließende Bauteile.

Diese Abweichungen müssen im Brandschutznachweis (bautechnischer Nachweis Brandschutz, kurz: BSN) benannt, begründet und durch anderweitige Brandschutzmaßnahmen kompensiert werden. Es muss der sichere Nachweis erbracht werden, dass gegen diese Abweichungen keine Bedenken hinsichtlich des Brandschutzes bestehen, und dass die erforderlichen Schutzziele vollumfänglich erreicht werden. Ein BSN im Rahmen der Genehmigungsplanung ermöglicht so die für den Einsatz von Holz nötige Anpassung der Brandschutzanforderungen – Verwendung brennbarer statt nichtbrennbarer Baustoffe – und beschreibt gleichzeitig die Kompensationsmaßnahmen, die geeignet sind, das erforderliche Schutzniveau der Bauordnung sicher zu erreichen.

Kompensation mit Anlagentechnik

Als Kompensation dieser und ähnlicher Abweichungen von baulichen Brandschutzanforderungen boten sich in der Vergangenheit einfache Maßnahmen und Einrichtungen an, die im betrachteten Bauvorhaben baurechtlich nicht explizit gefordert waren. Bei Standardbauten – Wohngebäuden, Bürobauten, kleinen Verkaufsstätten oder Versammlungsbauten – waren dies ggf. nur einfache Rauchwarnmelder (RWM). Da diese inzwischen in allen Ländern vorgeschrieben sind, müssen weitergehende technische Anlagen zur Branderkennung und Alarmierung (z.B. Hausalarmanlagen oder Brandwarnanlagen) in Erwägung gezogen werden.

Bei geregelten Sonderbauten (solche, für die es Verordnungen gibt, beispielsweise Versammlungsstätten) kommen bereits im Regelfall Brandmelde- oder Löschanlagen zum Einsatz, die dann zur Kompensation einer erhöhten Gefährdung durch brennbare Baustoffe zusätzlich ertüchtigt werden müssen. Bei ungeregelten Sonderbauten, beispielsweise Kindertagesstätten, existieren dagegen keine Verordnungen, die ein eindeutiges Sicherheitsniveau festlegen. In diesem Fall muss ein individuelles Sicherheitsniveau im Zuge einer Risikoanalyse im Brandschutznachweis ermittelt werden – und die dafür erforderlichen Brandschutzmaßnahmen.

Erweiterte Brandschutzmaßnahmen

Neben den Kompensationen mithilfe brandschutztechnischer Anlagen können auch zusätzliche oder erweiterte Maßnahmen des baulichen und abwehrenden Brandschutzes als Kompensation für Abweichungen eingesetzt werden. Diese müssen dann über das baurechtlich und feuerwehrtechnisch erforderliche Maß hinausgehen und ein Defizit in anderen Bereichen ausgleichen. Das kann beispielsweise betreffen:

  • die horizontalen und vertikalen Rettungswege
  • die Bauart der Brandwände sowie notwendiger Treppen und Treppenräume
  • die Ausführung der Bauteilanschlüsse
  • die Anordnung der Aufstell- und Bewegungsflächen der Feuerwehr
  • die Versorgung mit Löschwasser
  • zusätzliche feuerwehrtechnische Einrichtungen, z.B. halbstationäre Löschanlagen.

Autor: Reinhard Eberl-Pacan

Weitere Informationen zum Thema bietet die Publikation Brandschutzkonzepte für mehrgeschossige Gebäude in und Aufstockungen vom Informationsdient Holz, Holzbau Handbuch Reihe 3, Teil 5, Folge 1 zu finden (siehe Surftipps).

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