Bogenschießhalle und Boxclub in Tokio

Komplexe Dachkonstruktionen aus japanischer Zypresse und Resthölzern

Kyudo („Weg des Bogens“) heißt die japanische Kunst des Bogenschießens. Sie wird dort seit dem 16. Jahrhundert ausgeübt und nimmt bis heute einen hohen kulturellen Stellenwert ein. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Schulen und Universitäten ihre eigene Kyudo-Clubs haben, in denen nach dem regulären Unterricht trainiert wird. Das Architektenduo Katsuya Fukushima und Hiroko Tominaga aus Fukushima hat mit der Kyudo Bogenschießhalle einen solchen Club für die Kogakuin Universität in Tokio entworfen. In unmittelbarer Nähe planten sie zugleich ein weiteres Gebäude für den Boxclub der Universität.

Die 7,20 auf 10,80 Meter große Kyodo Bogenschießhalle verfügt über eine Dachkonstruktion aus filigranen Holzlatten.
In einem Raster von 60 x 60 cm angeordnet erzeugen die filigranen Latten eine tiefe räumliche Wirkung.
Die Dreiecksrahmen sind in einem Abstand von 60 cm hintereinander aufgestellt und mit Stahlwinkeln auf die Ringsbalken montiert.

Stabwerk aus der Möbelherstellung

Die wichtigste Vorgabe des Bauherrn für die Errichtung der zwei gleich großen Häuser war ein kostengünstiges Tragwerk aus regionalem Holz, das jeweils einen stützenfreien Raum von 7,20 auf 10,80 Meter überspannen sollte. Die Größe entspricht der eines Gebetsraums in einem traditionellen japanischen Tempel. Nach vielen Experimenten und einem engen Austausch mit Holz-Fachleuchten und Herstellern entschieden sich die Architekten für eine eher unkonventionelle Lösung: Für die Konstruktion der Bogenschießhalle entwickelten sie ein feingliedriges räumliches Stabwerk aus japanischem Zypressenholz, das üblicherweise für die Möbelherstellung verwendet wird, für das Tragwerk des Boxclubs wählten sie fehlerhafte Hölzer, die im Handel aussortiert wurden.

Die beiden nach außen hin unscheinbaren Hallen stehen nur wenige hundert Meter entfernt voneinander in einem Park auf dem Universitätsgelände. Die Bogenschießhalle hat ein mit Zink gedecktes Giebeldach und ist von drei Seiten mit einer Holzschalung verkleidet. Die vierte Seite besteht aus Plexiglas-Faltschiebeelementen, die sich bei Bedarf über die gesamte Länge des Übungsraums zu einem Hof öffnen lassen. An dessen Ende befinden sich in 28 Metern Entfernung an einer überdachten Wand die Zielscheiben für das Training.

Der Boxclub besitzt ein etwas flacheres Giebeldach, das ebenfalls mit Zink bedeckt ist. Die Längsseiten sind mit grau lackierten Holzplatten verkleidet, die Stirnseiten haben eine Fassade aus Plexiglas. Wenn die Halle abends von innen beleuchtet ist, werden die Passanten im Park zu Zuschauern des Boxkampfes, der sich im Gegenlicht als Schatten auf der Fassade abzeichnet.

Bogenschießhalle: Enges Raster und schlanke Dimensionen

Dachkonstruktion der Bogenschießhalle ist in ein enges räumliches Raster von 600 x 600 x 600 mm gegliedert. Dadurch konnten die einzelnen Latten des Tragwerks sehr schlank dimensioniert werden. Die Dachsparren bestehen aus jeweils zwei im Querschnitt 120 x 36 mm starken, miteinander verschraubten Brettern. Dazwischen sitzen in regelmäßigem Raster senkrechte Bündel aus je vier Kanthölzern mit einem quadratischen Querschnitt von 36 mm. Durch vorgefertigte Auskantungen umschließen die Bündel sechs übereinanderliegende waagerechte Latten mit einem Querschnitt von 24 x 50 mm. So entstanden stabile Dreiecksrahmen, die hintereinander aufgestellt und mit Stahlwinkeln auf die Ringbalken montiert wurden. Anschließend wurden sie mit im Querschnitt 12 x 50 mm messenden, in Längsrichtung des Gebäudes verlaufenden Latten verbunden. An den Knotenpunkten sind die waagerechten und senkrechten Hölzer noch einmal mit Schrauben fixiert.

Ein wenig robuster: der Boxclub

Das Tragwerk des Boxclubs ist robuster aufgebaut als das der Bogenschießhalle. Es besteht aus Kanthölzern mit einem quadratischen Querschnitt von 120 mm und ruht auf den Längsseiten des Gebäudes auf jeweils 15 Pfeilern, die in einem Abstand von einem Meter zueinander stehen und auf denen der Ringbalken befestigt ist. An den Pfeilern sind außen und innen senkrecht und um 45 cm zueinander versetzt jeweils zwei kurze Kanthölzer befestigt. Dieses Pfeilerbündel bildet das Auflager und dient gleichzeitig als Einspannung für die Außenwände. Auf den Pfeilerköpfen lasten quer zur Außenwand 120 x 120 x 1.940 mm große Kanthölzer. Diese ragen rund einen Meter in den Raum hinein, durchdringen die Außenwand und bilden den Dachüberstand aus. Im Inneren liegen quer darauf kurze, etwa 30 cm lange Hölzer. Auf denen wiederum lasten die die gesamte Länge der Halle überspannenden Längsbalken, über welche die gestaffelten Dreiecksrahmen verbunden und ausgesteift werden. Mittels langer Bolzen sind die aufeinandergestapelten Balken und Hölzer zusammengefügt. Dieses Konstruktionssystem wird bis unter den Giebel fortgeführt.

Bautafel

Architekten: FT Architects | Katsuya Fukushima, Hiroko Tominaga, Fukushima
Bauherr: Kogakuin University, Tokio
Standort:
1-24-2 Nishishinjuku, Shinjuku, 163-8677 Tokio, Japan
Fertigstellung: 2013
Bildnachweis: Shigeo Ogawa, Tokio

Fachwissen zum Thema

Stützen werden im Holzbau sowohl für Skelettkonstruktionen verwendet, wenn sie als systematische Teile des Tragwerks eingesetzt sind, als auch in Kombination mit flächig lastabtragenden Bauteilen, wenn punktuell Öffnungen oder Raumzusammenhänge hergestellt werden sollen (wie hier im Bild).

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Konstruktionselemente

Stützen

Für tragende Bauteile aus Konstruktionsvollholz (KVH) gibt es bestimmte Qualitäts- und Verarbeitungskriterien.

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