Blue Box in Bochum

Kernsanierung einer Mensa aus den 1960er-Jahren

Als die Übergangsmensa auf dem Campus der Ruhr-Universität Bochum im Mai 1965 nach Plänen des Architekten Bruno Lambart fertiggestellt wurde, war sie lediglich als temporäres Bauwerk gedacht. In nur neun Monaten Bauzeit als Stahlkonstruktion errichtet, sollte sie die Versorgung der Studenten auf dem Campus so lang sichern, bis der Neubau der eigentlichen Mensa bezugsfertig war. Bereits 1971 verlor das Mensagebäude von Lampert seine ursprüngliche Funktion und wurde die kommenden drei Jahre als Übergangsbau der Hochschulbibliothek genutzt. Ab Mitte der 1980er Jahre stand es einige Zeit leer und diente später als Speichermagazin für rund 300.000 Bücher.

Das weiße Mero-Raumtragwerk im Auditorium des Obergeschosses
Südansicht der sanierten Mensa (im Vordergrund die Lennershofstraße)
Weiße Vorhänge ermöglichen eine individuelle Einteilung des Auditoriums

Erst 1993 erhielt das Stahl-Glasgebäude erneute Aufmerksamkeit. In unmittelbarer Nähe zum Fachbereich Architektur gelegen, sollte es für diesen als Zentrum für Studierende zum Lernen und Arbeiten nutzbar gemacht werden. 2001 konnte das Gebäude erstmals von Architekturstudenten nach einigen Renovierungsarbeiten bezogen werden. Schließlich erfolgte zehn Jahre später eine komplette, vom Bochumer Büro Archwerk geplante Gebäudesanierung der sogenannten Blue Box – deren Name auf die blauen, umlaufenden Paneele in der Fassade zurückführen ist.

Sanierung und Modernisierung
Der doppelgeschossige Bau besitzt eine für die 1960er Jahre charakteristische, vorgehängte Stahl- und Glasfassade, die in ihrer Gestaltung der berühmten Crown Hall in Chicago von Ludwig Mies van der Rohe ähnelt. Während die Fassadenprofile im Zuge der Sanierung komplett erneuert werden mussten, blieb der aus feststehenden Lamellen bestehende, umlaufend außen liegende Sonnenschutz trotz seiner sichtbar korrodierten Oberflächen als Reminiszenz an die Ursprungsästhetik erhalten. Dringend erforderlich waren jedoch eine neue Deckung des Flachdaches und der Austausch der veralteten Haustechnik, von der lediglich die gusseisernen Heizkörper erhalten blieben. Sanitärbereiche sowie Fußboden- und Wandflächen wurden ebenfalls umfassend saniert und den heutigen Standards angepasst.

Im Inneren ist das Gebäude zweiteilig angelegt; über einem niedrig ausgeführten Eingangsgeschoss erstreckt sich ein saalartiges, hohes, weitgehend stützenfreies Obergeschoss. Auf insgesamt 3.500 m² stehen hier den Studenten insgesamt 350 Arbeitsplätze für Modellbau und Entwurf zur Verfügung. Im EG gelangt man über zwei Eingänge im Osten und Westen in das Gebäude. Im Norden, dort wo sich einst die Küche der Mensa befand, sind nun eine Handbibliothek, Werkstätten sowie Kopier- und Ploträume untergebracht. Davor erstreckt sich der große Arbeitsraum für die Bachelor-Studenten.

Über zwei seitlich angelegte Treppenhäuser erreicht man den ehemaligen Speisesaal im Obergeschoss, der heute als Auditorium genutzt wird, in dem bis zu 550 Zuhörer Platz finden. Überspannt wird das gesamte Obergeschoss von einem Mero-Raumtragwerk. Das filigrane System besteht aus dünnen, weiß gefärbten Stäben und sorgt für eine weitgehende Stützenfreiheit der Innenräume. Licht- und Technikinstallationen sind ebenfalls weiß ausgeführt und unauffällig in das Tragwerk integriert. Gen Norden schließen die Arbeitsbereiche der Masterstudenten direkt an den Saal an. Weiße Vorhänge, die oben in gleichfarbigen Schienen geführt werden, ermöglichen eine individuelle, räumliche Trennung des offen konzipierten Obergeschosses.
 
In Räumen, die zuvor nicht ausreichend natürlich belichtet worden sind, sorgen nun großflächig ins Flachdach eingelassene Oberlichter für einen hohen Lichteinfall. Zudem sind hier aus Brandschutzgründen notwendige Rauch- und Wärmeabzugsanlagen untergebracht. Durch die insgesamt minimalen und sensiblen Eingriffe in das ursprüngliche Entwurfskonzept, konnte der ästhetische Gedanke der Konstruktion und des Gebäudes in seiner Grundkonzeption erhalten werden.

Bautafel

Architekten: Archwerk, Bochum
Projektbeteiligte: Tichelmann Simon Barrilas, Darmstadt (Tragwerksplanung); IFAS Institut für akustische Signalanalyse, Aachen (Bauphysik); Schüco, Bielefeld (Fassade)
Bauherr: BLB Bau- und Liegenschaftsbetrieb, Dortmund
Fertigstellung: 2011
Standort: Lennershofstraße 140, 44801 Bochum
Bildnachweis: Doris Haas-Arndt, Hannover; Marcel Schüring, Oberhausen; Jens Kirchner, Düsseldorf und Archwerk, Bochum

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Das Karstadt-Warenhaus in Celle aus dem Jahr 1964-65, Architektur: Walter Brune

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Baualtersstufen

Baualtersstufe der 60er Jahre

Erhalten des Erscheinungsbildes

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Sanierung/​Denkmalschutz

Baumaßnahmen in altbauverträglicher Form

Behutsame Altbaumodernisierung

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