Blindeninstitut in Regensburg

Kontraste zur Orientierung: Muschelkalk und Linoleum als Bodenbeläge

Das Blindeninstitut Regensburg ist eine Schule mit integriertem Internat für Kinder und Jugendliche mit Blindheit oder Sehbehinderung. Die Kinder sollen hier lernen, selbstständig zu agieren und ihre individuellen Fähigkeiten auszubauen. Schon allein durch das bis ins Detail durchdachte neue Schulgebäude können sie Orientierung ohne die klassischen Blindenleitlinien trainieren: mit unterschiedlichen Lichtszenen, durch variierende Raumakustik, starke Kontraste und die Integration von Höhenunterschieden. In enger Abstimmung mit der Blindeninstitutsstiftung haben die Berliner Architekten Georg Scheel Wetzel dieses differenzierte Konzept entwickelt und umgesetzt.
 
Das Institut ist auf einer Fläche von 12.000 m² am Stadtrand von Regensburg entstanden. Die Fassadengestaltung greift die Lage zwischen Stadt und Natur auf: Dunkle Ziegel dominieren die der Stadt zugewandten Front, Holz und Glas die zur Landschaft offene Seite. Kammartig liegen die ein- und zweigeschossigen Baukörper auf dem Hang. Mit 50 - 60 cm Höhenunterschied staffeln sich fünf parallel angeordnete Gebäudefinger, die durch den Haupt- und Eingangstrakt verbunden sind. Breite Rampen im Gebäude und Außengelände erschließen alle Bereiche.

Die zur Landschaft geöffneten fünf Flügel wurden mit Holz verkleidet
Durchgehende Linoleumböden zwischen Klassenzimmer und Tagesstättenräumen
Fünf Gebäudeflügel weisen in die Landschaft

Etwa 90 Kinder und Jugendliche im Alter von 3 bis 20 Jahren Platz lernen in dem großen Gebäude. 20 von ihnen, die nicht aus dem näheren Umkreis stammen, sind im Internat untergebracht, dem südlichsten, zweigeschossigen Gebäuderiegel. In ihm leben sie in kleinen, familiären Wohngruppen mit je einem Doppel- und drei Einzelzimmern. In diesem Gebäude befindet sich außerdem eine Kindergartengruppe des Montessori-Vereins. Die Klassenstufen in den eingeschossigen Gebäudeflügeln sind bewusst entsprechend der Höhenlage aufsteigend angeordnet: Unten befindet sich die schulvorbereitende Einrichtung, dann die Unter-, Mittel-, Ober- und schließlich die Werkstufe. Der zweigeschossige Haupt- und Eingangstrakt beherbergt im Obergeschoss die Verwaltungs- und Therapieräume, im Erdgeschoss einen EDV-Raum, Werkräume, Musik- und Rhythmikzimmer und die Lehrküche. Ein Therapiebad und die Turnhalle stehen in einem separaten Gebäude zur Verfügung, dieses ist durch einen lichtdurchfluteten Gang mit dem Hauptgebäude verbunden.
 
Die Gruppenstärke liegt in der Regel bei fünf bis sechs Kindern mit ähnlichem Leistungsniveau. Jede Gruppe hat ein eigenes Klassenzimmer und einen Tagesstättenraum, die mittels einer großen Schiebetür verbunden sind. Jeweils zwei Gruppen teilen sich zudem einen Einzelförderungs- und einen Seherziehungsraum. Der Seherziehungsraum ist komplett in Schwarz gehalten, Boden, Decke, Wände, Mobiliar - nur eine Wand ist weiß. Damit werden maximale Kontraste geschaffen und die Kinder können sich ganz auf das Lernobjekt konzentrieren. Etwa 90% der Kinder sind nicht völlig blind, sondern lediglich sehbehindert, sie können also starke Kontraste und grelle Farben wahrnehmen. Das gesamte Gebäude und die Außenanlagen sollen helfen, genau diese Wahrnehmungsmöglichkeiten zu verbessern.
 
Klassenzimmer, Einzelförderungs- und Seherziehungsraum sind mit dem Tagesstättenraum, Garderobe und Sanitärräumen jeweils zu einer funktionalen Einheit verbunden. Jede Jahrgangsstufe hat zudem einen eigenen Ausgang zum Hof.

Boden
Räumlich sind alle Schulflügel gleich aufgebaut. Damit finden sich die Schüler auch beim Übergang in die nächste Klassenstufe schnell zurecht. Der Hauptkorridor ist höher gelegen und größer als die Flure in den Nebenarmen und hat dadurch einen anderen Raumklang, Schritte und Laute haben hier einen charakteristischen Nachhall. In Form von Noppenplatten (siehe auch Bodenindikatoren) werden bevorstehende Treppen oder Aufzüge angezeigt.

Die Flure selbst sind möglichst reizarm gestaltet, hier liegt ein harter Bodenbelag aus Muschelkalk, die Gruppen- und Schulräume dagegen erhielten weiche, warme und fußbodenbeheizte Linoleumböden. Jeder Flügel wird mit einer anderen kräftigen Linoleumfarbe definiert. So können die Schüler bereits am Farbton erkennen, in welchem Bereich sie sich befinden. Entsprechend der Zuordnung der Höhenlage zu den einzelnen Funktionsbereichen leiten auch die Farben von unten nach oben von hell zu dunkel.
 
Die Architekten wählten einen unifarbenen Linoleum in Beige, Orange, Rot, Rot-Braun und Dunkelgrün für die fünf Gebäudeflügel aus. Besonders für kleine Kinder, die noch über den Boden krabbeln, und Kinder mit Körperbehinderung war der natürliche Bodenbelag aus Leinöl, Harzen, Kork- und Holzmehl auf einer Juteschicht wichtig. Zudem konnte unter den Belag eine Fußbodenheizung gelegt werden.

Bautafel

Architekten: Georg Scheel Wetzel Architekten, Berlin
Projektbeteiligte: Ifb Frohloff Staffa Kühl Ecker, Berlin; Lammel, Regensburg (Tragwerksplanung); IB Meyer, IB Martin, Regensburg (Gebäudetechnik); Büro Kiefer, Berlin; Wamsler Rohloff Wirzmüller, Regensburg; Rea Reinhart, Engert, Albert, Würzburg (Landschaftsarchitektur); DLW Flooring, Bietigheim-Bissingen (Linoelumbelag)
Bauherr: Blindeninstitutsstiftung Würzburg
Fertigstellung: 2006
Standort: Regensburg

Fachwissen zum Thema

Seit seiner Erfindung hat sich die Rezeptur von Linoleum kaum verändert - es besteht vorwiegend aus den Rohstoffen Leinöl, Harz, Holz- und Korkmehl, Kreide und Jute.

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