Bibliotheks- und Seminarzentrum der Universität für Bodenkultur Wien

Digitalisierter Holzbau

Nördlich des Stadtzentrums im 19. Wiener Gemeindebezirk Döbling befindet sich die Universität für Bodenkultur (auch: BOKU) Wien. Die Lehr- und Forschungsstätte widmet sich seit ihrer Gründung 1872 dem Thema Nachhaltigkeit und dem Management natürlicher Ressourcen. Für das neu errichtete Bibliotheks- und Seminarzentrum kam daher der nachwachsende Baustoff Holz zum Einsatz: Der Holzelementbau mit quadratischem Grundriss ist rundum verglast. Auf einer Nutzfläche von rund 3.000 Quadratmetern erweitert er den Campus um ein Seminarzentrum, eine Bibliothek, Institutsräume und weitere Räumlichkeiten für gut 500 Studierende.

Umlaufend raumhohe Verglasungen schaffen einen starken Bezug zum Außenraum und sorgen für lichtdurchflutete Innenräume.
Der Neubau erweitert den Campus um ein Seminarzentrum, eine Bibliothek, Institutsräume und weitere Räumlichkeiten für gut 500 Studierende.
Über das erweiterte Sockel­ge­schoss entsteht ein Vorplatz, der den Neubau mit dem östlichen Bestandsgebäude verbindet.

Kurze Bauzeiten dank Vorfertigung
Entworfen und realisiert wurde das viergeschossige Gebäude von der Wiener Arbeitsgemeinschaft Swap Architekten und Delta Baumanagement. Sockel- und Kellergeschoss, aber auch das Treppenhaus sind in Betonmassivbauweise gefertigt. Für das Erdgeschoss und die drei Obergeschosse kamen vorgefertigte, massive Holzelemente zum Einsatz. Insgesamt wurden rund 950 Kubikmeter Brettsperrholz aus heimischen Wäldern verarbeitet. Der hohe Vorfertigungsgrad machte eine kurze Bauzeit möglich, die klar gegliederte Holzkonstruktion verleiht dem Neubau seinen spezifischen Charakter. Umlaufende, raumhohe Verglasungen schaffen den Bezug zum Außenraum und sorgen für lichtdurchflutete Innenräume. Holz­kon­struk­tion und Fas­sa­den­ober­flä­chen sind unbehandelt.

Verbindender Vorplatz auf dem Sockel

Das erweiterte Sockel­ge­schoss schafft einen Vorplatz, der den Neubau mit dem östlichen Bestandsgebäude verbindet. Hier befindet sich auch der Haupteingang, der über eine Treppe oder Rampe erschlossen wird. Ein großzügiges Foyer und der vorgelagerte Platz dienen als Treffpunkt für Studierende und Lehrende aus den unterschiedlichen Gebäuden. Neben dem Foyer befindet sich ein Hörsaal mit 200 Sitzplätzen, der durch eine Faltwand teilbar ist. Direkt von der Eingangsebene über eine eigene Treppe erreichbar ist die Bibliothek mit 100 Leseplätzen im ersten Obergeschoss. Im zweiten und dritten Obergeschoss befinden sich die Poolräume sowie die Instituts- und Büroflächen. Die Seminarräume im Sockelgeschoss werden nord- und südseitig belichtet. Im Untergeschoss sind Haustechnik, Lager- und Archivräume untergebracht.

Tragwerk aus Brettsperrholz als Gestaltungselement

Die Ras­te­rung der Fas­sade wird im Innen­raum fort­ge­führt. Im Erd- und ersten Obergeschoss bleibt das massive Holztragwerk sichtbar und wird zum Gestal­tungs­ele­ment. Ein ehrlicher Umgang mit den Baustoffen war den Planenden wichtig; daher sind sämtliche Holzoberflächen unbehandelt und auch die Haustechnik ist unverkleidet. Die Stützen, Träger und Decken bestehen aus Brettsperrholz. In den vier oberen Geschossen liegt der Holzanteil bei 78 Prozent, verwendet wurden Fichte, Lärche und Eiche. Lärchenholz kommt wegen der höheren Widerstandsfähigkeit gegen Wind und Wetter an der Fassade zum Einsatz. Innen wurden vor allem Fichte für die Holzkonstruktionen und Eiche für die Fußböden und Möbel verwendet.

Digitalisierter Holzbau

Bei der Planung und beim Bau kam die 3D-basierte Planungsmethode Building Information Modeling (BIM) zum Einsatz, die auch für die Fertigung der einzelnen Holzbauteile genutzt wurde. Um deren Qualität zu prüfen, lieferte ein begleitendes Monitoring vom Werk bis zur Fertigstellung Daten über die aktuellen Temperatur- und Feuchtigkeitswerte. In die vorgefertigten Holzbauteile wurden Sensoren eingesetzt, die während des Transports und der Bauphase Informationen über die aktuellen Werte lieferten. Die von den Sensoren erfassten und ausgewerteten Daten bieten wichtige Informationen über Transport, Lagerung und Verarbeitung der Holzelemente.

Nachhaltig und energieeffizient

Der Neubau konnte in 14 Monaten, der Holzrohbau innerhalb von acht Wochen fertiggestellt werden. Durch die Verwendung von Holz für Konstruktion, Fassade und Innenausbau sowie eine kompakte Form zugunsten der Energieeffizienz entspricht der Neubau einer nachhaltigen Bauweise. Mit 965 von 1.000 möglichen Punkten erreicht er das österreichische Qualitätszeichen „klimaaktiv Gold“.

Der Heizwärmebedarf liegt bei 21,5 kwh/m²a, die Energiebilanz entspricht dem eines Niedrigenergiehauses. Geheizt wird mit Fernwärme, über einen Heiz-/Kühlestrich erfolgt eine behagliche Wärmeabgabe. Das Seminarzentrum und die Bibliothek sind mit einer mechanischen Lüftung ausgestattet, die über die Luft auch be- und entfeuchtet wird. Gegen sommerliche Überhitzung ist als passive Maßnahme ein außenliegender automatischer Sonnenschutz vorgesehen, eine aktive Maßnahme ist die Kühlung über den Estrich.

Bautafel

Architekt: ARGE SWAP Architekten mit Delta Baumanagement, Wien
Projektbeteiligte: IBO, Wien (Bauphysik); teamgmi Ingenieurbüro, Wien (Haustechnik); Steinerbau, Heiligenreich (Bauunternehmen); Lieb Bau Weiz, Unterfladnitz (Holzbau); Lengauer, Linz (Gebäudetechnik); Baumann Glas, Baumgartenberg (Fassade); Stora Enso, Stockholm (Brettsperrholz)
Bauherr: BIG Bundesimmobiliengesellschaft, Wien
Fertigstellung: 2020
Standort: Peter-Jordan-Straße 82, 1190 Wien, Österreich
Bildnachweis: Studio Florian Voggeneder, Linz; Hertha Hurnaus, Wien

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Der Digitalisierungsgrad ist im Holzbau besonders fortschrittlich.

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Brettsperrholz besteht in der Regel aus kreuzweise miteinander verleimten Lagen von Brettern.

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Baustoff Holz

Brettsperrholz

Brettsperrholz eignet sich sehr gut für Wandelemente. Um vertikale Lasten optimal abtragen zu können, müssen die Decklagen stehend angeordnet sein.

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Bauteile

Brettsperrholz (BSP) - Massivholzsysteme

Für eine wirtschaftlich erfolgreiche Abwicklung (wenige Änderungen) sind bereits in der Vorplanungsphase spezifische Inhalte des Holzbaus zu berücksichtigen, die die Konstruktion und die Herstellung der Elemente betreffen (Abb.: Firmensitz Flexim in Berlin-Marzahn, ZRS Architekten Ingenieure, 2017).

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Da das alte Ausbildungszentrum Holzbau Zürich (AZH) viel zu klein geworden war, wurde in Buchs ein Neubau nach Plänen von Peter Moor Architekten errichtet – selbstverständlich in Holzständerbauweise.

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Ausbildungszentrum Holzbau in Buchs

Nordwestseite der Ausbildungsstätte nach Plänen von LP architektur: Einer von zwei winkelförmig angeordneten dreigeschossigen Gebäuderiegeln schließt an den sogenannten Holzturm an. Errichtet um die Jahrtausendwende, galt dieser damals als höchster Holzbau Österreichs.

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