Besucherpavillon im De Hoge Veluwe Nationalpark

Außen gesattelt, innen gewölbt

Mit einem neuen Besucherzentrum empfängt der Nationalpark De Hoge Veluwe unweit der niederländischen Stadt Arnheim seit Juni 2019 seine Besucher. Der Pavillon ersetzt das alte Restaurant sowie einige Bestandsgebäude des bisherigen Besucherzentrums, da diese nicht mehr den Anforderungen angesichts von mittlerweile rund 600.000 Besuchern jährlich entsprachen. Verantwortlich für die Planung des Pavillons zeichnen die Rotterdamer Architekturbüros Monadnock und De Zwarte Hond. Gewünscht war ein Gebäude, das sich in die Landschaft einfügt, gleichzeitig aber auch das Zeug zur Landmarke besitzt. Entstanden ist schließlich auf einer großen Waldlichtung ein praktischer Nutzbau mit dem Antlitz eines kleinen Jagdschlosses.

Das von Monadnock und De Zwarte Hond geplante Bauwerk erinnert in Teilen an ein kleines Jagdschloss.
 Gewünscht durch die Bauherrschaft war ein Gebäude, das sich in die Landschaft einfügt.
Die Gebäudehülle besteht aus Klinker und goldfarben eloxiertem Aluminium.

Ein Park mit Geschichte und Hochkultur

Ursprünglich aus dem Privatbesitz der Familie Kröller-Müller hervorgegangen, wird der Naturpark seit 1935 von Stiftungen betrieben und bezieht seine finanziellen Mittel fast ausschließlich aus den Einnahmen durch die Besucher. Diese werden nicht nur von dem 5.400 Hektar umfassenden Gebiet mit Wald, Heideflächen, Sanddünen und Mooren angezogen. Sehenswert ist ebenso das ehemalige Wohnhaus der Familie, das Jagdhaus Sint Hubertus, entworfen vom niederländischen Architekten und Wegbereiter der Moderne, Hendrik Petrus (HP) Berlage. Den kulturellen Höhepunkt des Parks bildet das etwas versteckt in den Wäldern liegende Kröller-Müller Museum, das die weltweit größte Van-Gogh-Privatsammlung und einen der bedeutendsten Skulpturengärten Europas beherbergt. Neben dem Besucherpavillon wurden auch das Veranstaltungsgelände, der Spielplatz und Erholungsbereich, die Zufahrtsstraßen und Radwege sowie der Parkplatz neu organisiert und in Beziehung zum Pavillon gesetzt.

Nähert man sich dem neuen Besucherpavillon von seiner Schmalseite aus, sticht ein markanter, hoher Doppelgiebel schon von Weitem ins Auge. Trotz der markanten Dachstruktur integriert sich der Pavillon in die umgebende Landschaft, denn gen Süden verringert sich die Traufhöhe und der organisch geschwungene Bau geht in ein eingeschossiges Volumen über. Der v-förmige Grundriss erinnert an die Form eines Boomerang. Fast über die gesamte Länge der Südostfassade bietet eine bodentiefe Verglasung Ein- bzw. Ausblicke. Der Funktionsbereich im Erdgeschoss ist durch eine naturfarbene Klinkerfassade gekennzeichnet, während das Dach und die Giebelfronten in goldfarben eloxiertem Aluminium ausgeführt sind.

Biophile Gestaltung

Das multifunktionale Gebäude bildet für Besucherinnen und Besucher den Ausgangspunkt, um die Natur, Kunst und Architektur im Park zu erkunden. Neben einem Empfangsbereich mit Informationsschalter verfügt der Pavillon über Gastronomie, einen Laden sowie über Seminarräume. Der große Salon erstreckt sich entlang der Glasfassade und beeindruckt mit einer gewölbte Decke von imposanter Höhe, einer repräsentativen Wendeltreppe aus Eichenholz und einem von Hirschköpfen flankierten großen gefliesten Kamin, der an ein Jagdhaus erinnert. In diesem zentralen Raum sind neben dem Infotresen auch der Souvenirshop und das Restaurant angesiedelt. Obwohl es keine räumlichen Barrieren gibt, sorgt der gekrümmte Grundriss dafür, dass jeder Funktionsbereich von den anderen weitgehend uneinsehbar ist.

Damit die Akustik im großen Saal angenehm ist, sind die Wände mit einer schallabsorbierenden Vertäfelung aus Eichenholz versehen. Mit einer biophilen Installation werden die Gäste zusätzlich unterhalten: Lautsprecher übertragenen Vogelgezwitscher. Neun LED-Leuchten projizieren die Illusion eines Blätterdachs im Sonnenlicht an das Deckengewölbe. Für Behaglichkeit sorgen Nischen mit Sitzgelegenheiten in der Glasfassade. Die Möbel und Einbauten aus Naturmaterialien, wie etwa Leder und Eichenholz, wurden speziell für diesen Ort entworfen. Auf der dem Wald zugewandten Seite des Gebäudes, wo die Fassade eher geschlossen ist, befinden sich im Obergeschoss die Seminarräume.

Dach: Doppeltes Satteldach mit abgehängtem Tonnengewölbe

Empfangen werden die Besucherinnen und Besucher auf der Nordseite des Gebäudes von den zwei monumentalen, miteinander verbundenen Giebeln mit asymmetrischer Dachkontur. Das vorherrschende Material ist eloxiertes Aluminium. Bei dem Eloxalverfahren wird eine Schutzschicht auf Aluminium durch anodische Oxidation aufgebracht. Das Resultat ist beim Besucherpavillon eine champagnerfarbene Oberfläche, die zu der Farbe des sandigen Bodens passt.
Die Dachkonstruktion ist im Innenraum nicht offen gestaltet, sondern wird von der beeindruckenden abgehängten Tonnengewölbedecke verdeckt, deren Linienführung von außen an dem halbkreisförmige Fenster an der Nordfassade abzulesen ist.

Dachaufbau (von außen nach innen):

  • Aluminium Profiltafeln
  • Abstandshalter als durchgängige thermische Trennung mit einer Lage trittfester Mineralwolle
  • Vorgefertigte Dachelemente aus Holz mit Dampfbremsen und voll ausgedämmt, 280 mm
  • Dachstuhl als Stahlkonstruktion

Bautafel

Architektur: Monadnock, Rotterdam; De Zwarte Hond, Rotterdam
Projektbeteiligte: Antea Group (Projektmanagement, Akustikberater und Konstruktion); VDNDP Bauingenieure (Technische Unterstützung Planungsphase); Vibes Building Engineers (Technische Unterstützung Bauphase); Rots Bouw, Aalten (Bauunternehmer); Monadnock und De Zwarte Hond in Zusammenarbiet mit Bart Vos, Groningen (Innenarchitektur); Bart Vos, Groningen (Möbelbau); H-N-S, Amersfoort (Landschaftsarchitektur); Beersnielsen Lighting Designers, Rotterdam (Lichtdesign); Hardeman Carpentry, Lunteren (Zimmererarbeiten)
Bauherrschaft: The National Park De Hoge Veluwe, Hoenderloo     
Standort: De Hoge Veluwe Nationalpark, Otterlo, Niederlande
Fertigstellung: 2019
Bildnachweis: Stijn Bollaert, Gent


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