Bestattungsforum in Hamburg-Ohlsdorf

Umbau und Erweiterung eines Krematoriums aus den 1930er Jahren

Der Friedhof Ohlsdorf im Norden Hamburgs zählt mit einer Fläche von 391 Hektar zu einem der größten Parkfriedhöfe der Welt. Am westlichen Rand des Friedhofsgeländes befindet sich das denkmalgeschützte Neue Krematorium, welches vom ehemaligen Hamburger Oberbaudirektor Fritz Schumacher geplant wurde. Das Krematorium wurde erstmals 1933 in Betrieb genommen, bis es schließlich 1997 wegen seiner schadhaft gewordenen Bausubstanz und veralteter Technik stillgelegt wurde. Um die historische Anlage weiterhin zu erhalten und nutzen zu können, entschied sich die Stadt Hamburg für eine Erweiterung und Modernisierung zu einem zeitgemäßen Bestattungsforum. Die gesamte Denkmalsanierung und Grundinstandsetzung erfolgte nach Plänen des ortsansässigen Architekturbüros Dohse, die Planung des Neubaus übernahm das Lübecker Büro TSJ Architekten.

Die sanierte Fritz-Schumacher-Halle erstrahlt im neuen Glanz
In die stark geneigte Dachform sind lange, schmale Fenster eingelassen (Südostansicht)
Neu eingerichtetes Kolumbarium

Die weitgehend symmetrische bauliche Anlage besteht aus dunklem Sichtmauerwerk und fällt insbesondere durch die 16 Meter aufragende Fritz-Schumacher-Halle ins Auge. Der Gebäudekomplex war bereits bei seiner Entstehung so organisiert, dass funktionale und zeremonielle Bereiche konsequent voneinander getrennt und mit separaten Zugängen ausgestattet wurden. Während Kühlräume und Kremationsöfen im Untergeschoss angeordnet über einen separaten Betriebshof erreicht werden, befinden sich im Erdgeschoss mehrere Feierhallen, Abschiedsräume und Wartebereiche, die über eine großzügige Freitreppe und umlaufende Galerien und Terrassen erschlossen werden.

Sanierung und Modernisierung
Die Sanierung sollte nicht nur die Beseitigung der zum Teil gravierenden Schäden der Bausubstanz und die Erneuerung der stillgelegten Kremationsanlage umfassen. Die Situation des marode gewordenen Gebäudeensembles erforderte einen umfassenden und zeitgemäßen Umbau mit entsprechender räumlicher Erweiterung und modernem Servicecharakter. Dem kam die ursprüngliche, durchdachte Organisation des Gebäudes sehr entgegen. Das Besondere an der Logistik des neuen Bestattungsforums sollte unter anderem sein, dass Einäscherung, Beisetzung und Trauerfeier des Verstorbenen innerhalb eines Tages erfolgen können.

Die imposante Fritz-Schumacher-Halle, die im Zentrum der Sanierungsmaßnahmen stand, besteht aus einer trapezförmigen Stahlbetonkonstruktion mit sechs sichtbaren Bindern. In deren 70 Grad geneigte Dachschräge sind lange und schmale, bunt verglaste Fenster eingelassen. Während die äußere Form der Halle bei der Modernisierung erhalten blieb, wurden im Innenraum Verglasungen, Fußböden und Wandoberflächen komplett saniert. Auch das originale Farbkonzept der Feierhalle wurde mit großer Sorgfalt wiederhergestellt. Neben der ehrwürdigen Halle entstand in einem ehemaligen Feierraum das heutige Kolumbarium.

Die beiden neuen Erweiterungsflügel nehmen die Symmetrie des Ursprungsbaus auf, treten optisch kaum als Neubauten in Erscheinung und ergänzen den Schumacher-Bau zu einem zusammenhängenden Gebäudekomplex. Während der Nordflügel lediglich verlängert wurde, ersetzt ein zweigeschossiger Südflügel die zwischenzeitlich ergänzten Bauten aus den 50er Jahren. Auch die Materialität der Anbauten unterscheidet sich nur bei näherem Hinsehen: Der dunkle Klinker des Altbaus, der sich auch aufgrund von Denkmalschutzauflagen in seiner Farbigkeit nur minimal von den neuen Gebäuden unterscheidet, wurde in einem anderen Verband gemauert.

Die Erweiterungsbauten umfassen ein geräumiges Foyer mit Empfang im Obergeschoss, von dem aus die Erschließung der verschiedenen Räumlichkeiten erfolgt. Zu den neu eingerichteten Räumen zählen u.a. Familien- und Abschiedsräume, in denen Angehörige ungestört mit dem Verstorbenen allein sein können und zu denen sie mittels Chipkarte 72 Stunden lang freien Zugang haben. Darüber hinaus stehen zwei neue, unterschiedlich große Feierhallen zur Verfügung, die Cordes-Halle und die Linne-Halle. Ein gastronomischer Bereich, der sowohl den Trauergästen als auch allen anderen Friedhofsbesuchern zur Verfügung steht, ergänzt durch seine individuelle, variable Unterteilbarkeit das Raumangebot.

Bautafel

Architekten: Fritz Schumacher, Hamburg (Entwurf Bestandsgebäude); Dohse Architekten, Hamburg (Sanierung und Umbau Bestand); TSJ Architekten, Lübeck (Neubau)
Projektbeteiligte: BAM Deutschland, Stuttgart (Bauleitung); Weiske & Partner, Stuttgart (Tragwerksplanung); WES & Partner, Hamburg (Landschaftsplanung)
Bauherr: Hamburger Friedhöfe A. ö. R., Hamburg-Ohlsdorf
Fertigstellung: 2011
Standort: Fuhlsbüttler Str. 756, 22337 Hamburg
Bildnachweis: D. Haas-Arndt, Hannover

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