Bauen mit Papier – Architektur und Konstruktion

Bauen mit Papier – Architektur und Konstruktion

Ulrich Knaack, Rebecca Bach, Samuel Schabel (Hrsg.)

Birkhäuser Verlag, Basel 2023
1. Auflage, 200 Seiten, 120 Abbildungen s/w, 166 Abbildungen farbig, Format 220 x 280 mm, gebunden

Preis: 59,95 EUR

ISBN 978-3-0356-2139-6

Der japanische Expo-Pavillon 2000 in Hannover ist wohl eines der meistpublizierten und -diskutierten Projekte der Weltausstellung – zudem ein Schlüsselprojekt für das Bauen aus Papier, erdacht vom japanischen Architekten Shigeru Ban in Zusammenarbeit mit dem deutschen Architekten und Forscher für Leichtbaukonstruktionen Frei Otto. Bauen mit Papier? Gerade scheint sich Holz als Material für komplexere und höhere Gebäude zu etablieren – so scheint der Gedanke an Papier als Baustoff für „echte“ Gebäude eine noch größere Herausforderung. Ulrich Knaack, Rebecca Bach und Samuel Schabel haben sich dieser Herausforderung als Herausgeber gestellt und gehen in ihrem Fachbuch Bauen mit Papier – Architektur und Konstruktion thematisch in die Tiefe.

Bauen mit Holz, bauen mit Papier – eine naheliegende Weiterentwicklung. Nicht nur dient Holz als Basis für die Herstellung von Papier, auch Material- und Konstruktionsprinzipien sind übertragbar: Im Holzbau wird seit langem ein Schichtenprinzip angewendet. Holzfasern in „naturbelassenen” Bauteilen weisen immer die gleiche Richtung auf, was deren statische Richtungsbeanspruchung definiert und auch einschränkt. Hinzu kommen Einschränkungen durch Einschlüsse, Fehlstellen, Astlöcher und dergleichen. Um dies auszugleichen, haben sich Schichtplatten bewährt, bei denen mehrere Schichten mit wechselnder Faserrichtung verleimt werden. Durch Zerlegen eines Materials und erneutes Zusammensetzen entsteht ein neuer Baustoff: homogen, präzise und in großen Dimensionen industriell herstellbar. Zudem aus nachwachsenden Rohstoffen erstellt.

Das Prinzip ist auch auf Papier übertragbar: Mehrere Lagen werden verklebt und lassen sich im Herstellungsprozess fast beliebig verformen – und ermöglichen organische Formen wie von Shigeru Ban und Frei Otto praktiziert. Zwei Faktoren jedoch bilden eine grundlegende Herausforderung für die Verwendung von Papier als Baustoff: Feuchte und Feuer. Holz ist diesbezüglich mittlerweile weitgehend erforscht: Brand- und Feuchteschutz lassen sich sehr genau berechnen und dimensionieren. Hinsichtlich des Feuchteschutzes steckt die Papierforschung noch „in den Kinderschuhen”, beim Brandschutz setzt man hauptsächlich auf das Schichtenprinzip aus dem Holzbau. Durch mehrere Schichten lässt sich der Abbrennprozess verlangsamen und damit auch relativ genau berechnen – wie im Kapitel „Tragwerk, Brandschutz, Bauphysik“ erläutert wird.

Papier darf nach wie vor nicht als Baustoff verwendet werden, da es als leicht entflammbares Material der Brandschutzklasse B3 zugeordnet wird. Somit ist Papier als Werkstoff nur in Verbindung mit anderen Materialien möglich, um so die Brandschutzklasse B2 (normal entflammbar) oder gar B1 (schwer entflammbar) zu erreichen. Da es jedoch (noch) keine entsprechend differenzierten Regelwerke für die mittlerweile rund 3.000 unterschiedlichen Papiersorten gibt, ist eine bauaufsichtliche Zulassung im Einzelfall mit entsprechenden Gutachten erforderlich. Erhältlich sind jedoch Papierwerkstoffe, die über eine B2-Zulassung verfügen.

Sollte man beim Gedanken an besagten Expo-Pavillon aus dem Jahr 2000 meinen, dass Papier als Material in der Architektur seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht weiter verfolgt wurde, zeichnet das Buch ein ganz anderes, beeindruckendes Bild. Umfassend und tiefgründig wird anhand von Texten, Grafiken, Fotos, Zahlen und Fakten eine spannende Entwicklung aufgezeigt, ein Forschungsprozess, der Papier neben Holz als zukunftsweisendes, nachhaltiges Baumaterial ausweist. Das Buch ist klar gegliedert, hochwertig und grafisch sehr überzeugend aufbereitet. Es enthält zahlreiche Zeichnungen, Skizzen und Projektbeispiele. Nicht zuletzt der Einband ist optisch und haptisch anmierend, das sorgfältig ausgearbeitete Fachbuch in die Hand zu nehmen.

Aus dem Inhalt:

  • Papier in der Architektur
  • Material
  • Halbzeuge und Komponenten
  • Baukonstruktion
  • Tragwerk, Brandschutz, Bauphysik
  • Beispiele
  • Ausblick
  • Fakten und Kennzahlen für Ingenieure

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