Axel Vervoordt Gallery in Wijnegem

Effektvolle Inszenierung der hochkarätigen Kunstsammlung

Östlich von Antwerpen hat der Galerist Axel Vervoordt ein brachliegendes Industrieareal umgenutzt: Kanaal ist ein Konglomerat von historischen Gebäuden und zeitgenössischer Architektur. Im Zentrum des Geschehens: Räume für die Kunst, in der die ausgestellten Werke unauffällig, aber effektvoll ins rechte Licht gerückt werden.

Das Areal einer ehemaligen Destillerie ist 55.000 Quadratmeter groß. Neben historischen Gebäuden ...
... wie Silos befinden sich dort auch ...
... Neubauten für Wohnungen, Büros und Künstlerateliers.

Eine andere Welt

Man ist nur rund zehn Kilometer entfernt von Antwerpen und doch befindet man sich in einer völlig anderen Welt. Während sich in der Altstadt der belgischen Designmetropole historische Häuser pittoresk aneinanderreihen, geht es am Albert-Kanal architektonisch rauer zu. An der Wasserstraße, die Antwerpen mit Lüttich verbindet, liegt ein 55.000 Quadratmeter großes ehemaliges Industrieareal, das umgeben ist von einfachen Arbeiterhäusern. Der Kunst- und Antiquitätenhändler, Interiordesigner und Kunstsammler Axel Vervoordt hatte das Grundstück seit 1998 peu à peu erworben. Ursprünglich befand sich hier eine in den Achtzigerjahren stillgelegte Destillerie, deren erste Gebäude 1857 errichtet wurden. Vervoordt schuf in Zusammenarbeit mit den Architekturbüros Bogdan & Van Broeck, Coussée & Goris, Stéphane Beel, Jens Aerts und Tatsuro Miki das Projekt Kanaal, das allein schon seiner Größe wegen ambitioniert ist. Während die historischen Industriegebäude wie Silos und Kornspeicher umgenutzt wurden, entstanden auf dem Gelände auch einige Neubauten und wurden Grünflächen mit atmosphärischen Teichen, Terrassen und Wegen angelegt.

Kunst am Kanal

Das Projekt, das wie eine Stadt in der Stadt erscheint, umfasst rund 100 Wohnungen im High-End-Segment, Büros, Künstlerateliers, eine Kapelle, ein Auditorium und ein Restaurant. Im Mittelpunkt der Anlage stehen Vervoordts Räume für die Kunst, die in den historischen Lagerhallen und Silos aus Backstein und Beton sowie in einem Neubau untergebracht sind. Teils spektakuläre Werke von Künstlern wie James Turrell, Marina Abramovic und Anish Kapoor sind als permanente Installationen der Axel & May Vervoordt Foundation auf dem Areal zu sehen, während für die Galerie des belgischen Allround-Talents Räume für wechselnde Ausstellungen angelegt wurden.

Der japanische Architekt Tatsuro Miki hat den strengen Neubau entworfen, in dem die Sammlung des Ehepaars Vervoordt untergebracht ist. Besonders auffällig sind die sehr dunklen Räume, in denen man sich leise voran bewegt, was der beinahe kontemplativen Stimmung geschuldet ist. Das erhabene Ambiente wird auch hervorgerufen durch den natürlichen Lichteinfall der Deckenausschnitte und die geschickte Führung von künstlichem Licht. In den Galerieräumen im darüber liegendem Stockwerk, die für Wechselausstellungen konzipiert sind, bietet sich indes ein komplett anderes Bild: Sie sind einem White Cube ähnlich extrem licht und hell.

Flexibler Minimalismus: Licht und Leuchten

Die Beleuchtung in den Galerieräumen kann den unterschiedlichen räumlichen Situationen und Exponaten flexibel angepasst werden. Zum Einsatz kommen Strahler, deren Spherolitlinsen sich werkzeuglos wechseln lassen. Die beiden gewählten Serien von Erco sind vielseitig einsetzbar und können beispielsweise von einem eng strahlenden Spot auf einen breit strahlenden Fluter umgerüstet werden. Der Lichtkegel lässt sich exakt auf die ausgestellten Gemälde und Skulpturen abstimmen, wobei auch asymmetrische Lichtverteilungen wie Oval Flood oder Wallwash möglich sind. Die Leuchten fügen sich unauffällig in die reduzierte, sehr durchdachte Architektur ein, da sie mit LED-Modulen von 6 beziehungsweise 12 Watt kompakt bemessen sind. So wird die Aufmerksamkeit des Betrachters ausschließlich auf das Licht und die beleuchteten Kunstwerke gelenkt.

Auf Entdeckungsreise

Erkundet man das Areal am Albert-Kanal, begibt man sich auf eine Entdeckungsreise. Auf den ersten Blick nicht in seiner Gänze überschaubar, ergeben sich in dem verschachtelten Komplex immer wieder neue Einblicke, Sichtachsen, Ausblicke. Axel Vervoordt und den beteiligten Architektur- und Landschaftsplanungsbüros gelingt es, die disparate Architektur zusammenzufassen, ohne den historischen Gebäuden ihre Unvollkommenheit und ihren Charme zu nehmen. Patina darf und soll sogar sein und wird von Vervoordt als stilistisches Mittel eingesetzt – in Form von rostendem Stahl beispielsweise. Die gestalterische Klammer des Projekts Kanaal aber ist die Kunst. Sie will ebenso wie die Architektur erkundet und entdeckt werden, wobei Skulpturen, Gemälde und Installationen äußerst geschickt durch Licht und Leuchten inszeniert werden. -csh

Bautafel

Architektur: Axel Vervoordt, Bogdan & Van Broeck, Coussée & Goris, Stéphane Beel, Jens Aerts, Tatsuro Miki
Projektbeteiligte: Michel Desvigne, Paris;  (Landschaftsarchitektur); Erco, Lüdenscheid (Lichtplanung und LED-Strahler Parscan und Pollux)
Bauherrschaft:
Axel Vervoordt Company, Wijnegem
Fertigstellung: 2018
Standort: Stokerijstraat 21, 2110 Wijnegem, Belgien
Bildnachweis: Claudia Simone Hoff, Berlin; Thomas Mayer /  Erco, Lüdenscheid

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