Ausstellungsgebäude in Dresden

Gelungene Ruinen-Revitalisierung

Die Brühlsche Terrasse stellt die Flaniermeile der Dresdner Altstadt zur Elbe hin dar. Dort stand lange Zeit ein tristes und von seinem Erbauer Constantin Lipsius - nach Meinung seiner damaligen Kritiker - zu pompös und wenig einfühlsam geratenes, leeres Gebäudeensemble. Es beherrschte seine Nachbarschaft schon allein durch seine Größe und Masse, obwohl es "nur" eine profane Kunstakademie und ein Ausstellungsgebäude beinhaltete.

Die neue Betongalerien im Ausstellungssaal - glatte Estrichböden, die Staubdecke und die nur bis zur Unterkante der Gesimse weiß verputzten Wände
Im Untergeschoss des Vestibüls wurden die bereits früher ausgetauschten Säulen belassen - die neuen Bauteile wie Leuchtschiene, Glasbrüstungen und Handläufe halten sich konzeptionell zurück

Nach großen Zerstörungen im 2. Weltkrieg konnte lediglich der Akademietrakt wieder provisorisch in Betrieb genommen werden. Die ehemalige Kuppel auf dem Ausstellungstrakt wurde erst um 1970 mit einer, im Volksmund "Zitronenpresse" gescholtenen, Kuppel neu überwölbt. Das Gebäude selbst ist jedoch nur marginal gesichert gewesen. Nach dem Mauerfall wurde die Revitalisierung und Restaurierung des Komplexes in Angriff genommen. Ziel der Revitalisierung war die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes vor den Eingriffen der nationalsozialistischen Zeit. Die mit der Grundsanierung beauftragten Planer sicherten das Tragwerk des Bestands, begannen aber vornehmlich Fassaden und Glasdächer wieder in Stand zu setzen. Innen wurden zum Teil lose Putzflächen und Stuckfriese abgeschlagen, die nach dem damaligen Renovierungskonzept durch neue, stark von Stuckverzierungen durchsetzte Putzflächen ersetzt werden sollten.

Diese anfänglichen Sanierungsarbeiten wurden zu Gunsten eines neuen Denkmalkonzeptes eingestellt. Verloren gegangene Bauteile und Oberflächen sollten nicht eine z.T. fragwürdige Rekonstruktion erfahren, sondern (auch aus Kostengründen) in ihrem brüchigen Charme erhalten bleiben. Bereits im Jahr 2000 war die zentrale Oktagonkuppel erneuert worden und damit auch der Anfang zu dem neuen Denkmalkonzept eingeläutet worden.

Modernisierungsarbeiten
Eine Partnerschaft aus Herrn Weber von Auer+Weber Architekten, Stuttgart mit dem Dresdner Architekten Rolf Zimmermann übernahm die planerische Leitung für den letzten Bautrakt im Flügel der staatlichen Kunstsammlungen. Dabei wurden bereits früher sanierten Bauteile wie zum Beispiel die Rundpfeiler im Untergeschoss übernommen.

Ziel der Revitalisierung war es, den ruinösen - auch durch den unsachgemäßen Rückbau verursachten - Zustand des Gebäudes nur soweit zu sichern, als dies ohne verfremdende Zutaten möglich war. Abgeplatzte Friese wurden belassen und unverputztes Ziegelmauerwerk wurde sorgsam gereinigt, gefestigt und mit einer durchscheinenden altweißen Lasur gesichert. Im Vestibül ersetzte man die nicht mehr tragfähigen Doppelsäulen durch glatte Betonsäulen, die als neutrale Zutaten eine drohende Ruinen-Verklärung zu vermeiden halfen.

Solcher Umgang überzeugt: alte Bauwerke taugen selten dazu, einer denkmalpflegerischen Nostalgie Vorschub zu leisten. Dennoch wurden auch Spuren der Zerstörung als Zeitzeugen belassen, die eine gewisse "Romantik" der Patina dulden. Neben dem großen Vestibül, in dem sich auch ein grauer Informationstresen befindet, ist es vor allem der große Saal, der die feinsinnige Detailarbeit verdeutlicht: Die Wände wurden lediglich bis zur ehemaligen Unterkante der Friese weiß - den Ausstellungsbelangen zuträglich - verputzt. Darüber liegen entweder die alten Friese oder grauer Spritzputz, der wiederum ihr Fehlen verdeutlichen soll. Ein zementgrauer Estrichboden erinnert an Industriehallen.

Über eine Glaszwischendecke aus dünnen anthrazitfarbenen Profilen und milchigweißen Scheiben strömt gleichmäßiges Licht in den Saal. Oberhalb der "Staubdecke" befinden sich die heute unvermeidlichen technischen Einbauten, die jedoch im Saal selbst möglichst unscheinbar und zurückhaltend angeordnet wurden. Einige Luftdrallauslässe in den Putzflächen und sparsam angeordnete Wand- oder Deckenstrahler, die zum Teil in Lichtschienen flexibel platziert werden können, zeigen den Stand heutiger Museumstechnik. Lediglich die konisch zum Deckenrand zulaufenden Galeriedecken aus glatt geschalten Beton stellen die wirklich markanten neuen Einbauten dar. Aber auch hier zeigen eingespannte Glasbrüstungen mit schwarz lackierten Halterungsschienen und ebenso behandelten Handläufen vornehme Zurückhaltung: weniger ist eben oft mehr.

Bautafel

Architekten: Auer+Weber Architekten, Stuttgart mit Rolf Zimmermann. Dresden
Projektbeteiligte: Christof Teige, Felix Wiemken, Arnd Baumgärtner, Dom Digel, Jan Berendes. Holger Martins (Mitarbeiter); Ing.Büro Kless Müller GmbH, Dresden (Tragwerksplanung); AHS Ingenieurges. mbH, Falkenberg (HLS-Planung); Bauplanung Sachsen GmbH mit Ing. Büro Rathenow, Dresden (Elektroplanung)
Bauherr: Freistaat Sachsen
Fertigstellung: 2005
Standort: Brühlsche Terrasse
Bildnachweis: Roland Halbe, Stuttgart

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