Auditorium Obstgarten in Stäfa/CH

Baumrindengeprägte Fassade aus Sichtbeton

Eine typische Architektur aus den 1970er Jahren, mit grauen Sichtbetonkuben und Treppenanlagen aus Beton, prägten das Schulgelände Obstgarten der Schweizer Gemeinde Stäfa. Für dessen Sanierung und Neustrukturierung wurde Anfang 2004 ein Wettbewerb mit Präqualifikationsverfahren ausgeschrieben, aus dem das Züricher Büro E2A Eckert und Eckert Architekten als Sieger hervor ging.

Betonfassade aus Baumrinden, am auf das EG gesetzten Veranstaltungssaal
innenansicht des Veranstaltungssaals
Grundriss EG

Vor dem Umbau war die Aula das Kernstück der Anlage, die zusammen mit der Gemeindebibliothek im EG und zahlreichen Kurs- und Nebenräumen im UG ästhetisch und funktional nicht mehr den Anforderungen entsprach. Aus dem im Wettbewerb ursprünglich als „Singsaal“ ausgeschriebenen Projekt wurde nach intensiver Diskussion und in Zusammenarbeit mit der Schul- und politischen Gemeinde der Plan für ein multifunktionales Gebäude entwickelt: Nun bietet es eine Bibliothek, eine Catering-Küche im EG und ein großes Auditorium, das auch als außerschulisches Lernzentrum sowie für Veranstaltungen der Schule, der Gemeinde und von Vereinen genutzt werden kann.

Die Architekten ließen den Aulabau bis auf das Sockelgeschoss zurückbauen und ein komplett neues Volumen aufsetzen. Dieser nach außen völlig geschlossene, 8,00 m hohe Baukörper, nimmt das Auditorium auf. Seine Stahlbetonwanne scheint über dem zurückgesetzten, verglasten Erdgeschoss zu schweben und wird von sogenannten Raumstützen getragen. Diese Stützen – eigentlich handelt es sich eher um 70 cm dicke, geometrisch verformte Wandscheiben, die sich nach oben verbreiten – nehmen die Lasten des Saals auf und leiten diese in die wenigen Stellen der vorhandenen Mauerscheiben im UG. Natürliches Licht gelangt über Oberlichter in den Saal.

Das von außen sichtbare, besondere Kennzeichen des Auditoriums ist seine Fassade: sie ist bewusst in Beton und einer Baumrinde gleich, reliefartig, organisch-floral gestaltet. Mit ihrer Strukturierung bringt sie eine Lebendigkeit in das ansonsten eher streng wirkende Gebäudeensemble. An der Nordwestseite knickt die Fassade ab und bricht damit aus dem ansonsten rechteckigen Baukörper heraus (siehe Abb.5). So ergibt sich eine Auskragung über dem Erdgeschoss, in deren Bereich eine der Treppen herab aus dem Auditorium angeordnet ist. Eine an dieser Nord-West-Ecke außenliegende, breite Treppe führt zum Haupteingang des Auditoriums-Saals (siehe Abb.1).

Zwischen den sanierten, räumlich neu strukturiert und organisierten Schulgebäuden setzt sich das neue Auditoriumgebäude mit seiner lebendig wirkenden Außenhaut selbstbewusst in den Mittelpunkt des Campus Obstgarten.

Beton
Die Fassadengestaltung des Auditoriums folgt der Idee der fotografischen Abwicklung einer Apfelbaumrinde, denn schließlich befindet sich die Schule auf einer ehemaligen Obstplantage. Insgesamt wurden 167 Betonplatten in den Maßen 3,15  x 2,08 m als vorgehängte Fassadenplatten montiert. Jede Platte weist ein unterschiedliches Baumrinden-Motiv auf.

Um die Gussformen für die Betonplatten herzustellen, musste das digitale Motiv (die positive Form) der Baumrinde in eine digitale Negativform umgerechnet werden. In einem ersten Arbeitsschritt wurden Pixelbilder der Baumrinde übertragen. Mittels eines Vektorisierungsprogrammes erfolgte die Umrechnung der Pixeldateien in 120.000 Polylinien und einen parametrischen Datensatz. So konnte das Rindenmotiv in einen größeren Maßstab übertragen werden, ohne seine visuelle Feinheit zu verlieren. Außerdem war es möglich, das Motiv während des Planungsprozesses noch für visuelle und technische Anforderungen anzupassen.

Mittels CNC-Fräsen konnte nun das Motiv in die Gussformen (aus Styrodurplatten) geschnitten werden. In diesem Produktionsschritt wurden bereits bauliche Anforderungen an die Betonplatten berücksichtigt, so wurde beispielsweise mit einem 4°-geneigten Fräskopf gefertigt, damit das Wasser von der Strukturierung der  Betonplatten ablaufen kann. Die Gussformen wurden im Anschluss für die Herstellung der Platten aus selbstverdichtendem Beton verwendet.

Bautafel

Architekten:  E2A Eckert und Eckert Architekten, Zürich
Projektbeteiligte: Implenia, Dietlikon (Generalunternehmer); Caretta Weidmann, Zürich (Baumanagement); Walt+Galmarini, Zürich (Tragstruktur); Feroplan Engineering, Zürich (Fassadenplanung); Leuthard+Mäder, Brüttisellen (Bauphysik); Brühlmeier Modellbau, Villmergen/CH (CNC-Fräsen), Element, Veltheim (Produktion Betonelemente)
Bauherr: Schulgemeinde Stäfa, Ausschuss + Liegenschaften, Stäfa
Standort: Tränkebachstraße, Stäfa
Fertigstellung: 2010
Bildnachweis: Radek Brunecky, Zürich; Hagen Stier, Hamburg; E2A Eckert und Eckert Architekten , Zürich

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