Architekturschule in Tournai

Skulpturaler, kantiger Betonbau verbindet Bestand

Obwohl für die Architekturfakultät zunächst ein Neubau angedacht war, entschieden sich die Verantwortlichen der seit 2010 zuständigen belgischen Université Catholique de Louvain (UCL) dann doch für eine zentral gelegene Industriebrache im Zentrum von Tournai. In der wallonischen Stadt im Grenzgebiet zu Frankreich wird überwiegend französisch gesprochen. Nach einem geladenen Wettbewerb im Jahr 2013 setzte sich das Konzept von Aires Mateus aus Lissabon gegen vier weitere Architekturbüros durch. Ihr Lösungsansatz besticht durch radikale Einfachheit. Bei der Architekturschule Tournai wurden Bestandsgebäude aus Ziegel einer alten Fabrik und eines Herrenhauses durch einen bis zu dreigeschossigen Neubau aus Beton und Stahl geschickt zu einem Ensemble verbunden.

Blick von Südosten: Das Konzept der Architekten Aires Mateus aus Lissabon besticht durch radikale Einfachheit
Die Bestandsgebäude einer alten Fabrik und eines Herrenhauses verbanden die Planer geschickt durch einen bis zu dreigeschossigen Neubau aus Beton und Stahl
Im Bestand sind eine Bibliothek und studentische Arbeitsräume sowie die Seminarräume und die Verwaltung untergebracht

Trotz der vorgegebenen städtebaulichen Zwänge gelang den portugiesischen Architekten eine wunderbare Eingliederung des strukturierenden Neubaus. Der Trakt aus weiß verputztem Ortbeton verbindet die historischen Gebäude sowohl horizontal als auch vertikal, durch die Positionierung wird zudem ein gemeinsamer Innenhof geschaffen. In den Bestandsbauten sind eine Bibliothek und studentische Arbeitsräume sowie die Seminarräume und die Verwaltung untergebracht. Der Ergänzungsbau beherbergt ein Auditorium und ein großes Foyer, dessen Glasfront sich zum Hof öffnet. Die klare, kantige Formensprache mit sparsamen Öffnungen, die teils mit Schrägen wie Dachgiebel ausgeführt sind, setzt sich im Inneren fort.

Die überraschenden, sauberen Einschnitte in das Volumen imitieren stadttypische Passagen des historischen Tournai. Die Treppe ist als doppelläufige Spirale ausgebildet, im Grundriss tropfenförmig und durch ein ebensolches Oberlicht erhellt (Abb. 16-19, 35). Das Auditorium ist im Erdgeschoss eingeschoben wie ein kleines Haus. Das den gesamten Baublock von Südost nach Nordwest durchdringende, nach Nordosten verzweigte Gebäude erscheint aufgrund einer konsequent monochromen Gestaltung fast wie ein Architekturmodell. Mit dem Bestand durch Öffnungen und Hohlformen verwoben, stellt der reduzierte weiße Betonbau interne Verkehrsbeziehungen her.

Flachdach
Durch die unterschiedlichen Höhen des Neubaus als Annäherung an die benachbarten Bestandsbauten ergeben sich fünf Flachdachebenen. Die skulptural-kantige Formensprache der Architekten setzt sich hier konsequent fort. Jede Dachebene wird, unsichtbar für den Betrachter, separat entwässert. Die Attika tritt optisch in den Hintergrund – der Übergang zwischen Wänden und Dach erscheint nahtlos.

Der Dachaufbau ist von oben nach unten wie folgt: Oberste Deckung ist eine klassische Kiesschicht, unter der ein Geotextil zum Schutz der Wärmedämmung ausgelegt wurde. Unter der Wärmedämmung verläuft eine Imprägnierung, die wasserabweisende Schicht, die auf einer Leichtbetondecke aufgebracht ist. Das Ganze ruht auf der Stahlbetonkonstruktion.

Bautafel

Architekt: Manuel und Francisco Aires Mateus, Lissabon
Projektbeteiligte: Jorge P. Silva (Projektleitung); Tradeco Belgium, Mouscron (Tragwerksplanung)
Bauherr: Université Catholique de Louvain, Louvain-la-Neuve
Fertigstellung: 2017
Standort: Rue du Glategnies 6, 7500 Tournai, Belgien
Bildnachweis: Tim van de Velde, Brüssel

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