Pavillon am Haus der Kulturen der Welt in Berlin
Luftige Außenstation fürs Ausstellungshaus
Anfang Juni 2023 strömten unzählige Menschen zum Haus der Kulturen der Welt (HKW) zwischen Spree, Tiergarten und Kanzleramt. Nach mehrmonatigem Umbau wurde das wuchtige, orangerote Gebäude mit dem geschwungenen Betondach wiedereröffnet. Nicht nur in den Sälen und im Foyer hatte sich viel verändert, auch die Fassaden waren geschmückt. Zusätzlich luden Installationen im Freien zum Platznehmen ein. Darunter war ein dreieckiger Pavillon mit Luftkissendach, entworfen von Raumlabor Berlin und realisiert mithilfe von Studio Stoffdach.
Gallerie
Anlass für das Makeover bot die Ernennung von Bonaventure Soh Bejeng Ndikung zum Intendanten und Chefkurator, gefolgt von einer Neubesetzung des Teams und neuen thematischen Schwerpunkten: Kolonialismus und Unterdrückung, globale Beziehungen von Menschen und Räumen sowie Vielfalt von Weltanschauungen, Sprachen und Gemeinschaften. Der Veranstaltungskalender des HKW war schon zuvor prall gefüllt: Neben den Ausstellungen gibt es regelmäßig Lesungen, Konzerte, Workshops und Performances, für die auch das frei zugängliche, weitläufige Foyer genutzt wird. Außerdem verfügt die ehemalige Kongresshalle über eine riesige Dachterrasse, ein Wasserbecken mit ausladender Freitreppe und eine ausgedehnte Grünanlage. Im Sommer werden diese Orte zu Bühnen und Tribünen.
Gallerie
Raus aus dem Haus
Der Außenraum soll fortan eine noch größere Rolle spielen für das HKW-Programm. Zwischen 2023 und 2027 ergänzen jährlich wechselnde Pavillons das Ausstellungshaus, unter dem Titel Shaped to the Measure of the People’s Songs (Gestaltet nach dem Takt der Lieder der Leute). Mit den kleinen Außenstationen möchte das HKW-Team das Programm und seine Themen in den umgebenden Stadt- und Naturraum tragen – inklusiv und zugänglich für Besucher*innen wie zufällig Vorbeikommende. Im Eröffnungspavillon wurde unter anderem das Buch zur Ausstellung O Quilombismo präsentiert. Später im Sommer konnten hier Hörmaterial und Lesungen des Literaturfestivals PREE. Caribbean Writing verfolgt werden.
Gallerie
Das kleine Bauwerk steht im Semra Ertan Garten, auf der Südseite des Gebäudes, zwischen Wasserbecken und Vorfahrtsstraße. Bunt und luftig ist der dreieckige Satellit: Vor dem Zickzack des Fachwerks flattern farbenfrohe Kunststoffstreifen und bilden einen durchlässigen, lebendigen Vorhang. Darüber wölbt sich ein weißes Luftkissen, das sich im Inneren sanft durch die Dachstruktur drückt. In der Mitte des gleichmäßig ausgeleuchteten Raums befindet sich ein violett gestrichenes polygonales Becken mit verschiedenen Stufen.
Gallerie
Mehrdimensionale Zusammenhänge
Für den Entwurf zuständig war Raumlabor Berlin, dessen Team bekannt ist für seine kollaborative, forschungsbasierte Gestaltung und experimentellen Interventionen (siehe Bauwerke zum Thema). Inspiriert ist der HKW-Pavillon von Buckminster Fullers Dymaxion Map. Diese zeigt die Weltkarte als Abwicklung eines Polyeders, auf der die Kontinente als zusammenhängende Kette erscheinen. Dieser Polyeder wiederum besteht aus zwanzig gleichseitigen Dreiecken mit Winkeln von je 60°. Auf solchen basiert auch die Tragstruktur des Raumlabor-Entwurfs.
Gallerie
Das 3,72 m hohe Holzgerüst besteht aus zwei dreieckigen Ebenen – Fußboden und Dach – jeweils mit 15 m Seitenlänge. Dazwischen sind diagonale Fachwerkstützen zu sehen, die an die Schwellen bzw. Dachrandbalken anschließen – und zwar ebenfalls im Winkel von 60°. Die Dreiecke des Tragwerks sind also alle miteinander verbunden, ganz wie in Buckminster Fullers Abwicklung.
Gallerie
Studio Stoffdach übernahm die Ausführungsplanung sowie die Montage des Luftkissendachs. Die Dachebene ist als Gitterrost aus Rand-, Haupt- und Nebenträgern ausgebildet, auf dem ein zweilagiges PVC-beschichtetes Polyestergewebe liegt. Durch einen permanenten Überdruck von 300 Kilopascal wird das Membrankissen aufgeblasen und mithilfe von Polyestergurten in die Form der dreieckigen Dachfelder gedrückt. Der Stich der Membran beträgt etwa 1,5 Meter, sodass der Pavillon insgesamt 5,22 Meter hoch ist. -ml
Bautafel
Architektur: Raumlabor Berlin
Projektbeteiligte: Studio STOFFDACH (Tragwerks- und Genehmigungsplanung, Montage des Luftkissendachs)
Bauherr*in: Haus der Kulturen der Welt
Fertigstellung: 2023
Standort: John-Foster-Dulles-Allee 10, 10557 Berlin
Bildnachweis: Tom Dachs, Nin Solis, Marvin Systermans (Fotos); Studio Stoffdach (Pläne)
Fachwissen zum Thema
Bauwerke zum Thema
Baunetz Wissen Sonnenschutz sponsored by:
MHZ Hachtel GmbH & Co. KG
Kontakt: 0711 / 9751-0 | info@mhz.de