Gemeindezentrum und altersgerechtes Wohnhaus in Frankfurt
Wasserstrichziegel im wilden Verband
Das Stadtentwicklungsgebiet Westhafen in Frankfurt am Main liegt
am südwestlichen Rand der Innenstadt und zehn Gehminuten vom
Hauptbahnhof entfernt. In den vergangenen Jahren entstand dort ein
Wohn- und Bürogebiet mit insgesamt 220.000 Quadratmetern
Bruttogeschossfläche in direkter Nähe zum Main. Insgesamt wurde
dabei neuer Wohnraum für circa 1.600 Menschen geschaffen. Auf einem
nur wenige Meter vom Main entfernten Baufeld in der Hafenstraße,
bildet das Wohngebäude mit Gemeindezentrum für den Evangelischen
Regionalverband Frankfurt am Main den Abschluss der Bauarbeiten im
Westhafen. Der siebengeschossige Baukörper nach Plänen des
ortsansässigen Architekturbüros Stefan Forster schließt auf der
einen Seite an den Blockrand an, lässt jedoch auf der anderen eine
Lücke, und schafft dort einen Eingang. Die Architekten verzichteten
bewusst auf das klassisches Erscheinungsbild eines Kirchenbaus.
Das Gemeindezentrum ist in den ersten beiden Geschossen
untergebracht und in der Fassade durch die zweigeschossigen Fenster
des Gemeindesaals ablesbar. Die Erschließung erfolgt über einen
kleinen erhöhten Vorplatz, von dem aus die öffentlichen Bereiche
des Gebäudes und der ebenerdige Gemeindesaal zugänglich sind. Der
Eingang wird durch ein in Backstein profiliertes Kreuz, einen
Gebäudeeinschnitt und ein Portal von doppelter Geschosshöhe
zusätzlich betont. Die oberen fünf Geschosse beherbergen Wohnungen
unterschiedlicher Größe. Insgesamt sind 14 seniorengerechte
Eineinhalb- bis Dreizimmerwohnungen entstanden, die vorzugsweise an
ältere Menschen vermietet werden sollen. Die barrierefrei
zugänglichen Wohnungen lassen sich jeweils über ein Treppenhaus und
einen Aufzug erreichen. Alle Wohnungen sind mit mindestens einer
Loggia oder einer Terrasse ausgestattet. Zum Hof öffnet sich das
Gebäude entlang der Wohnzimmer mit Loggien, welche als durchgehende
Arkadengänge ausgebildet sind.
Den oberen Abschluss des Gebäudes bildet ein an einen Glockenturm
erinnernder Aufbau, in dem die Haustechnik des Gebäudes
untergebracht ist. Eine eingeschossige Tiefgarage bietet genügend
Stellplätze für die Bewohner. Das Dach der Tiefgarage wird
größtenteils von der angrenzenden Kindertagesstätte genutzt. Der
von einer 2,50 Meter hohen, verklinkerten Mauer eingefasste
Innenhof steht der Gemeinde zur Verfügung und kann für
Veranstaltungen genutzt werden kann. Mit einem Primärenergiebedarf
von rund 38 kWh/m²a entspricht der Neubau dem
KfW-Effizienzhaus-Standard 40.
Gallerie
Mauerwerk
Die Gestaltung der Fassade mit rötlich-braunen Holzfenstern und
kontrastierendem, fast schwarzem Sichtmauerwerk aus Klinker soll an
die Geschichte des Westhafens mit seinen Lagerhäusern und
Getreidespeichern erinnern.
Der Neubau wurde mit zweischaligen Außenwänden mit Luftschicht und
Wärmedämmung errichtet. Auf eine 25 cm starke tragende
Stahlbetonwand wurde eine 16 cm starke Wärmedämmschicht aus
Mineralwolle aufgebracht. Ein 4 cm breiter Luftspalt gewährleistet
die nötige Hinterlüftung des Sichtmauerwerks aus
Klinkersteinen. Aufgrund der für den Ort charakteristischen
Oberfläche von gebranntem Backstein entschied sich der Architekt
für Wasserstrichziegel mit ihren typischen Schlieren
und aufgerauten Stellen. Die Farbnuancen lassen jeden Klinkerstein
einmalig erscheinen, und die Profilierung der Ziegel sorgt für
ein deutliches Licht-und-Schatten-Spiel auf der Fassade. Bei dem
Wasserstrichziegel handelt es sich um einen Klinkerstein im
Dünnformat mit den Abmessungen 24 x 11,5 x 5,2 cm. Dieser Stein
wurde innerhalb der Fassade im wilden Verband
vermauert, die Fugen abschließend besandet.
Das Klinkerkreuz im Eingangsportal zum Gemeindezentrum wurde durch
drei Reihen von Köpfen im Halbverband mit 50 mm Überstand
realisiert. Dafür kamen ungelochte und umlaufend glasierte
Klinkersteine zum Einsatz.
Das Gebäude erhielt die Auszeichnung Vorbildliche Bauten im
Land Hessen 2014 der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen
und dem Hessischen Ministerium der Finanzen.
Bautafel
Architekten: Stefan Forster Architekten, Frankfurt
Projektbeteiligte: PB Planungsbüro für Haustechnische Anlagen, Ingelheim (Haustechnik); Kannemacher + Dr. Sturm, Frankfurt (Statik); AC Bauphysik Consult, Frankfurt (Akustik); Ingenieurbüro Schmid, Frankfurt/Main (Bauleitung/Ausschreibung); Ingenieurbüro für Geotechnik N. Gündling, Darmstadt (Geotechnik); Wittig + Kirchner, Bad Homburg (Vermessung); Michael Palm, Weinheim (Außenraumgestaltung); Ziegelei Hebrok, Natrup-Hagen (Klinkerhersteller)
Bauherr: Evangelischer Regionalverband Frankfurt
Fertigstellung: 2012
Standort: Hafenstraße 5-7, 60327 Frankfurt
Bildnachweis: Stefan Forster Architekten, Frankfurt; Lisa Farkas, Frankfurt
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