Friedhofskapelle St. Lawrence in Vantaa
Weiß verputztes Mauerwerk im Kreuzverband
Das nördlich von Helsinki gelegene Vantaa ist die viertgrößte
Stadt Finnlands. Hier sind wie im ganzen Land die meisten Bewohner
evangelisch-lutherisch. So gibt es insgesamt sieben
Kirchengemeinden dieser Glaubensrichtung, eine davon ist
Hämeenkylä. Im Zentrum ihrer weitläufigen Kirchenanlage steht die
mittelalterliche Steinkirche St. Lawrence. Sie ist von einem
Friedhof und mehreren kleinen Bauten umgeben. Zusätzlich sollte auf
diesem Areal eine Friedhofskapelle entstehen, die sich dem
historischen Umfeld unterordnet. Darum lobte die Gemeinde einen
offenen Wettbewerb aus, den das Büro Avanto Architects aus Helsinki
für sich entscheiden und umsetzen konnte.
Der zweigeschossige Neubau an der nördlichen Grenze des Friedhofs
setzt sich aus drei unterschiedlich großen Flachbauten zusammen,
die mehrere Höfe umschließen. Im Inneren sind die Baukörper
miteinander verbunden; von außen werden sie jedoch durch hohe, weiß
gekalkte Steinmauern optisch voneinander getrennt. Weithin sichtbar
ist der neue Glockenturm, der die südwestliche Gebäudeecke
markiert.
Gallerie
Das konzeptionelle Thema des Entwurfs lautet Polku (finnisch = Weg). Dementsprechend verstehen die Architekten die Kapelle als bauliche Umsetzung des letzten Weges – vom Diesseits ins Jenseits. Die Wegeführung im Gebäude ist also von besonderer Bedeutung: Der Haupteingang liegt im Westen und läuft an der Außenwand entlang über die gesamte Gebäudelänge in die größte der drei Kapellen. Lange, helle Gänge führen in die zwei hohen Kapellen und in den Raum für Urnenbestattungen sowie über eine schlichte schwarze Treppe ins Untergeschoss. Hier steht den Trauernden ein zusätzlicher Raum zum Abschiednehmen vor der Sargschließung zur Verfügung. Nach den Feierlichkeiten vollzieht der Weg innerhalb der Kapelle eine Wende um 90° nach Süden und führt dann an einem kleinen Hof mit Wasserbecken vorbei direkt auf den Friedhof.
Die gleiche Wegeführung findet sich bei der zweiten Kapelle –
Weg, Kapelle, Richtungswechsel und Hof mit Wasserfläche sind dabei
etwas kleiner ausgebildet. Dadurch können zwei Trauerfeiern
gleichzeitig stattfinden, ohne dass die Angehörigen sich
gegenseitig stören. Der dritte und kleinste Trauerraum ist
Urnenbeisetzungen vorbehalten. Er wird über einen mit der zweiten
Kapelle gemeinsam genutzten Vorraum erschlossen, bietet jedoch nach
der Zeremonie einen separaten Ausgang zum Friedhof. Schmale
Oberlichtbänder begleiten alle Wege als durchgehende
„Himmelslichter”.
Als Materialien und Baustoffe wurden außer Ziegelsteinen Glas,
Stahl, Holz und Beton verwendet. Leicht austauschbares,
vorpatiniertes Kupfer kommt für die Deckenverkleidungen sowie als
Blick- und Sonnenschutz für die großflächigen Verglasungen zum
Einsatz – hier allerdings in perforierter Ausführung. Die Wege
innen und außen sind mit Schieferplatten belegt. Alle Baustoffe
sind vor Ort häufig zu finden und haben zum Teil eine lange
Tradition im lokalen Kirchenbau.
Mauerwerk
Für die Wände fiel die Wahl auf Mauerwerk, da die solide Bauweise
die getragene Stimmung einer Friedhofskapelle unterstreicht. Das
Mauerwerk wurde als stabiler Verband mit zwei Ziegellagen ausgeführt.
Dafür wurden Kleinlochziegel mit den Abmessungen 270 x 130 x 75 mm
verwendet. Die roten Mauerziegel weisen eine raue Oberfläche auf,
sodass aufgrund der Grobkörnigkeit der Ziegeloberfläche ein guter
Verbund mit dem Überputz gewährleistet ist. Das Mauerwerk wurde als
Kreuzverband errichtet und außen und innen mit
einer dünnen Schicht weißem Kalkputz getüncht. Das darunter
liegende Muster des Verbandes bleibt klar erkennbar und zeichnet
sich in der Fassade sowie im Innenraum ab.
Im Innenraum der größten Kapelle arbeitete der Bildhauer Perttti
Kukkonen das Kunstwerk Ristin tie (finnisch = Der Kreuzweg)
als Teil des Mauerwerks mit speziell angefertigten Ziegeln in die
große Kapellenwand ein. Es zeigt sich nach dem Verputzen als
strichförmige Erhebung in der Wand (siehe Abb.22). Von dem Künstler
stammt auch eine kreuzförmige Konstruktion aus lichtdurchlässigem
Beton, die ebenfalls in das Mauerwerk integriert wurde.
Bautafel
Architekten: Avanto Architects, Helsinki
Projektbeteiligte: Kai Korhonen, Helsinki (Innenarchitekt); Landscape Architects Byman Ruokonen, Helsinki (Landschaftsplanung); R J Heiskanen Engineers, Helsinki (Tragwerksplanung); Wienerberger, Lappila (Mauerziegelhersteller)
Bauherr: Ev.-luth. Kirchengemeinde Hämeenkylä, Vantaa
Fertigstellung: 2010
Standort: Pappilankuja 3, 01510 Vantaa
Bildnachweis: Kuvatoimisto Kuvio, Helsinki; Tuomas Uusheimo, Helsinki; Avanto Architects, Helsinki
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