Aussegnungshalle und Friedhofsanlage in Ingelheim
Verblendmauerwerk aus gelb-grauen Bruchsteinen
Friedhöfe sind Orte der Ruhe und Besinnlichkeit. Sie bilden in Zeiten der Trauer den würdigen Rahmen für den Abschied aus dem Leben. Da in Ingelheim am Rhein die Stadtteilfriedhöfe zunehmend an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, wird der bestehende Friedhof in Frei-Weinheim im Norden der Stadt, schrittweise zum Zentralfriedhof erweitert. Als eine der ersten Maßnahmen wurde ein Gebäude aus den 1960er Jahren abgerissen und an dessen Stelle die neue Aussegnungshalle nach Plänen von Bayer & Strobel Architekten aus Kaiserslautern errichtet.
Gallerie
Bruchsteinmauern bilden das wesentliche Element der Neugestaltung: Sie grenzen als 1,90 Meter hohe Umfassungsmauern den Friedhof von der Straße ab, trennen als Stützmauer den Eingangsbereich von den Friedhofsteilen für Erdbestattungen und bilden die Fassaden der Aussegnungshalle. Diese gilt als wichtigster Raum der neuen Friedhofsanlage, hebt sich mit ihrem spitzen Satteldach ab und markiert zugleich den östlichen Haupteingang.
Nachdem die äußere Friedhofsmauer passiert ist, öffnet sich nach
ein paar Metern ein breites Tor in der Fassade des Neubaus und die
Besucher und Trauernden gelangen auf den Vorhof der
Aussegnungshalle, in dem auch größere Trauergemeinden ausreichend
Platz finden. Umfasst wird der Vorhof von Stützmauern und durch
einen L-förmigen Baukörper, der im Norden die Aussegnungshalle
aufnimmt und nach Westen hin weitere Nebenräume, die über eine
eigene Zufahrt verfügen. Der Baukörper ist als Flachdach errichtet,
nur die Aussegnungshalle wird über ein steil geneigtes Satteldach
betont. Da die Architekten diese nicht als reinen Ort der Trauer,
sondern auch als Ort der Hoffnung verstehen, ist der Innenraum hell
und freundlich gestaltet. Er öffnet sich zu den Seiten zu zwei
kleinen Innenhöfen. Diese gewährleisten eine gute Belichtung und
verhindern Einblicke von anderen Friedhofsbesuchern. Weiteres
natürliches Licht fällt durch ein durchlaufendes Oberlicht entlang
der Firstlinie in die Aussegnungshalle. Der Abschiednahmeraum neben
der Halle ist kleiner und durch den Holzboden und die Schiebetür
intimer gestaltet. Hier kann vor der Aussegnung im kleinen Kreis
von den Verstorbenen Abschied genommen werden.
Da Friedhof und Aussegnungshalle eine gestalterische Einheit bilden
sollen, haben die Architekten für die Gestaltung der Wände das
gelb-graue Bruchsteinmauerwerk der bestehenden Umfassungs- und
Stützmauern der höher gelegenen Erdbestattungsebene aufgegriffen.
Die Bruchsteinmauern setzen sich bis in das Innere hinein fort. Es
entsteht eine differenzierte Abfolge von Innen- und Außenräumen mit
fein abgestimmten Übergängen.
Das Mauerwerk kombinieren die Architekten mit scharfkantigem
Sichtbeton und großzügigen Verglasungen. Aufgrund der langen
Nutzungsdauer eines Friedhofs wurde bei der Materialwahl besonders
Wert auf Beständigkeit und eine hohe Qualität gelegt. So ist neben
den Bruchsteinen das Satteldach mit einem Kupferdach mit
matt-grauer Zinnoberfläche eingedeckt, die Böden sind aus Terrazzo
und das Eichenholz in der Aussegnungshalle und dem
Abschiednahmeraum setzt warme Akzente.
Mauerwerk
Der eingesetzte Naturstein ist typisch für die Region: ein
gelb-grauer Travertin, der gespalten und getrommelt wurde. Das
Bruchsteinmauerwerk kommt vorwiegend als Verblendmauerwerk vor einer 20 cm starken
tragenden Stahlbetonwand zum Einsatz. Eine 15 cm dicke Kerndämmung
gewährleistet den nötigen Wärmeschutz. Das 20 cm starke
Sichtmauerwerk im Innenraum ist ebenfalls aus Bruchsteinen
gemauert. Seine Rückverankerung erfolgt mit gedübelten
Drahtankern.
Auch die Giebeldreiecke in der Nord- und Südfassade sind als
mehrschalige Wand aufgebaut. Dabei ist das Verblendmauerwerk der
Giebelflächen im Innenraum mit Mauerziegeln im wilden Verband gemauert
und anschließend mit einer Sonderrezeptur basierend auf dem
Naturstein-Fugenmaterial geschlämmt. Bei der Westfassade der Anlage
besteht das 20 cm starke tragende Hintermauerwerk aus Kalksandsteinen.
In den Außenanlagen sind die Stützmauern und Einfriedungen
ebenfalls mit einem Mauerwerk aus Bruchsteinen versehen. Es weist
jeweils eine Stärke von 25 cm auf, der innere tragende Kern besteht
aus 20 cm Stahlbeton.
Als Mörtel wurde ein auf der Baustelle angemischter
Trass-Zement verwendet. Die Fugen wurden bis zu einer Tiefe von 50
mm ausgeräumt und mit einem Trass-Werksteinmörtel maschinell
spritzverfugt und anschließend gereinigt sowie
sandgestrahlt.
Bautafel
Architekten: Bayer & Strobel Architekten, Kaiserslautern
Projektbeteiligte: Urbane Gestalt Johannes Böttger, Köln (Freiraumplanung); August Wolfsholz Ingenieurbau, Leonberg (Mauerarbeiten); Traco Deutsche Travertin Werke, Bad Langensalza (Bruchsteine)
Bauherr: Amt für Umweltschutz und Grünordnung, Stadt Ingelheim am Rhein
Fertigstellung: 2012
Standort: In den Frenzen, 55218 Ingelheim
Bildnachweis: Christian Köhler und Peter Strobel von Bayer & Strobel Architekten, Kaiserslautern
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