Nachhaltigkeitszertifizierung des Concrete Sustainability Councils

Ausweis für Nachhaltigkeit in der Beton- und Zementindustrie

Wer von nachhaltigen Baumaterialien spricht, meint in der Regel keine Betonwerkstoffe. Aufgrund hoher CO2-Emissionen, einer fast unmöglichen Kreislaufverarbeitung und dem großen, zur Herstellung benötigten, Wasserbedarf macht sich der Baustoff im Klimadiskurs eher unbeliebt. Das soll sich nun ändern. Um auch die Zement- und Betonindustrie in den Wandel einzubeziehen, vergibt das Concrete Sustainability Council (CSC) eine Reihe von Zertifikaten, die das nachhaltige Wirtschaften von eben diesen Firmen mit Blick auf die Wertschöpfungsprozesse bewertet.

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Die in Genf ansässige internationale Organisation wurde 2016 auf Anregung der Nachhaltigkeitsinitiative Zement (Concrete Sustainability Initiative – CSI) des Weltwirtschaftsrats für Nachhaltige Entwicklung (World Business Council for Sustainable Development – WBCSD) gegründet. Ein Jahr später wurde das Zertifizierungssystem eingeführt, das zusammen mit Praktiker*innen aus der Bau- und Materialbranche entwickelt wurde. Eingeflossen ist auch „umfangreicher Rat von Umweltexperten und zivilgesellschaftlichen Vertretern zu den ökologischen und sozialen Kriterien“ (siehe Surftipps).

Relevanz der Zertifizierung

Mit den CSC-Zertifizierungen sollen die Produktionsprozesse und deren Auswirkungen durchschaubarer werden. Hersteller haben so die Chance nachzuweisen, dass es sich bei ihren Produkten um einen – nach eigener Aussage – nachhaltigen Baustoff handelt. Die am Bau Beteiligten sollen sich auf dieser Grundlage für Beton entscheiden. Vorteile des CSC-Labels sieht das Council, wie bei den meisten Zertifizierungssystemen in der bevorzugten Vergabe von Aufträgen an nachhaltige Firmen. Zudem ist das Siegel international anerkannt durch die Berücksichtigung in globalen Bewertungssystemen zur Nachhaltigkeit von Gebäuden, wie beispielsweise BREEAM, DGNB, LEED, ÖGNI und Envision. 

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In Deutschland organisiert der Bundesverband der Deutschen Transportbetonindustrie (BTB) das Zertifizierungssystem. In der Rolle des regional System Operators ist der BTB Ansprechpartner für interessierte Unternehmen, bringt sich bei der Entwicklung lokaler Richtlinien ein und engagiert sich für die Anerkennung der Zertifikate im Kontext anderer Zertifizierungssysteme sowie bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge. Ausgestellt werden die Zertifikate jedoch von lokalen Zertifizierungsstellen, die einen Lizenzvertrag mit dem Council abgeschlossen haben. Dazu gehört unter anderem der Verein Deutscher Zementwerke (VDZ); dieser untersucht, inwieweit Betriebe ökologisch, sozial und ökonomisch verantwortlich handeln. 

In den Blick genommen werden nicht nur Auswirkungen der Herstellungsprozesse auf beispielsweise Gewässer, Böden und Menschen, sondern auch der weitere Verlauf der Wertschöpfungskette. So können sich etwa die Zulieferer von Zement und Gesteinskörnungen ebenfalls über das CSC-System bewerten lassen und ein Lieferantenzertifikat erhalten. Eine aktuelle Übersicht über die in Deutschland zertifizierten Werke ist auf der Internetseite des CSCs zu finden (siehe Surftipps). 

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Zertifizierungskriterien

Unabhängig vom angestrebten Zertifizierungsniveau sind zunächst folgende fünf Grundvoraussetzungen zu erfüllen: 

  • Ethik und Einhaltung geltender Gesetze
  • Menschenrechte
  • Rechte indigener Völker
  • Umwelt- und Sozialverträglichkeit
  • Nachvollziehbare Materialherkunft 

Bei den Grundvoraussetzungen werden keine Punkte vergeben, dafür bei den fünf weiteren Kategorien mit insgesamt 24 Prüfkriterien: 

  • Management
  • Umwelt
  • Soziales
  • Ökonomie
  • Produktkette

Je höher die angestrebte Zertifizierungsstufe, desto mehr Kriterien gelten ebenfalls als Grundvoraussetzung. Was sich genau hinter den diesen Kriterien verbirgt, kann im Technischen Handbuch des CSC nachgelesen werden (siehe Surftipps). Dort steht auch, mit welcher Punktzahl (Credits) die Kriterien in die Bewertung einfließen und welche Nachweise nötig sind.

Die Rechte indigener Völker werden gesondert betrachtet, um indigenen Gemeinschaften im Umfeld von Abbau- und Produktionsstätten zu berücksichtigen, „deren Lebensräume durch die Agrar- und die Rohstoffindustrie bedroht“ sind – so formuliert es das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). „In Deutschland werden keine potenziellen Auswirkungen auf indigene Völker gesehen“, heißt es im Technischen Handbuch des CSC. Entsprechend gilt diese Grundvoraussetzung für Werke in Deutschland als erfüllt. Allerdings tauchen die Belange von Anwohnenden und Kommunen in der Kategorie Soziales auf. Dort geht es etwa um Umsiedlung, Wertminderung von Landbesitz und Auswirkungen auf Boden, Luft und Wasser. 

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Ablauf der Zertifizierung

Die Dokumente werden von einer speziell geschulten Person (Auditor*in) geprüft, die oftmals bei einer der Zertifizierungsstellen angestellt ist. Als Nachweise sind in vielen Fällen Richtlinien, Erklärungen und Aktionspläne der Unternehmen ausreichend. Ungewiss ist also, ob die Prüfer*innen auf diese Weise in der Lage sind, über potenzielle Konsequenzen für menschliches und nicht-menschliches Leben zu entscheiden. Jedoch kann sich der Auditor exemplarisch vor Ort von der Richtigkeit und Anwendung der Erklärungen und Richtlinien überzeugen, bevor er über die Zertifizierung entscheidet.  

Für die Credits gilt generell: Das Betonwerk wird mit 60 % der Punkte gewichtet und die Lieferkette mit 40 %, wobei die Zementhersteller 25 % und die Gesteinskörnungslieferanten 15 % stellen. Abhängig von der erreichten Punktzahl wird ein Bronze-, Silber-, Gold- oder Platin-Zertifikat ausgestellt. Ergänzend können von den Unternehmen weitere Label erworben werden. Dazu gehören das R-Label, das den Einsatz rezyklierter Gesteinskörnungen anzeigt, und das CO2-Modul für reduzierte Treibhausgasemissionen bei der Betonherstellung.

Webinare, Erklärungsvideos und Online-Tools des BTB unterstützen Interessent*innen auf dem Weg zur Zertifizierung und schlüsseln die Bewerbungsschritte verständlich auf. 


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