Umbau einer Seidenfabrik in Schanghai zum Architekturbüro „J-Office"
Parametrisch gekräuselte Fassade aus Aschesteinen
Wenige einfache Eingriffe verhalfen einer aufgegebenen ehemaligen Seidenfabrik in Schanghai zum Comeback als Architekturbüro. Das Büro Archi-Union Architects machte die alten Produktionsgebäude in einem Industriegebiet am Flussufer des Huangpu zu seinem eigenen Arbeitsplatz. Dabei nutze es für den Umbau sowohl traditionelle Handwerkstechniken als auch moderne digitale Entwurfsmethoden.
Gallerie
Der ursprüngliche Fabrikkomplex bestand aus drei lang gezogenen, parallel aneinander angrenzenden Lagerhallen mit Satteldächern. Das Dach der mittleren Halle deckten die Architekten bis auf das hölzerne Tragwerk ab. Dieses schwebt nun über einem neu angelegten grünen Innenhof. Der Haupteingang führt direkt in diesen Hof, von dem aus die beiden anderen Gebäudeteile betreten und über neu ausgeschnittene, teilweise fast raumhohe Fenster belichtet werden. Eine umlaufende Wand aus durchlässigem Mauerwerk umschließt das Grundstück auf drei Seiten und fasst es als Ganzes zusammen. Die einzelnen Mauersteine sind rotiertend zueinander angeordnet und bilden so eine variierende, semitransparente neue Fassade. Sie folgt der Traufkante der Hallen und steigt auf der Eingangsseite entlang eines der Giebel an.
Die Halle rechter Hand des Hofs dient als Ausstellungsfläche für Projekte des Büros, die linke nimmt die eigentlichen Arbeitsräume auf. Hier gliedert ein skulpturaler hölzerner Einbau mit Besprechungsräumen den Innenraum. Auf der schmalen, schräg zulaufenden Restfläche hinter dem Arbeitsgebäude entstand zudem ein Teehaus mit Teich als Pausenraum.
Mauerwerk
Als „Seidenwand" bezeichnen die Architekten die den Komplex
umfassende, selbsttragende Mauer. Angelehnt an die Geschichte des
Ortes, soll die Struktur der Wand an die changierende Oberfläche
von Seidenstoff erinnern. Mauerwerk als traditionelles Bauelement
kennzeichnet die Gebäude der Umgebung und sollte auch bei der
Seidenwand zum Einsatz kommen. Als Basismaterial dafür entschieden
sich die Architekten für in China weitverbreitete und
kostengünstige Aschesteine, in diesem Fall in Form quadratischer
Hohlsteine. Diese einfach herzustellenden Betonsteine enthalten als
Zuschlag Flugasche, welche in großen Mengen als Nebenprodukt bei
der Verbrennung von Kohle entsteht.
Für die Gestaltung der Wandoberfläche analysierten die Architekten
den Faltenwurf von Seide anhand eines Fotos und erstellten daraus
ein digitales Muster. Die parametrisch entworfene Struktur besteht
aus leicht verdreht zueinander angeordneten Steinen. Die Ausführung
eines ersten Entwurfs stellte sich zunächst als zu komplex heraus,
woraufhin die Rotation der Mauersteine auf zehn verschiedene Winkel
beschränkt wurde. Diese Winkel konnten die Maurer dann mithilfe von
dreieckigen Holzschablonen reproduzieren. Das so entstandene
Mauerwerk variiert zwischen geschlossen und durchlässig, filtert
das Sonnenlicht und gewährt vereinzelte Einblicke ins
Innere.
Bautafel
Architekten: Archi-Union Architects, Schanghai
Projektbeteiligte: Philip F. Yuan (Chief Designer); Alex Han, Fuzi He (Design Team)
Bauherr: Archi-Union Architects, Shanghai
Fertigstellung: 2010
Standort: Building 36-38, Wuwei Creative Industrial Park, 1436 Jungong Road, Yangpu District, Schanghai
Bildnachweis: Zhonghai Shen, Archi-Union Architects, Schanghai
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