Historische Tageslichtsysteme
Beispiele für den Umgang mit Tageslicht in alten Gebäuden
Der gezielte Umgang mit Tageslicht in Gebäuden, wie er heute meist aus gesundheitlichen oder energetischen Gründen erfolgt, ist nicht neu. Er geriet nur zwischenzeitlich ein wenig in Vergessenheit. Bereits bei historischen Bauwerken ist deutlich zu erkennen, wie der bewusst inszenierte Lichteinfall Räumen eine entsprechende Atmosphäre verleiht. Durch einfache, aber geschickt platzierte Lichtöffnungen, wie z. B. im Pantheon in Rom durch ein rundes Oberlicht im Zentrum der Kuppel, konnten beeindruckende Effekte durch die natürliche Belichtung erzielt werden. Auch umlaufende Lichtgaden am Fußpunkt einer Kuppel, die das Dach leicht erscheinen und nahezu schweben lassen, wurden vielfach als Gestaltungsmittel in repräsentativen Gebäuden eingesetzt.
Gallerie
Für viele Architekten war der bewusste Einsatz von Licht im Entwurf von elementarer Bedeutung. Le Corbusier beispielsweise nutzte das Tageslicht weniger zur vollständigen Ausleuchtung der Räume, vielmehr setzte er mit seiner Hilfe Akzente in der Gestaltung. In der Wallfahrtskirche „Notre Dame du Haut“, die er zwischen 1950 und 1954 in Ronchamps im französischen Burgund errichtet, spielt er mit verschieden großen, tief eingeschnittenen Lichtöffnungen und farbigen Gläsern und lässt dadurch die Wand zum Kunstwerk werden. Gezielte Lichtlenkung kommt bei Le Corbusier auch bei anderen Gebäuden zum Einsatz. In das Dach der Krypta unter der Kirche des Klosters La Tourette bei Lyon (1957-1960) ließ er farbige Lichtkamine einbauen, die das Tageslicht auf die Seitenaltäre in der Krypta lenken und sie dadurch auf besondere Weise hervorheben.
Auch im traditionellen Wohnungsbau fand ein bewusster Umgang mit
Tageslicht auf einfache, aber selbstverständliche Weise statt.
Lamellenfensterläden, die noch heute einen wirkungsvollen Sonnenschutz bieten und dennoch eine variable
Tageslichtmenge in die Räume hineinlassen, finden sich an zahllosen
alten Gebäuden im Mittelmeerraum und Südeuropa. Auch spielt die
Ausbildung von Fensterlaibungen für den Tageslichteinfall eine
entscheidende Rolle. Raffiniert sind angeschrägte
Fassadenöffnungen, wie sie an historischen Gebäuden in Spanien
wiederholt zu finden sind. Sie sorgen dafür, dass die Laibung das
Fenster nicht unnötig verschattet und der Lichteinfall deutlich
vergrößert wird. Auch Dachüberstände oder vor das Gebäude montierte
Rankgerüste dienten bereits vor langer Zeit als willkommene
Verschattung von Wohnräumen. Eine bewachsene Pergola lässt im
Sommer wenig und im Winter zunehmend mehr Licht hindurch und passt
sich auf diese Weise dem Jahresverlauf und den Wohnbedürfnissen auf
einfachste Weise an.