Berufsschulzentrum in Radolfzell
Sichtbeton mit OSB-Platten-Struktur
Im Frühjahr 2006 konnte die Gemeinde Radolfzell die Augen vor dem erheblichen Sanierungsbedarf ihres Berufsschulzentrums nicht mehr verschließen – und tat das auch nicht: Nach der Erstellung eines Gutachtens und Sanierungskonzepts fällte die Kreistagssitzung die Entscheidung, in mehreren Bauabschnitten und bei laufendem Schulbetrieb Neubauten für Klassenräume, Verwaltung, eine Sporthalle und Werkstätten zu erstellen. Fünf Büros wurden eingeladen, ihre Entwürfe vorzulegen; das Rottweiler Büro Broghammer Jana Wohlleber erhielt den Auftrag.
Gallerie
In dem schrittweisen Bauprozess griffen Neubau und Abriss ineinander. Nachdem ab Juni 2013 im ersten neuen Schulgebäude unterrichtet werden konnte, wurde der Schultrakt von Günter Behnisch (1960) abgerissen und an seiner Stelle ein weiteres Schul- und Verwaltungsgebäude sowie nordöstlich an den ersten Neubau angrenzend eine Sporthalle mit 1.500 Quadratmeter Nutzfläche errichtet. Beide Bauten sind seit 2015 in Betrieb. Der dritte Bauabschnitt begann Ende 2015 nach dem Abriss eines Schulbaus von 1978. Die neuen Werkstätten am Nordrand des Areals sollen 2017 bezogen werden.
Die Architekten planten die Gebäudegruppe rund um einen
geschützten Pausenhof. Die dreigeschossigen Schulbauten, die
Sporthalle und die Werkstätten passen sich der Hanglage des
Grundstücks an und treppen sich nach Südosten um zwei Geschosse ab.
Zwischen den Neubauten entstehen Lücken, die Höfe der Werkstätten
werden sich nach Norden öffnen – so entsteht eine Verzahnung mit
der Umgebung. Die eigentliche Adressbildung des neuen
Schulensembles entsteht über die nach außen gewandte, östliche
Pausenfläche. Die Fassaden sind durch graubraune Sichtbetonflächen
und großzügige Fensterbänder auf allen drei Geschossen
gekennzeichnet, die im Erdgeschoss bodentief ausgebildet wurden.
Diese einheitliche Fassadengestaltung bindet das lockere Ensemble
optisch zusammen. Das Thema Sichtbeton setzt sich auch im Inneren fort,
dort wurden die Sichtbetonflächen mit OSB-Grobspanplatten-Struktur
ausgeführt.
Gerüste und Schalungen
Wegen der hohen Anforderungen an die Qualität des Sichtbetons (SB 3
und SB 4) verwendeten die Schalungsingenieure eine Kombination zwei
verschiedener Rahmenschalungssysteme, eines für die Flächen ohne
definierte Oberflächenstruktur und eines für die strukturierten
Flächen. Sie konnten so neben der Qualität auch Flexibilität und
Effizienz in der Ausführung sichern. Die OSB- und FinPly-Platten
für die Verschalung wurden akkurat angepasst und von hinten durch
die Trägerplatte verschraubt; so entstehen saubere Betonoberflächen
ohne sichtbare Schraubenabdrücke. Das durchgehende Fugen- und
Ankerraster wurde zuvor detailliert mit den Architekten abgestimmt.
Die Schalungskombination hat zudem den Vorteil, dass sich alle
Elementverbindungen mit nur einem Bauteil, dem Richtschloss BFD,
herstellen lassen. Sie wurde auch beim Bau der Sporthalle
angewandt. Die Methode reduziert die Arbeitsschritte, spart
Arbeitszeit und erhöht die Sicherheit des Baustellenpersonals, denn
für die Ankertechnik werden keine Hüllrohre und kein zusätzlicher
Mann auf der Stellseite benötigt. Für alle Flechter-, Schalungs-
und Betonieraufgaben genügt ein Bewehrungsgerüst auf der Schließseite.
Bautafel
Architekten: Broghammer Jana Wohlleber, Rottweil
Projektbeteiligte: AV Kirchhoff, Münsingen u. Peri, Weißenhorn (Projektbetreuung); F. Kirchhoff Systembau, Münsingen (Bauunternehmen)
Bauherr: Landratsamt Konstanz
Fertigstellung: 1. Bauabschnitt 2013, 2. Bauabschnitt 2015, 3. Bauabschnitt voraussichtlich 2017
Standort: Alemannenstraße 15, 78315 Radolfzell
Bildnachweis: Peri, Weißenhorn; Gerald Jarausch, Radolfzell