Sportzentrum in Winterthur
Weiße Horizontalen
Weiß, schön, gewinnen. Das ist nicht ganz der klassische Dreiklang von Wahr, Schön und Gut, doch positiv ausstrahlen soll der Name WIN4 des neuen, weiß gehaltenen Sportzentrums in Winterthur allemal. EM2N Architekten aus Zürich haben in der benachbarten 100.000-Einwohner-Stadt eine Ballsportarena mit Campus-Gebäude und Trainingshalle errichtet. An den „weißen Sport der Schönen und Reichen“ haben die Architekturschaffenden bei der Fassadengestaltung wohl kaum gedacht. Vielmehr bietet sich eine Theorie zum Stadtnahmen an, die besagt, dass das erstmals um 300 n. Chr. als Römerkastell Vitudurum erwähnte Winterthur sich aus dem Keltischen für „helle, schöne Siedlung“ herleite. Zwar kann hier auch Tennis gespielt werden, aber die Ballsportarena ist vor allem Heimat des Handballvereins „Pfadi Winterthur“ und des Unihockeyvereins geworden.
Gallerie
Sport, Gesundheit, Ausbildung und Events
Das direkt
südlich einer bestehenden Eishalle und in unmittelbarer
Nachbarschaft mehrerer Sportplätze liegende neue Zentrum dient
sowohl dem Breiten- als auch dem Spitzensport. Die Ziffer 4 im
Projektnamen steht für vier Bereiche: neben dem Sport auch für
Gesundheit, Ausbildung und Events. Diese verteilen sich mit
unterschiedlichen Gewichtungen auf die drei gegeneinander verdreht
angeordneten Baukörper.
Nördlich liegt das fünfgeschossige Campus-Gebäude, das auf 6.100 m² neben verschiedenen Sportnutzungen auch Sportmedizin, Fitness und Wellness sowie eine Sportschule beherbergt. Über einen breiten, überdachten Gang ist es verbunden mit der 13.600 m² großen Ballsportarena. Das zentrale Spielfeld ist von einer erhöhten Tribünenanlage mit 2.000 Zuschauerplätzen umrandet. Mehrere Treppen an den Längsseiten führen ins erste Obergeschoss, wo man über eine umlaufende Erschließungsterrasse die Tribünen erreicht wie auch Verpflegungsmöglichkeiten, den VIP-Bereich und die sanitären Anlagen.
Nebenräume wie Garderoben, Duschen, Presseräume etc. befinden sich im Erdgeschoss, eine Tiefgarage mit 125 Stellplätzen im Untergeschoss. Südlich der Ballsportarena liegt die kleinere, multifunktionale Trainingshalle mit 2.200 Quadratmetern, die an der Nordseite den Eingang sowie WCs, Aufenthalts-, Kraft- und Technikraum sowie darüber eine rund fünf Meter tiefe Galerie hat. Geplant sind noch ein weiterer Sporttrakt nahe des Campus-Gebäudes sowie eine Sechsfachturnhalle, die den Sportcluster komplettieren soll.
Fassade: Ensemble mit weißen Trapezblechen
Die drei bislang realisierten Bauten des WIN4-Sportzentrums werden visuell durch weiße, stehend montierte Stahltrapezblechverkleidungen zusammengehalten, wobei sich die Fassaden entsprechend der Funktion, Lage und Größe der Gebäude deutlich unterscheiden. Bei den Trapezblechen handelt es sich um Dachtragprofile aus Aluminium und Stahl in verschiedenen Ausführungen.
Der fünfgeschossige Riegel des Campus-Gebäudes weist eine horizontale Gliederung auf. Umlaufende, dunkle Fensterbänder wechseln mit weißen Trapezblechbrüstungen ab. Die Trapezblechbrüstungen kaschieren für das jeweils darunterliegende Geschoss außenliegende Jalousien und sind an der Ostseite über alle Geschosse fast drei Meter vorgezogen, obwohl nur im zweiten Obergeschoss ein Balkon existiert. Unter den 160 mm tiefen, hinterlüfteten Trapezblechen sind 280 mm Wärmedämmung auf vorfabrizierte Brüstungselemente aufgebracht.
Perforationen und Schlitze
Bei der Fassade der fast 14 m hohen Ballsportarena bilden die weißen Trapezbleche weitgehend geschlossene Flächen über einem gut 2 m hohen Betonsockel. Hier sind die knapp 120 mm breiten und 160 mm hohen Trapezblechstege seitlich perforiert und in ausgewählten Bereichen zusätzlich im Obergurt geschlitzt. Aufgelockert werden die Fassadenflächen durch einzelne liegende Verglasungen im oberen Erdgeschossbereich und auf der Tribünenebene. Drei schmale rote Horizontalfugen queren die senkrechten Linienfolgen der Trapezbleche, die hier den Blick freigeben auf die dahinterliegende Polyester-Vlies-Fassadenbahn. Diese Fugen nehmen die Höhe der Galeriebrüstungen des Campus-Gebäudes auf, die mit dem gedeckten Verbindungsgang bis an die Ballsportarena geführt wird, und markieren außerdem die Lage der Tribünenebene.
Kaschiertes Satteldach
Im Gegensatz zu den beiden anderen Gebäuden hat die mit einem flachen Satteldach versehene Trainingshalle lediglich an ihrem zur Ballsportarena gewandten Nordgiebel eine Trapezblechverkleidung. Diese gelagerte, acht Meter hohe Rechteckfläche ruht wiederum auf einem gut zwei Meter hohen Betonsockel, hinter dem sich die Galerie der Halle verbirgt. Bis zum Firstpunkt hochgezogen, wirkt sie wie ein vor die Halle gestellter semitransparenter Schirm: Die Trapezbleche sind hier durchgängig perforiert und lassen das Satteldachprofil der Trainingshalle durchscheinen. Ein großes zentrales Rechteckfenster tritt hinter diesem Filter aber nur bei abendlicher Beleuchtung des Halleninneren in Erscheinung. Die eigentlichen Fassaden der von den Architekten ironisch als „decorated shed“ bezeichneten Trainingshalle bestehen aus 140 Millimeter starken Sandwichpaneelen vor einer 30 Zentimeter tiefen Stahlkonstruktion.
In Kombination mit den weißen Fassadenprofilen des Ensembles
sind die Deckenuntersichten der Ballsportarena und des
Verbindungsgangs zum Campus-Gebäude in Form von roten Trapezblechen
ausgebildet. Auch die Innenseiten der Brüstungsbleche an
Campus-Gebäude und Ballsportarena sind rot gefasst.
Bautafel
Architektur: EM2N Architekten, Zürich/Berlin
Projektteam: Melih Dilsiz, Dorothee Burkert, Martin Zisterer, Roger Küng (Projektleitung), Jan Francisco Anduaga, Jennifer Bottlang, Patrick Britt, Dario Bruhin, Béatrice Bruneaux, Santiago Catanzano, Yann Junod, Marina Esguerra, Ian Omumbwa, Laura Probst, Jonas Rindlisbacher, Sandra Šimić, Tomoko Suzuki, Kenneth Woods
Projektbeteiligte: BW Generalbau, Winterthur (Bauleitung/Umsetzung); Dr. Deuring + Oehninger, Winterthur (Tragwerksplanung); 3-Plan Haustechnik, Winterthur (HLKS-Planung); Marquart Elektroplanung + Beratung, Buchs (Elektroplanung); Zehnder & Kälin, Winterthur (Bauphysik / Akustik); 3-Plan Haustechnik, Winterthur (Brandschutz); Dr. Heinrich Jäckli, Zürich (Geologie/Geotechnik); ewp, Effretikon (Verkehrsplanung); Balliana Schubert Landschaftsarchitekten, Zürich (Freiraum); Pikka, Zürich (Signaletik)
Bauherr/in: WIN4, Winterthur
Fertigstellung: 2018
Standort: Grüzefeldstraße 32–36, 8400 Winterthur, Schweiz
Bildnachweis: Roger Frei, Zürich; Damian Poffet; Bern; EM2N Architekten, Zürich/Berlin
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