Hauptstromversorgungssystem
Anforderungen an das Verteilsystem im Gebäude
Unter einem Hauptstromversorgungssystem versteht man die
Zusammenfassung aller Hauptleitungen und Sicherungseinrichtungen in
einem Gebäude, die hinter der Übergabestelle des Verteilungsnetzbetreibers (VNB), d. h. hinter dem
Hausanschlusskasten und vor dem Zähler angeordnet sind und somit
nicht gemessene Energie führen.
Gallerie
Ein Hauptstromversorgungssystem besteht aus der Hauptleitung, die den Hausanschlusskasten mit der
Zähleranlage des Gebäudes verbindet. Die Hauptleitung wird oft auch
als Steigleitung bezeichnet, wenn sie als Zuleitung für mehrere
verteilte Zählergruppen auf verschiedenen Stockwerken dient.
Mehrere Hauptleitungen in einem Gebäude werden oft über einen
Hauptverteiler, der die zugehörigen Sicherungen enthält,
zusammengefasst. Den prinzipiellen Aufbau eines
Hauptstromversorgungssystems mit Hauptverteiler zeigt die Abbildung
in der Bildergalerie.
Hauptstromversorgungssysteme müssen nach VDE-AR-N 4100
Technische Anschlussregeln Niederspannung, Abschn. 8
aus Gründen der Versorgungssicherheit als Strahlennetze mit zentral
oder dezentral angeordneten Zählern aufgebaut werden. Für den
Notbetrieb können zusätzliche Kopplungsmöglichkeiten vorgesehen
werden.
Abhängig von den Technischen Anschlussbedingungen (TAB) der
einzelnen Netzbetreiber können Hauptstromversorgungssysteme aber
regional unterschiedlich aufgebaut sein. Nicht selten gibt es z. B.
vom Netzbetreiber zur Verfügung gestellte mehrteilige
Hausanschlusskästen, die gleichzeitig den Hauptverteiler bilden,
von dem die Hauptleitungsabzweige zu den Zählerplätzen führen.
Welcher Aufbau, welche Art, Anzahl und Querschnitte der
Hauptleitungen vom Planer zu wählen sind, hängt insbesondere von
dem zu erwartenden Energiebedarf des Gebäudes sowie von der Anzahl
der anzuschließenden Kundenanlagen ab und ist mit dem Netzbetreiber
abzustimmen (siehe auch Abschnitt Dimensionierung).
Bedingungen für den Aufbau des Hauptstromversorgungssystems
Für die Anordnung und die Ausführung von
Hauptstromversorgungssystemen sind nach DIN 18015-1 Elektrische
Anlagen in Wohngebäuden – Teil 1: Planungsgrundlagen und unter
Berücksichtigung der TAB der Netzbetreiber folgende Bedingungen zu
beachten:
- Hauptleitungen müssen grundsätzlich als Drehstromleitungen
ausgeführt werden.
Für TN-Systeme gilt: wahlweise 4- oder 5-adrige Leitungen, je nachdem, ob ein PEN-Leiter oder Schutzleiter (PE) und Neutralleiter (N) getrennt verwendet werden.
In TT-Systemen ist es untersagt, den Schutzleiter im System der Drehstromleitung mitzuführen. Hier dürfen nur 4-adrige Hauptleitungen ohne grün-gelbe Ader verwendet werden. Der Schutzleiter muss getrennt verlegt werden.
- Bei Verlegung in leicht zugänglichen Räumen, z. B.
Treppenräumen oder Kellerfluren sind je nach Bundesland mögliche
Einschränkungen durch bauordnungsrechtliche Anforderungen zu
beachten.
- Nach DIN 18015-1 sind Hauptleitungen oberhalb der
Kellerdecke in Schächten, Rohren, Kanälen oder unter Putz zu
verlegen.
- Anordnung in gemeinsamen Kanälen oder Schächten mit anderen
Rohrleitungen, z. B. Wasser oder Heizung, ist nicht zulässig.
Ausnahme: Wenn durch Abschottung sichergestellt ist, dass bei
Fehlern an den Rohrleitungen die Hauptstromversorgung nicht
beeinträchtigt wird.
- Wie die Hauptleitungen müssen auch die Hauptleitungsabzweige
bis zu den Messeinrichtungen (Zähler) als Drehstromleitungen mit
gleichem Leitungstyp, Querschnitt und Aderanzahl ausgeführt
werden.
- Hauptleitungs-Abzweigklemmen sollen den Vorgaben aus DIN VDE
0603 – Zählerplätze entsprechen. Hauptleitungs-Abzweigkästen
müssen nach DIN VDE 0606-1 – Verbindungsmaterial bis 690 V:
Installationsdosen zur Aufnahme von Geräten
und/oder Verbindungsklemmen ausgeführt werden.
- Hauptstromversorgungssysteme müssen nach der Anwendungsregel
VDE-AR-N 4100, Abschn. 6.2.4 im Bereich vom
Hausanschlusskasten bis zur letzten Sicherung vor dem Zähler eine
Kurzschlussfestigkeit von 25 kA aufweisen.
Dimensionierung
Für die Dimensionierung der Leiterquerschnitte von
Hauptstromversorgungssystemen sind folgende Faktoren zu
berücksichtigen:
- Leistungsbedarf und Anschlusswert unter Berücksichtigung des
Gleichzeitigkeitsfaktors:
Nach VDE-AR-N 4100, Abschn. 6.2.1 müssen zum Ermitteln des Leistungsbedarfs die Anforderungen nach DIN 18015-1 eingehalten werden. Der Leiterquerschnitt muss für eine Belastung von mindestens 63 A ausgelegt sein. - Erwärmung und Überlastschutz: Mindestbelastbarkeit der
Hauptleitungen
- Spannungsfall: Gemäß
Niederspannungsanschlussverordnung (NAV) darf der Spannungsfall im
ungezählten Bereich zwischen Hausanschluss und Zähler nicht mehr als 0,5 %
betragen.
- Selektivität
- Kurzschlussfestigkeit
Für Großbauten, z. B. Hochhäuser, können statt der
Hauptleitungen auch Stromschienensysteme verwendet werden, die ggf.
wirtschaftlicher sind.
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