Unternehmenscampus in Biebergemünd
Geothermie mit Wärmepumpe, Brennwertkessel, Lüftung mit WRG, Photovoltaik
Sehr viele Bauarbeiter scheinen die Berufsbekleidung zu mögen, die das Familienunternehmen Engelbert Strauss herstellt und verkauft. Seit Jahren wächst die Firma kontinuierlich, was in der Folge mehrere bauliche Erweiterungen an ihrem Stammsitz im hessischen Biebergemünd nach sich zog. Jetzt ist auf einer Fläche von 50.000 Quadratmetern der sogenannte Unternehmenscampus hinzugekommen. Er entstand nach Plänen von ATP Architekten aus Frankfurt und gliedert sich in zwei Einheiten: die neue Hauptverwaltung und den Workwearstore, einen Laden, wo die Kunden ihre Arbeitskleidung direkt einkaufen können.
Der Neubaukomplex liegt umgeben von Wald, Wiesen und Feldern unmittelbar an der A 66 zwischen Frankfurt und Fulda. Er besteht aus funktional unterschiedlichen, in der Erscheinung aber einheitlichen Baukörpern, die sich dem topografischen Verlauf der Landschaft anpassen. Ihre Fassaden sind mit rotem Klinker und grünbraunen Aluminiumpaneelen verkleidet. Dazwischen sind großflächige Verglasungen angeordnet, die mal als Fensterbänder, mal als vertikale Glasfelder ausgebildet sind.
Die Hauptverwaltung ist ein flügelartiger Bau mit einer großzügigen Eingangshalle im Zentrum. Sie ist das Herzstück des Gebäudes und dient als Treffpunkt, Ausstellungsfläche und Verteiler für die vier Büroriegel, die um sie herum angeordnet sind. In den 15 Meter tiefen, teils drei-, teils viergeschossigen Gebäuderiegeln befinden sich flexibel nutzbare Büros für die rund 300 Mitarbeiter sowie eine zweigeschossige Werkhalle, die als Kreativwerkstatt konzipiert ist und über zusätzliche Büro- und Besprechungsräume verfügt. Von der Eingangshalle werden auch die Kantine, die Tiefgarage und die Sondernutzungsbereiche erschlossen. Dazu gehören eine hauseigene Akademie für Lehrveranstaltungen, ein Fitnessbereich und Räume für die Kinderbetreuung. Das von mächtigen Betonstützen getragene Haupttragwerk der Halle überspannt alle vier Geschosse und prägt den Innenraum entscheidend. Eine Freitreppe verbindet die unterschiedlichen Zugangsniveaus, außerdem dienen Stege und Glasaufzüge zur Erschließung; ein großes Oberlicht sorgt für viel natürliches Licht. Das oberste Geschoss setzt sich optisch von den übrigen Etagen ab. Es dient einer etwaigen Erweiterung der Verwaltung, nimmt aber schon jetzt Aufenthaltsräume und Flächen für Empfänge und Feiern auf.
Während das Verwaltungsgebäude zur offenen Landschaft ausgerichtet ist, orientiert sich der Workwearstore zur nördlichen Bundesstraße hin. Von hier wird er erschlossen und hier befindet sich auch die große Verkaufshalle. Sie ist durch die freiliegenden Haustechnikelemente sowie das ebenso sichtbare Dachtragwerk geprägt, dessen Betonbinder frei über 31 Meter spannen. Über einem Teil der Verkaufshalle liegt ein Technikgeschoss, rückseitig sind auf zwei Geschossen Lagerflächen und Sozialräume, darüber Büros, Schulungs- und Ausstellungsräume angeordnet.
Energiekonzept
Der Energiebedarf der Neubauten wird überwiegend aus regenerativen
Quellen gedeckt. Primär sorgt eine Wärmepumpenanlage für die
Heizung. Sie nutzt als Energiequelle und Energiesenke ein Feld aus
110 Erdsonden, die bis zu 99 Meter in die Tiefe reichen. Zur
Spitzenlastdeckung und als redundante Wärmeversorgung wurde
zusätzlich eine Gas-Brennwertkesselanlage installiert. Die
Gesamtheizlast des Gebäudekomplexes inklusive der
raumlufttechnischen Anlagen beträgt rund 900 kW. Die Heizzentrale
befindet sich über der Verkaufshalle: von hier werden die
Niedertemperatur-Heizflächen (Heizkörper, Flächenheizung, Konvektoren) versorgt.
Sämtliche Nutzungsbereiche werden über eine mechanische raumlufttechnische Anlage be- und entlüftet. Alle RTL-Anlagen sind mit Wärmerückgewinnungssystemen ausgerüstet, die eine Wärmerückzahl von mehr als 80% erzielen. Zur Verringerung der Kälteleistungen wurden RLT-Anlagen mit einer adiabaten Abluftkühlung gewählt. Die Halle verfügt über eine maschinelle Rauchableitung mit zehnfachem Luftwechsel. Nachströmöffnungen sind im unteren Bereich in der Fassade angeordnet. Die Heizregister der raumlufttechnischen Anlage werden ebenfalls von der Wärmepumpe beliefert.
Um einen Großteil des benötigten Stroms für die Erzeugung von
Wärme und Kälte klimaneutral abzudecken, wurde eine 330 kWp
Photovoltaik-Anlage in der Ausdehnung von rund fünf Handballfeldern
auf dem Dach der Verkaufshalle installiert. Das anfallende
Regenwasser aus den Dachflächen wird in einer Regenwasserzisterne
gesammelt und für die WC-Spülung sowie die Außenanlagenbewässerung
verwendet.
Bautafel
Architekten: ATP Architekten Ingenieure, Frankfurt
Bauherr: Strauss Trading, Biebergemünd
Standort: Frankfurter Str. 104 - 108, 63599 Biebergemünd
Fertigstellung: 2015
Bildnachweis: Olaf Becker für ATP Architekten Ingenieure und Ulrich Reinecke für Köster Bau
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