Turnhalle der Grundschule auf dem Tempelhofer Feld in Berlin
Glasfasergewebe verhüllt abgehängte Akustikplatten
Westlich des stillgelegten Berliner Flughafens Tempelhof, befindet sich auf einem ehemals militärisch genutzten Gelände, das heute überwiegend mit Wohnhäusern bebaut ist, die Grundschule auf dem Tempelhofer Feld. Errichtet in den späten 1950er Jahren, besteht sie aus der windmühlenartig organisierten, dreiflügeligen Anlage des Haupthauses sowie einer Turnhalle am nördlichen Rand des Schulgeländes. Dazwischen befindet sich der Pausenhof. Nachdem Ludloff + Ludloff Architekten 2009 das Hauptgebäude bereits um einen kleineren, vierten Flügel als Schulmensa ergänzt hatten, erhielten sie den Auftrag, die sanierungsbedürftige Turnhalle zu erweitern und energetisch auf den aktuellen Stand zu bringen.
Trotz verschiedener Umbauten der Halle im Laufe der vergangenen Jahrzehnte fanden die Architekten eine Konstruktion vor, die in ihren Augen „mit vergleichsweise bescheidenen Mitteln eine überraschend sinnliche Leichtigkeit ausstrahlte". Im Zuge der Sanierung wollten sie diese ursprüngliche Leichtigkeit wieder hervorheben. Mit diesem Ziel ließen sie große Teile der Innenverkleidungen entfernen, machten die filigrane Tragstruktur des Gebäudes wieder sichtbar und schafften es, dass wieder viel Tageslicht ins Innere hinein gelangt.
Ein überdachter, geschwungener Gang führt von der Schule in nordwestliche Richtung zum Eingang der Sporthalle. Die eigentliche Halle ist an drei Seiten gerahmt von Nebenräumen und orientiert sich mit ihren filigran gefassten Verglasungen nach Nordwesten. Die Schüler gelangen nach dem Eingang direkt zu den beiden geräumigen Umkleiden, die frühere, kleinteilige Räumlichkeiten ersetzen. Zentral darin platziert sind seitlich offene, geflieste Raumkörper für Duschen und Waschbecken.
Um die freigelegte Betonrahmenkonstruktion der Halle nicht zu überlasten, fügten die Architekten eine ballwurfsichere Spanndecke aus Glasgewebe ein, gehalten von einer Metallrahmenkonstruktion. Sämtliche technische Einbauten befinden sich oberhalb des Gewebes, die Struktur der Konstruktion bleibt dabei ablesbar. Auch im Bereich der Anbauten wurden die Systemdeckenkonstruktionen teilweise ertüchtigt und als Lichtreflektor nutzbar gemacht.
Im Rahmen ihrer genauen Bestandsuntersuchung kamen die Architekten zu dem Schluss, dass eine vollständige Entsorgung der alten Dämmhülle mit anschließendem Ersatz durch ein neues Wärmedämmverbundsystem keinesfalls eine besonders nachhaltige Lösung wäre. Angesichts der gesamten Energie, die bei der Errichtung eines Gebäudes und der Herstellung sämtlicher Baumaterialien aufgewendet wird, relativiert sich die Summe anschließend einsparbarer Betriebskosten. Unter Berücksichtigung der bereits aufgewendeten, sogenannten grauen Energie des Gebäudes wägten die Planer den Erhalt und die Ertüchtigung von bestehenden Bauteilen in Bezug auf ihren energetischen Gesamtlebenszyklus ab. So blieb das vorhandene Wärmedämmverbundsystem in Teilen bestehen, wurde ausgebessert und stabilisiert; an den Decken ist dagegen ein erhöhter Dämmstandard vorgesehen. Insgesamt gestalteten sie das Gebäude so, dass sich aufgrund der Hüllfläche, der Konstruktion und Materialien ein gutes Innenklima einstellt. Bei neuen Bauteilen kamen nachwachsende Rohstoffe, und wenn dies nicht möglich war, sortenreine und recyclefähige Materialien zum Einsatz. Durch die Verwendung von Solarkollektoren zur Wasseraufbereitung, die Nutzung vorgewärmter Luft aus Nebennutzflächen zur Konditionierung der Hauptnutzflächen sowie die Möglichkeit der Nachtlüftung für die Halle konnte der Einsatz fossiler Brennstoffe auf ein Mindestmaß reduziert werden.
Der patchworkartig ausgebesserte Bestandsputz erhielt einen farbigen Anstrich. Eine Fassade aus Holzstäben umgibt die gewachsene Struktur der Turnhalle samt ihrer Zuwege und führt sie äußerlich zusammen.
Akustik
Die akustischen Maßnahmen sollten einfach und
kostengünstig sein, zugleich aber ebenfalls der Freilegung und
Nutzbarmachung vorhandener Qualitäten dienen. Die
gewichtsoptimierte Deckenkonstruktion mit Glasgewebe sorgt für
Blendfreiheit in der Halle und dient zugleich als ballsicherer
Paravent zum Schutz der haustechnischen Einbauten wie Leuchten,
Lautsprechern sowie Schallschutzelementen.
Für die uneingeschränkte Nutzung der Sporthalle ist eine gute
Sprachverständlichkeit notwendig. Eine gemittelte Nachhallzeit von 1,8 s für das Raumvolumen von
etwa 2.340 m² sollte normgemäß dafür nicht überschritten werden. Um
die Sprachverständlichkeit darüberhinaus abzusichern und den Pegel
insgesamt zu mindern, strebten die Akustikplaner einen Wert von
maximal 1,6 s an. Um diesen Wert zu erreichen, musste insgesamt
eine Absorptionsfläche entsprechend der Grundfläche des Raums
geschaffen werden. Bestehende Fliesen an den Wänden sollten
erhalten bleiben, deshalb wurde die gesamte Decke hochgradig
schallschluckend ausgebildet: Oberhalb des gespannten, akustisch
transparenten Glasfasergewebes ist eine Absorptionsebene in Form
von Akustikbaffeln (vertikal gehängte Platten aus
Melaminharzschaum) angebracht. Diese sind 60 cm hoch und in Reihen
mit einem Achsabstand von zwei Metern an der Decke montiert. Das
Gewebe darunter ist in einem Abstand von 25 cm gespannt und an der
Längswand sowie der Glasfassade bis zu einer Höhe von 2,20 m
heruntergezogen. Damit sorgt es für zusätzlichen Blendschutz an der
Fassade und schafft zugleich einen fließenden Übergang von der
Decke zur Wand. -us
Bautafel
Architekten: Ludloff + Ludloff Architekten, Berlin
Projektbeteiligte: GSE Ingenieur-Gesellschaft, Berlin (Tragwerksplanung); Riethmüller Plan, Berlin (Haustechnikplanung); Müller BBM, Berlin (Bauphysik); Akustik Ingenieurbüro Moll, Berlin (Akustik); Metogla, Coswig (Abhangdecke Textil)
Bauherr: Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von Berlin, Abt. Bauwesen
Fertigstellung: 2012
Standort: Schulenburgring 7, 12101 Berlin
Bildnachweis: Jan Bitter, Berlin