Smac – Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz

Fernwärme, Fernkälte, Lüftung mit Wärmerückgewinnung

Einst Konsumtempel, heute Kulturstätte: Das ehemalige Kaufhaus Schocken im sächsischen Chemnitz kann auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken. Entworfen von dem Architekten Erich Mendelsohn für die Kaufmannsbrüder Simon und Salman Schocken, öffnete das funktionalistische Warenhausgebäude am 15. Mai 1930 seine Pforten. Es besaß die erste Rolltreppe der Stadt, spektakulär waren aber vor allem seine stromlinienförmigen Fensterbänder, die nachts als Lichtbahnen weithin leuchteten. Lange konnten sich die jüdischen Besitzer daran aber nicht erfreuen, Simon Schocken war bereits vor der Eröffnung bei einem Unfall gestorben, sein Bruder Salmon wurde 1938 von den Nationalsozialisten enteignet, das Warenhaus in Merkur Verkaufsstätte umbenannt. Nach dem Krieg zog das Centrum-Warenhaus der DDR-Handelsorganisation HO ein, nach der Wende das Unternehmen Kaufhof. Seit 2001 stand das Gebäude leer. Am 16. Mai 2014 erlebte es seine Wiederauferstehung als smac – Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz.

Bei Dunkelheit erstrahlen die stromlinienförmigen Fensterbänder wieder als weithin sichtbare Lichtbänder
Der von den Architekten als Studienerker bezeichnete Gang zwischen der gebogenen Außenfassade und den Ausstellungsräumen
Eine neue zentrale Treppenrampe führt in die oberen drei Ausstellungsebenen

Von den insgesamt neun oberirdischen Geschossen belegt die Ausstellung die unteren vier. In den beiden Geschossen darüber sind Büros, Lager- und Restaurationsräume des Museums untergebracht. Es folgen drei Staffelgeschosse, von denen die unteren beiden an Gewerbekunden vermietet werden; im Dachgeschoss und im Untergeschoss befinden sich die Technikräume für den gesamten Gebäudekomplex. Die Ausstellungskonzeption stammt vom Stuttgarter Atelier Brückner, die Planung der Umbau- und Sanierungsmaßnahmen übernahmen die Architekturbüros Auer Weber aus Stuttgart und Knerer Lang aus Dresden als Arbeitsgemeinschaft. Nach ihrem Entwurf entstand die gebogene Natursteinfassade zur Straße als denkmalgerechter Wiederaufbau. Die Fensterprofile wurden aus Holz in den historischen Abmessungen und Proportionen nachgefertigt, ebenso die Schriftzüge „Schocken“ über den Windfängen der Eingänge.

Im Inneren sind die Umbauten deutlicher zu erkennen: Einbauten wurden entfernt und das Gebäude bis auf das Traggerüst entkernt. Einzig die beiden seitlichen, den Außenbau prägenden Treppenhäuser waren aus der Bauzeit erhalten geblieben und dienen heute als Fluchttreppenhäuser. Im leicht zurückspringenden und großflächig verglasten Erdgeschoss sind das Foyer mit Kassen und Garderobe sowie die Sanitärräume angeordnet. Eine neue zentrale Treppenrampe führt in die oberen drei Ausstellungsebenen mit einer Gesamtfläche von rund 3.000 Quadratmetern. Ein ebenfalls neu eingeschnittener Luftraum verbindet die Geschosse miteinander. Mittig darin befindet sich ein interaktives, dreidimensionales Landschaftsmodell. Besucher können hier auch den ersten Bewohner Sachsens kennenlernen – einen 1,60 Meter großen, gläsernen Neandertaler. Raumprägende Gestaltungselemente in den Ausstellungsgeschossen sind jeweils 40 Meter lange, geschwungene Wände, die parallel zur Fassade verlaufen. Im ersten und zweiten Obergeschoss zeigen sie großflächige Landschaftspanoramen, im dritten die „Alltagswand“ mit 1.200 Gegenständen in klimatisierten Acrylboxen. Insgesamt verfügt das Museum über 6.000 Exponate aus 300.000 Jahren sächsischer Geschichte von der Altsteinzeit bis ins frühe Industriezeitalter.

Darüber hinaus können sich die Besucher in einer zweiten Dauerausstellung über Erich Mendelsohn, die Geschichte des Kaufhauses und seinen ehemaligen Besitzer Salmon Schocken informieren. Sie erstreckt sich vom ersten bis zum dritten Obergeschoss entlang der geschwungenen Fassade mit den typischen Bandfenstern. Die von den Architekten als Studienerker bezeichneten Gänge sind die architektonisch prägendsten Räume des Museums.

Energiekonzept
Das Gebäude erhält Fernwärme und -kälte von den Stadtwerken Chemnitz. Das Heizkraftwerk Nord produziert aus Erdgas in Kraft-Wärme-Kopplung Strom und Wärme. Der Primärenergiefaktor für die Fernwärme beträgt 0,625. Dieser Wert dient der Ermittlung des Primärenergiebedarfes und ist in der Energieeinsparverordnung festgelegt. Heizöl, Erdgas, Flüssiggas, Steinkohle und Braunkohle besitzen einen Primärenergiefaktor von 1,1, bei Holz beträgt er 0,2, bei Strom 2,7. Die Fernwärme wird für Heizung und Warmwasserbereitung genutzt. Die Hausstation besitzt eine Leistung von 1.550 kW.

Die Fernwärme verteilt sich im Museum über freie Heizflächen und die Lüftungsanlage. Heizkörper, die mit einer Temperaturspreizung von 70/55°C zwischen der Vorlauf- und Rücklauftemperatur versorgt werden, befinden sich u.a. im Erdgeschoss und den Büros im fünften Obergeschoss; die Studienerker werden über die warme Luft der Lüftungsanlage beheizt.

Mit Ausnahme der Büroräume belüften zentrale RLT-Anlagen das Museum. Die Lüftungsgeräte sind Zu- und Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung. Die Klimatisierung der Exponate in den Vitrinen erfolgt über Fernkälte. Geliefert wird sie von den Stadtwerken, die für die Kälteerzeugung die Prozessabwärme nutzen, die aus der Stromerzeugung in Absorptionskältemaschinen entsteht. Zusätzliche Kompressionskältemaschinen decken Spitzenlasten ab.

Bautafel

Architekten: Erich Mendelsohn (1930), ARGE Auer Weber, Stuttgart und Knerer und Lang Architekten, Dresden (Umbau und Sanierung); Atelier Brückner, Stuttgart (Generalplanung, Ausstellungsgestaltung, Szenografie)
Projektbeteiligte: Erfurth + Mathes, Chemnitz (Tragwerksplanung); C & E Consulting und Engineering, Chemnitz (Projektsteuerung); Müller BBM, Dresden (Bauphysik); Light Design Engineering Belzner Homes, Stuttgart (Lichtplanung); Obermeyer Albis-Bauplan, Chemnitz (Haustechnik); MSR-Elektronik, Limbach-Oberfrohna (Ausführung Gebäudeleittechnik)
Bauherr: PVG GmbH Chemnitz
Nutzer: Landesamt für Archäologie Sachsen
Fertigstellung: 2013, Eröffnung 2014
Standort: Stefan-Heym-Platz 1, 09111 Chemnitz
Bildnachweis: Roland Halbe, Michael Jungblut und Lásló Farkas für smac – Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz

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