Kindertagesstätte in Arosio/CH

Strenge Gebäudegeometrie aus hellem Sichtbeton

Zwischen dem Luganersee und 1.600 Meter hohen Bergen liegt die waldreiche Hügellandschaft des Malcantone im schweizerischen Tessin. Auf 860 m Höhe befindet sich das Dorf Arosio, wo der Schweizer Architekt Pietro Boschetti eine neue Kindertagesstätte baute. Bei deren Entwurf orientierte er sich an der traditionellen architektonischen Figur des „orto concluso” - dem Garten hinter Mauern: Mit zur Straße verschlossenen Fassaden, aber hellen, großzügigen und intimen Höfen im Inneren hat er eine typische Wohnform dieser Region aufgegriffen. Eine Betonmauer umfasst das ansteigende Gelände mit dem zweigeschossigen Baukörper der Scuola dell`Infanzia. Von außen scheint der in sich geschlossene Komplex aus einem Guss: pur, nüchtern und gradlinig. Nichts spiegelt sein lebendiges Innenleben nach außen. Bis zu 50 Kinder im Alter von drei bis fünf Jahren nutzen täglich von 9 bis 16 Uhr die großzügigen, lichtdurchfluteten Räumlichkeiten.

„Garten hinter Mauern”
Ansicht vom Tal mit raumhoher Verglasung vor dem Speisesaal im Erdgeschoss
Der Kintergarten von oben

Bei seinem Entwurf versuchte sich Architekt Boschetti an seine Kindheit zu erinnern, z.B. an die Intensität von Formen und Farben, die ein junger Mensch anders erlebt, als ein Erwachsener. Die architektonischen Elemente in Form von Mauern, Wänden und Treppen sollten auch als Spielkulisse genutzt werden können. Die Proportionen der Einbaumöbel, Nasszellen und Toilettenräume sind auf die Maße der Kleinen abgestimmt. Bunte, kräftige Farben wie die knallroten Garderobenfächer, der azurblaue Aufzugsschacht und die sonnengelbe Wand vor den Serviceräumen bestimmen neben dem hellen Parkett, den Akustikdecken aus Holz und dem grauen Sichtbeton die angenehmen, lichtdurchfluteten Innenräume. Innerhalb des von Mauern geschützten Außenbereichs erfahren die Kinder Geborgenheit und Sicherheit.

Der Zugang zum Kindergarten befindet sich im Erdgeschoss auf der Ostseite, die der Hangneigung entsprechend ein Geschoss unter der gegenüberliegenden Gartenebene liegt. An den Garderoben vorbei geht es in einen großen, zentralen Bereich, der die gesamte Ebene einnimmt und hauptsächlich als Speisesaal dient. Zur Gartenseite hin sind in einer schmalen Zone die Funktionsräume wie Toiletten und Nebenräume hinter einer gelben Wand untergebracht. Aufgrund der Hanglage befinden sich diese fast vollständig unter der Erde. Ein oben liegendes Fensterband versorgt die Räume mit Tageslicht. Die zum Tal hin gewandte Seite ist raumhoch verglast, rote und weiße Aluminiumpaneele strukturieren die Glasfront in unregelmäßigem Abstand.

Von den Garderobenbereichen führen zwei Metalltreppen ins obere Geschoss mit den zum Garten hin ausgerichteten Klassenräumen. Davor liegt eine Terrasse, die durch eine drei Meter tiefe Auskragung des Daches überdacht ist, so dass die Kinder dort auch bei schlechtem Wetter spielen und sich aufhalten können. Für den Betrachter fast unmerklich inszeniert der Architekt den Ausblick von der Terrasse zur Umgebung des Malcantone, indem er die auskragende Dachplatte nach oben leicht verjüngt und damit den Blick in die Ferne öffnet. Auf der gegenüberliegenden Seite bietet ein horizontaler Fensterschlitz auf Höhe der Kinderaugen den freien Blick übers Tal.

Beton
Die umlaufende Einfriedung der hellen Sichtbetonmauer verschmilzt mit dem ebenfalls aus hellem Sichtbeton errichteten, zweigeschossigen Baukörper zu einer Einheit in Material und Raum. Boden und Decke des Kellergeschosses bestehen aus 35 cm starkem Beton, die seitlichen Kellerwände sind 25 cm dick und zum Erdreich hin gedämmt. Im hanglagigen Erd- und im Obergeschoss sind die geschlossenen Außenwände ebenfalls 25 dick. Nach innen sind sie zunächst mit 8 cm Dämmung versehen und dann mit Gipskartonplatten verkleidet. Die 30 cm dicken Decken des rund 40 Meter langen Gebäudes liegen auf den Schmalseiten auf tragenden Betonwänden auf, auf den Längsseiten werden sie durch Betonstützen mit einem Durchmesser von 25 cm getragen.

Aufgrund des mediterranen Klimas in den niedrigen Höhenlagen des Tessins kommt das Gebäude mit geringen Dämmstärken und einem minimalen Dachaufbau aus. Durch die Verjüngung der Dachfläche im Bereich der Terrasse reduziert sich der Deckenquerschnitt zusätzlich von 30 cm auf die Hälfte. Die Dachplatte läuft von innen nach außen ohne thermische Trennung durch.

Der glatte Sichtbeton der Außenhaut ist mit einer Betonlasur gegen das Eindringen von Wasser, das Vermoosen und Veralgen geschützt. Da der Untergrund frei von Schmutz und Öl sein muss, wurde die gesamte Fläche vorher mit einem Hochdruckreiniger abgewaschen, dann zunächst mit einem Grundanstrich und abschließend mit einem Schlussanstrich versehen.

Bautafel

Architekt: Pietro Boschetti, Lugano/CH
Projektbeteiligte: CCR Studio d’ingegneria, Camillo Cremona Ing. Sts/otia, Manno/CH (Bauningenieur); Visani Rusconi Talleri, Lugano/CH, (Heizung, Lüftung, Sanitär); Elettroconsulenze Solcà, Mendrisio/CH (Elektroingenieur); Caparol, Ober-Ramstadt (Betonlasur)
Bauherr: Comune di Arosio
Standort: Arosio, Tessin, Schweiz
Fertigstellung: 2006
Bildnachweis: Filippo Simonetti, Brunate/I

Fachwissen zum Thema

Das Bauen mit großformatigen, tragenden Wänden, dem sogenannten Großtafelbau, ist seit den 1950er- und 1960er-Jahren verbreitet.

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Elementbau

Fassaden- und Wandelemente

Die DIN 18533 gilt für die Abdichtung von erdberührten Wand- und Bodenflächen, von Wandquerschnitten und Sockelbereichen sowie von erdüberschütteten unterirdischen Bauwerken in offener Bauweise.

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Bauphysik

Feuchteschutz: Bauwerksabdichtung

Glatte Betonoberflächen entstehen durch eine nicht saugende Schalhaut. Beispiel: Mercedes-Benz -Museum in Stuttgart von Ben van Berkel und Carolin Bos (UN Studio)

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Oberflächen

Glatte Oberflächen

Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart; Architekten: UN Studio

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Betonarten

Sichtbeton

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