Sanierung der Hyparschale in Magdeburg
Verstärkt mit Carbonbeton
Wer sich auf dem Wasserweg über die Elbe von Hamburg nach Dresden begibt, passiert irgendwann die Elbniederungen und wird einige Kilometer weiter unter der Hubbrücke in Magdeburg hindurchfahren. Dort, wo die Überquerung die riesige Flussinsel erreicht, auf der der Stadtteil Werder liegt, befindet sich die Hyparschale. Seit dem Jahr 2000, als die Großgaststätte Ahornblatt in Berlin abgerissen wurde, verfügt die Magdeburger Mehrzweckhalle über das größte noch erhaltene Schalendach des Bauingenieurs Ulrich Müther. Zwischenzeitlich stand sie über mehr als ein Jahrzehnt leer. Nun arbeitet das Architekturbüro Gerkan, Marg und Partner (gmp) daran, den denkmalgeschützten Bau wieder nutzbar zu machen.
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Die riesige Elbinsel blieb als Teil der Befestigungsanlagen der Magdeburger Zitadelle bis weit ins 19. Jahrhundert unbebaut. Noch heute nimmt der Rotehornpark den Großteil von Werder ein. Im Norden des über 200 Hektar großen Parks wurde 1969 die Hyparschale nahe dem westlichen Inselufer errichtet. Der Name leitet sich von den hyperbolen Paraboloiden ab, also jenen quadratischen, zweifach gekrümmten Flächen der Dachkonstruktion. Vier dieser als Betonschalen ausgeführten Flächen wurden für das Hallentragwerk zusammengesetzt und überspannen zusammen eine Fläche von 48 x 48 m.
Lichtfugen zwischen den Quadranten schneiden sich zur Gebäudemitte hin weitend kreuzförmig. Jeweils mittig über den Außenwänden treffen die Ecken der Teilflächen aufeinander. An diesen Punkten liegen sie auf einer mächtigen Stahlbetonstütze von 100 x 50 cm, die in zwei kräftige, nach außen abstützende Diagonalpfeiler von je 60 x 90 cm übergehen. Alle Fundamente der insgesamt acht Diagonalpfeiler sind über unterirdische Zugbänder aus Spannbeton verbunden – so ist die Konstruktion selbsttragend.
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Entsprechend filigran konnte das Stahlprofilraster der Fassade gestaltet werden. Umgeben von einer 12 bis 15 m hohen Glasfassade fand hier beispielsweise die Messe der Meister von Morgen statt, das DDR-Pendant des Wettbewerbs Jugend forscht. Sie war mit dem Magdeburger Weihnachtsbasar und wechselnden Kultur- und Tanzveranstaltungen außerdem ein beliebter Ausflugsort.
Nach dem Mauerfall 1989 wurde das Gebäude immer weniger genutzt und stand ab 1997 schließlich leer, wurde jedoch ein Jahr später unter Denkmalschutz gestellt. 2017 sprach sich eine überparteiliche Mehrheit im Stadtrat für eine Instandsetzung aus, mit der das Architekturbüro gmp beauftragt wurde. Künftig sollen in der Hyperschale wieder Veranstaltungen und Ausstellungen stattfinden. Geplant ist, die Glasbausteine der Oberlichtbänder und auch die Industrieverglasung der Fassade auszutauschen, sodass mehr Tageslicht in die Halle gelangt. Vier neue, abtrennbare Raumeinheiten werden in den Hallenecken positioniert, darüber ist eine mit Brücken verbundene Galerienebene vorgesehen.
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Sanierung mit Carbonbeton
Bevor der Innenausbau beginnt, muss jedoch die Betonsanierung abgeschlossen werden: Das bestehende, durch Korrosion gefährdete Schalendach erhielt zwei jeweils nur zehn Millimeter dicke Schichten aus Carbonfaser-Gelegen und Feinbeton, die auf der Außen- und Innenseite aufgebracht wurden. Sie verstärken die Konstruktion nicht nur, sondern haben ihre Tragfähigkeit sogar erhöht. Den Bauarbeitenden kam dabei zugute, dass das Dach aus vier separaten Schalen besteht: Während die ein Teil des Teams also beim einen Quadranten mit dem Betonieren begann, konnten parallel ein anderer Teil bereits die nächsten Flächen vorbereiten.
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Bevor mit dem Innenausbau begonnen werden kann, muss jedoch die Betonsanierung abgeschlossen sein: Das bestehende, durch Korrosion gefährdete Schalendach erhielt zwei jeweils nur 10 mm dicke Schichten aus Carbonfaser-Gelegen und Feinbeton, die auf der Außen- und Innenseite aufgebracht wurden. Sie verstärken die Konstruktion nicht nur, sondern erhöhen auch ihre Tragfähigkeit. Dem Ablauf auf der Baustelle kam zugute, dass das Dach aus vier separaten Schalen besteht: Während ein Teil des Bauteams bei einem Quadranten mit dem Betonieren begann, konnte parallel ein anderer Teil bereits die nächsten Flächen vorbereiten.
Das Verfahren wurde speziell für die Hyparschale zugelassen. Es soll die stützenfreie, selbsttragende Konstruktion erhalten und könnte in Zukunft bei weiteren Müther-Bauten angewandt werden. -ml
Bautafel
Architektur: Ulrich Müther (Bestand); gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner, Hamburg (Instandsetzung und Umbau)
Projektbeteiligte: Prof. Rühle, Jentzsch & Partner, Dresden (Tragwerk/Brandschutz); CarboCon, Dresden (Carbonbeton-Technologie); Implenia Holding, Raunheim (Generalunternehmer); Building Partners Group (Baulogistik, Gerüste); Layher, Güglingen-Eibensbach (Hersteller Gerüste); Pagel, Essen (Hersteller Carbonbeton)
Bauherr*in: Landeshauptstadt Magdeburg, Eigenbetrieb Kommunales Gebäudemanagement
Standort: Heinrich-Heine-Weg, 39114 Magdeburg
Fertigstellung: 2024 (geplant)
Bildnachweis: Marco Dziallas, Marcus Bredt (Fotos); gmp Architekten (Pläne)
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