Gästehaus Stajnhaus in Mikulov
Unterschiedliche Fliesen in Renaissance-Gemäuern
Das Städtchen Mikulov in Tschechien, nur sieben Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt, war einst ein bedeutendes Zentrum der jüdischen Gemeinde in Südmähren. Die Herrschaft der Nationalsozialist*innen überlebten die meisten der Gemeindemitglieder jedoch nicht. Nachdem viele Häuser des ehemals jüdischen Ghettos nach 1945 zerstört worden waren, steht heute ein Teil der erhaltenen Bauwerke unter Denkmalschutz – darunter das etwa 450 Jahre alte Štajnhaus mit Barock-Renaissance-Kern. Das mit der Sanierung der Innenräume beauftrage Atelier Ora aus Znojmo beschreibt die Arbeiten an dem historischen Gebäude als einen Prozess, zu dessen Beginn niemand gewusst habe, wohin man am Ende gelange. Das Haus hatte in den vergangenen Jahrhunderten vielfach Veränderungen erfahren und Schäden erlitten, sodass sich die Frage stellte, zu welchem Zeitpunkt man zurückgehen möchte. Als Ergebnis der insgesamt dreijährigen Arbeiten entstand ein Gästehaus mit Privatwohnung für die Bauherr*innen, das seine Historie an jeder Ecke deutlich offenbart und doch zeitgemäß wirkt.
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Farbige Böden und wenige Möbel
Das Štajnhaus ist Teil einer Straßenrandbebauung am Fuße des Schlosshügels von Mikulov. Seine Front ist zweigeschossig, ein weiteres Untergeschoss erstreckt sich ebenso in die Tiefe und öffnet sich zum südlichen Hof. Der vordere Teil ist zusätzlich unterkellert – hier befindet sich der noch heute genutzte Weinkeller. Fünf Gästezimmer, benannt nach der Farbe ihrer Böden, verteilen sich über die Etagen: Das Gelbe, das Blaue und das Weiße Zimmer verfügen jeweils über ein eigenes Bad; im Grauen und Grünen Apartment befindet sich zusätzlich eine kleine Küche. Das gelbe Zimmer liegt im ältesten Teil des Hauses, dort konnten das Kreuzgewölbe und der ursprüngliche Kalkwandputz wiederhergestellt werden, ebenso wie im Bad des grauen Zimmers. Freigelegt wurden die steinernen Stufen der schmalen Treppen, die die Geschosse verbinden. Sämtliche Holzelemente wie Türen und die Deckenbalken in den anderen Räumen mussten ersetzt werden. Jedes Gästezimmer ist anders gestaltet: Neben den farbigen Holzböden sind es wenige Möbel mit klaren Linien. Die Wände sind weiß verputzt, sodass die Räume ihre volle Wirkung entfalten. Den Besucher*innen steht im Hof zudem ein historischer Anbau als Fahrradunterstand zur Verfügung.
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Irisierendes Fliesenbild und dunkle Handtuchwärmer für die Bäder
Individuell wie die Zimmer sind die Bäder und Küchen gestaltet. Fliesen sind hier ein wichtiges Stilmittel, um unterschiedliche Stimmungen zu erzeugen. Im kleinen Bad des Weißen Zimmers wurde quadratische, weiße Keramik mit dunkler Fuge verlegt. Schwarze Handtuchwärmer und Lichtschalter setzen einen starken Kontrast. Die Böden und Wände in den größeren Bädern der übrigen Gästezimmer sind mit kreisrunden weißen Mosaikfliesen bekleidet und dunkel verfugt. Dadurch entsteht ein irisierendes Bild. Horizontale Zierbänder aus schwarzen Mosaikfliesen zonieren die Wandflächen. Hier wurden bodengleiche Duschen mit Hand- und Kopfbrausen verbaut. Gestalterischer Höhepunkt ist wohl das Bad des Grauen Zimmers mit seiner frei stehenden Badewanne und dem historischen Gewölbe.
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Handgefertigte Zementfliesen für die Küchen
In den Küchen kamen quadratische Zementfliesen mit einer Kantenlänge von 17 cm und traditionellen marokkanischen Ornamenten zum Einsatz. Sie stammen aus einer ungarischen Manufaktur, wo sie von Hand gefertigt und lediglich an der Luft getrocknet, aber nicht gebrannt werden. Ihre Produktion ist also sehr klimafreundlich. Die Oberflächen sind jedoch leicht porös und matt, weshalb sie nach dem Verlegen in der Regel imprägniert und gewachst werden, um sie vor Verschmutzungen zu schützen. Aufgrund der manuellen Fertigung sind die Übergänge zwischen den Farben zudem weicher als bei gebrannten Keramikfliesen.
Bautafel
Architekten: Ora, Znojmo
Projektbeteiligte: Marrakesh, Törökbálint, Ungarn (Zementfliesen)
Bauherr*in: privat
Fertigstellung: 2017
Standort: Alfonse Muchy 13, 69201 Mikulov, Tschechien
Bildnachweis: Jakub Skokan, Martin Tůma / BoysPlayNice Photography & Concept
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