Miwa Shop in Paris
Möbel aus Zypressenholz, Schieferbruchstücke am Boden
Origata nennt sich eine artifizielle Art, Geschenke mit handgefertigtem Papier ohne Hilfsmittel wie Schere und Klebeband zu verpacken. Der japanische Begriff entstammt der Muromachi-Zeit vor rund 600 Jahren, als Anhänger des Shintoismus ihre Gaben an die Götter besonders ausgefeilt umhüllten. Die Faltkunst breitete sich in Japan auch unabhängig von religiösen Riten weiter aus und umfasste im 19. Jahrhundert schließlich an die 2.000 Stilrichtungen, die das Herz des Schenkenden offenbaren sollen. Im Zentrum von Paris schuf der Architekt Fumihiko Sano vom Studio Phenomenon aus Tokio einen Ort speziell für diese traditionelle Zeremonie: Der Miwa Shop im Quartier Saint-Germain-des-Prés steht ausschließlich Mitgliedern eines japanischen Kulturclubs offen.
Gallerie
Eine helle Holztür mit einem ebenfalls hölzernen Vordach bildet den Zugang zu dem schmalen Laden, der aus einem knapp fünf Quadratmeter großen Vorraum und einem rund neun Quadratmeter umfassenden Hauptraum besteht. Zur Straße bietet kein Schaufenster einen Hinweis, höchstens der weiße, locker drapierte Vorhang mit Quaste über dem Eingang. Der Empfangsraum ist dunkel – die Wände sind mit geschwärztem Holz bekleidet, der Boden mit gebrochen Schieferplatten belegt. Zwei Lichtkegel inszenieren ein Objekt auf dem Boden sowie die Rezeption, die aus einer 300 Jahre alten Zypresse gefertigt ist. Eine dunkle Schiebetür leitet über in den Raum, in dem die Verpackung zelebriert wird. Bis auf den Boden, der ebenfalls mit großen, unregelmäßigen Schieferplatten ausgestattet ist, erscheint dieser hell und warm, seine Bekleidung und Möblierung bestehen aus fein geschliffenem Zypressenholz. Glatte Holztafeln bedecken die Wände und rahmen fensterähnliche Nischen, die speziell beleuchtet werden. Auf einer Seite steht ein raumhoher Wandschrank, in der Mitte ein langer Tisch und umlaufend eine schlichte Bank. Eine sorgfältige Detaillierung mit bündigen Oberflächen und sauberen Kanten zeugen von der frühen Ausbildung des Architekten Sano als Zimmermann.
Das Holz der immergrünen Zypresse wird in Japan bevorzugt für
Tempel und Schreine verwendet; für Sano ist es mit Origata eng
verknüpft. Die Schieferplatten auf dem Boden stammen aus Ogata in
der Region Tohoku, die im März 2011 von einem gewaltigen Erdbeben
erschüttert wurde. Durch das Beben gingen die Platten zu Bruch –
mit ihrer Wiederverwendung an einem anderen Ort sollen sie zu neuem
Leben erweckt werden. Der Architekt verbindet mit dem Entwurf für
den Miwa Shop, in dem ein winziger Teil der zerstörten Region
praktische Verwendung findet, den inständigen Wunsch nach dem
erfolgreichen Wiederaufbau.
Fachwissen zum Thema
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