Verwendung von Bauprodukten/Abschottungen

Regelungen, Zulassungen und Kennzeichen

Bei der Bauausführung von Gebäuden in Holzbauweise stellen fehlende Verwendbarkeitsnachweise (technische Regeln oder Zulassungen) für Bauprodukte, wie beispielsweise Brandschutztüren, Verglasungen oder Abschottungen, erhebliche Hindernisse dar. Solche Einschränkungen bei der späteren Verwendung von Bauprodukten sollten von Aufstellern des Brandschutzkonzepts oder -nachweises mit entsprechender Fachkunde oder Erfahrung bereits in der Genehmigungsphase vermieden werden. Spätestens bei der Ausschreibung oder Beauftragung von Bauprodukten ist der Verwendungszweck des Bauprodukts mit seiner Zulassung abzugleichen.

Gallerie

Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR)

Die Abschottungen in raumabschließenden Bauteilen müssen grundsätzlich in der Qualität des zu querenden Bauteils ausgeführt werden. Erleichterungen gestattet die Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR) für

  • a) einzelne elektrische Leitungen (ohne Durchmesserbeschränkung)
  • b) einzelne Rohrleitungen mit einem Außendurchmesser (D) bis 160 mm aus nichtbrennbaren Baustoffen, ausgenommen Aluminium und Glas, auch mit Beschichtungen aus brennbaren Baustoffen bis zu 2 mm Dicke,
  • c) Rohrleitungen für nichtbrennbare Medien und Installationsrohre für elektrische Leitungen mit einem Außendurchmesser (D) bis 32 mm aus brennbaren Baustoffen, Aluminium oder Glas.

Diese Leitungsanlagen dürfen ohne Abschottung und in gemeinsamen Durchbrüchen durch Bauteile mit Anforderungen an den Feuerwiderstand geführt werden, wenn folgende Randbedingungen beachtet werden:

  • Die lichten Abstände der Leitungen nach a) und b) oder c) müssen sein: 1 x D bei a) oder b), 5 x D bei c).
  • Die lichten Abstände zwischen Leitungen nach a), b) und c) müssen sein: das größte Maß aus 1 x D oder 5 x D.
  • Feuerbeständige Wände oder Decken müssen eine Dicke von mindestens 80 mm, hochfeuerhemmende Wände oder Decken eine Dicke von 70 mm und feuerhemmende Wände oder Decken eine Dicke von mindesten 60 mm aufweisen.
  • Der Raum zwischen den Leitungen und den umgebenden Bauteilen muss mit nichtbrennbaren Baustoffen in Bauteildicke vollständig ausgefüllt werden.

Die Abstandsregeln der MLAR bedingen einen erheblichen Platzbedarf für Installationen. Es empfiehlt sich daher, mit Abschottungssystemen bestimmter Hersteller zu planen, die teilweise ohne Abstände auskommen. Dabei sollten jedoch die bauaufsichtlichen Verwendbarkeitsnachweise (abZ) genau geprüft werden, da nicht alle für die Durchführung von Installationen durch raumabschließende Holzbauteile zugelassen sind.

Abschottungssysteme

Werden Leitungsanlagen (Installationskanäle, Rohre, Leitungen oder Kabelbündel) durch Wände und Decken mit Anforderungen an den Feuerwiderstand geführt, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten, eine Brandausbreitung durch Öffnungen für Installationen in raumabschließenden Bauteilen zu verhindern:

  • Leitungsanlagen in offener Verlegung oder in Schächten werden durch Abschottungen geführt, die mindestens die gleiche Feuerwiderstandsfähigkeit aufweisen wie die raumabschließenden Bauteile (Schottungssystem). Beim Austritt der Leitungsanlagen aus dem Schacht in die Nutzungseinheit müssen keine Abschottungen mehr angeordnet werden.
  • Leitungsanlagen werden innerhalb von Installationsschächten oder -kanälen geführt, die – einschließlich der Abschlüsse von Öffnungen – mindestens die gleiche Feuerwiderstandsfähigkeit aufweisen wie die durchdrungenen raumabschließenden Bauteile und aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen (Schachtsystem). In der Bauteilebene findet keine Abschottung statt, jedoch müssen Kabel- und Rohrabschottungen beim Austritt der Leitungsanlagen aus dem Schacht in die Nutzungseinheit hergestellt werden.

Bei der Durchführung von Installationen durch Decken empfiehlt sich in der Regel eine Abschottung in Deckenebene, damit auf weitere Abschottungsmaßnahmen innerhalb der Nutzungseinheit verzichtet werden kann. Eine Schachtsystem kann ggf. bei gewerblichen Nutzungen langfristig wirtschaftlicher sein, insbesondere wenn eine hohe Installationsdichte vorliegt oder die Wahrscheinlichkeit regelmäßiger Nachinstallationen hoch ist.

Verwendbarkeitsnachweise

Ein besonderes Augenmerk sollte bei Holzbauten bereits im Brandschutznachweis (bautechnischer Nachweis Brandschutz, kurz: BSN) auf die Verwendung von Bauprodukten oder Bauarten (nachfolgend nur Bauprodukte genannt) geworfen werden. Gemäß Landesbauordnungen dürfen „Bauprodukte oder Bauarten für die Errichtung, Änderung und Instandhaltung baulicher Anlagen nur verwendet werden, wenn sie für den Verwendungszweck

  • von technischen Regeln nicht oder nicht wesentlich abweichen (geregelte Bauprodukte)
  • zulässig sind (Zulassung und Ü-Zeichen)
  • in den Verkehr gebracht und gehandelt werden dürfen (CE-Kennzeichnung).“

Ungeregelte Bauprodukte

Von wenigen Ausnahmen abgesehen, handelt es sich bei Bauprodukten, die in mehrgeschossigen Holzbauten für den Verschluss von Öffnungen verwendet werden (Türen, Abschottungen), um ungeregelte Bauprodukte. Zulassungen in Form von allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen (abZ), allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnissen (abP) oder European Technical Assessments (ETA) mit Leistungserklärung und CE-Kennzeichnung beinhalten i.d.R. jedoch Anforderungen an die umgebenden Baustoffe oder Bauteile (wie Wände oder Decken bei Abschottungen), die von Bauteilen aus Holz nicht erfüllt werden können (z.B. feuerbeständig).

Für solche „ungeregelten“ Bauprodukte (für die es keine Technische Baubestimmung und keine allgemein anerkannte Regel der Technik gibt oder die von Technischen Baubestimmungen wesentlich abweichen) werden die für die Anwendung erforderlichen Übereinstimmungsnachweise (abZ, abP) durch das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) normalerweise nur auf Basis der Musterbauordnung (MBO) erteilt. In der MBO sind allerdings nur feuerbeständige bzw. hochfeuerhemmende Bauteile aus nichtbrennbaren Baustoffen (bzw. nichtbrennbar gekapselt) enthalten.

Die Zulassungen von Feuer- und Rauchschutzabschlüssen (Brand- oder Rauchschutztüren) oder Abschottungen für brennbare oder nichtbrennbare Leitungsanlagen (Elektrokabel oder Installationsrohre), die durchaus für den Einsatz in Holzbauteilen geeignet wären, enthalten daher Anforderungen an die umgebenden Bauteile (beispielsweise Wand oder Decke), die von feuerbeständigen Bauteilen nach Lesart LBO BW (Landesbauordnung Baden-Württemberg) nicht erfüllt werden können (u.a. nichtbrennbar zu sein).

CE-Kennzeichnung

Manche Hersteller von Bauprodukten gehen ‒ soweit ihnen die Voraussetzungen nach der europäischen Bauproduktenverordnung vorliegen ‒ den Weg über europäische CE-Kennzeichnungen, die sie vorzugweise vom Österreichischen Institut für Bautechnik (ÖIB) ausstellen lassen. Basis einer CE-Kennzeichnung ist eine Europäische Technische Bewertung (European Technical Assessment – ETA), die entweder auf einer „harmonisierten Europäischen Norm“ (hEN) oder einem „Europäischen Bewertungsdokument" (European Assessment Document – EAD) beruht. Für Bauprodukte, die die CE-Kennzeichnung aufgrund der Bauproduktenverordnung tragen, sind weitere Nachweise nicht mehr erforderlich.

Nicht wesentliche Abweichung

Ein anderer Weg, zu einer Erklärung des Anwenders (= Herstellers) eines Bauprodukts zu gelangen, dass er die maßgebenden technischen Regeln und die Anforderung in einer abZ oder in einem abP eingehalten hat (Übereinstimmungserklärung), ist die sogenannte „nichtwesentliche Abweichung“. „Als Übereinstimmung gilt auch eine Abweichung, die nicht wesentlich ist“, heißt es z.B. im § 21 (1) der LBO BW. Der Hersteller hat also durchaus die Möglichkeit, bei entsprechender Sachkunde und Erfahrung, und in Rücksprache mit dem tatsächlichen Hersteller des Bauprodukts (baurechtlich oft „Systemgeber“ genannt), eine Übereinstimmungserklärung auszustellen, wenn nicht alle Vorgaben des Übereinstimmungsnachweises eingehalten sind und diese Abweichung „nicht wesentlich“, d.h. geringfügig ist.

Autor: Reinhard Eberl-Pacan

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