Sanierung von Fachwerkhäusern: Einführung
Eine historische Fachwerkkonstruktion ist immer ein Unikat. Die einzelnen Balken sind durch die Wuchseigenschaften des Baumes, von dem sie stammen, geprägt. Die Eigenschaften der Bauelemente variieren viel stärker als im zeitgenössischen Holzbau. Das betrifft beispielsweise die Länge der verwendeten Bauhölzer, ihre Festigkeit, Faserrichtung und Färbung. Und nicht nur die verschiedenen Bestandteile, auch ihre Zusammensetzung in einem Gebäude ist einzigartig – selbst wenn das Tragwerk prinzipiell anderen gleicht. Es ist erstaunlich, wie viele Jahrhunderte Fachwerkkonstruktionen oftmals überdauert haben. Zeigen sie Schäden oder sollen einer neuen Nutzung entsprechend saniert werden, ist eine sorgfältige Bestandserfassung unbedingt Voraussetzung. Nur durch ein intensives Annähern an das Gebäude und ein möglichst genaues Verständnis seiner konstruktiven Eigenheiten, aber auch seiner Nutzungsgeschichte lässt es sich langfristig erhalten.
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Die häufigste Ursache von Schäden an Fachwerkkonstruktionen ist Feuchtigkeit. Sie kann von innen oder von außen eindringen und lässt Holzbalken auf Dauer faulen. Bei bewohnten Fachwerkhäusern beispielsweise, die nicht sachgemäß saniert wurden, deren Außenwände stark gedämmt und abgedichtet sind, kann eine hohe Raumluftfeuchte im Winter nicht nach außen abwandern und abtrocknen. Es kommt zu Tauwasserausfall in kälteren Wandabschnitten und infolgedessen zu Feuchteschäden der Konstruktion.
Dringt Schlagregen von außen in Fugen und Ritzen ein und kann nicht abtrocknen, sind Schwellenbalken wiederholt Spritzwasser oder stehendem Wasser ausgesetzt, ist der konstruktive Holzschutz unzureichend oder wurde Zementputz eingesetzt, um Balken oder Ausfachungen zu reparieren, sind langfristig Schäden der Konstruktion zu erwarten. Nicht nur Zementputz, auch Lacke, Teer und Bitumen eignen sich nicht zur „Ausbesserung” bzw. als Fugenfüller oder Anstrich einer Fachwerkkonstruktion: Früher oder später bilden sich Risse (im Übergang zum Holz, aber auch innerhalb der versiegelnden Oberfläche aufgrund von Temperaturschwankungen bzw. Materialbewegungen dahinter), durch die Feuchtigkeit eindringen, aber nicht ausreichend entweichen kann.
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Ebenfalls schadensanfällig sind Dachfußpunkte, die regelmäßig kontrolliert werden sollten. Weitere Schadensursachen sind Schädlingsbefall, Stürme oder eine Absenkung des Territoriums.
Geschädigte Balken bzw. Balkenteile lassen sich austauschen. Da es sich bei alten Fachwerkkonstruktionen um zimmermannsmäßige Verbindungen handelt, also Holz-in-Holz-Verbindungen, ist dies für den Ersatz ebenfalls zu empfehlen. Ob Ständerwerk der Außen- und Innenwände, Balkenwerk der Decken, ob Giebeldreieck oder Dachstuhl: Für die zahlreichen Anschlusspunkte gibt es in der Regel mehrere Ausführungsarten, die auf einer Jahrhunderte währenden Erfahrung basieren. Meist wurde Eichenholz oder Nadelholz verwendet; möglich ist auch, für neue Bauteile bzw. Balkenabschnitte Altholz einzusetzen. Weiterhin spielt eine Rolle, welcher Teil des Holzes an welcher Stelle zum Einsatz kommt: So ist Splintholz für die Außenseite grundsätzlich ungeeignet, und für Streben ist ein gebogener Wuchs günstig.
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Historische Ausfachungen bestehen aus Lehm und Stroh, Ziegel,
Naturstein oder Staken mit Lehmbewurf. Lehm mit unterschiedlichen
Zusätzen eignet sich besonders gut für die Kombination mit Holz, da
es ein flexibles, diffusionsfähiges natürliches Material ist,
dessen Eigenschaften die von Holz vorteilhaft ergänzen. Das Angebot
an Lehmbauprodukten ist in den letzten Jahren gewachsen. Folgende
Normen behandeln Baustoffe aus Lehm:
- DIN 19845: Lehmsteine – Anforderung, Prüfung und
Kennzeichnung
- DIN 18946: Lehmmauermörtel: Anforderung, Prüfung und
Kennzeichnung
- DIN 18947: Lehmputzmörtel: Anforderung, Prüfung und Kennzeichnung
- DIN 18948: Lehmplatten: Anforderung, Prüfung und
Kennzeichnung
Als Wetterschutz für Lehmausfachungen eignet sich beispielsweise
Weißkalkputz. Der Außenputz sollte bündig mit den Balken ausgeführt
sein, damit sich keine Feuchtigkeit auf Vorsprüngen ansammeln und
in die Konstruktion eindringen kann.
Das Tragwerk bestimmt die Anordnung der Tür- und Fensteröffnungen. Bei der Ausführung der Türen und Fenster ist eine Orientierung am Bestand und eine genaue Untersuchung der Bauweise wesentlich. Hier können auch sogenannte Opferkonstruktionen sinnvoll sein, die sich im Schadensfall auswechseln lassen.
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Die Anliegen des Denkmalschutzes sind beim Erhalt bzw. der Sanierung eines Fachwerkgebäudes als Ansporn zu begreifen und nicht als Einschränkung. Praxisorientierte Informationen über Vorgehensweisen bei der Instandsetzung und Sanierung bieten die Merkblätter der Wissenschaftlich-Technischen Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege WTA.
Die Nutzung sollte unbedingt dem Bauwerk und seinen
Besonderheiten entsprechen. Ansprüche an den Komfort sind nicht mit
einem Neubau gleichzusetzen – auch eine über die Jahreszeiten
unterschiedliche Nutzung ist zu erwägen. Ein nachhaltig
instandgesetztes Fachwerkhaus kann für sein Umfeld und die
Menschen, die dort leben, arbeiten und ihre Freizeit verbringen,
von hohem Wert sein.
Fachwissen zum Thema
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